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Ernteaktion am Strausberger Genfeld

Aktion “Gen­dreck weg”

www.gendreck-weg.de

PRESSEMITTEILUNG vom 6. Juli 2005

Gen­dreck weg — Frei­willige Feldbefreiung

Aktion des zivilen Ungehorsams

Der Vor­gang hat gespen­stis­ches Niveau. In aller Öffentlichkeit und doch fast unbe­merkt von ihr hat auf deutschen Feldern der kom­merzielle Anbau gen­tech­nisch verän­dert­er Pflanzen begonnen. Mit ein­er wei­thin vernehm­baren “Demon­stra­tion zivilen Unge­hor­sams” will die “Aktion Gen­dreck weg” das Bürg­er­be­wusst­sein deshalb nach­haltig aufrüt­teln und zu neuer Entschlossen­heit bewegen.

Mit­tel zum Zweck ist eine “Frei­willige Feld­be­freiung” am 30. und 31. Juli. Rechtzeit­ig vor der Ern­tereife soll so genan­nter Gen­mais gezielt zer­stört wer­den. Beson­ders pikant: Die Fläche liegt im Natur­park Märkische Schweiz, vor den Toren der Haupt­stadt Berlin.

In sechs Bun­deslän­dern haben Bauern im Mai jenes umstrit­tene Saatgut ins Erdre­ich gebracht, das auf­grund genetis­ch­er Manip­u­la­tion insek­ten­re­sistente Maispflanzen ver­spricht. Nahezu zeit­gle­ich schien auch der bürg­er­weite Wider­stand gegen GVO (gen­tech­nisch verän­derte Organ­is­men) von der Bild­fläche zu ver­schwinden. Der Grund für das verblüf­fende Phänomen ist kein Sinneswan­del der bis­lang ablehnen­den Ver­braucher­mehrheit, son­dern die dif­fuse Infor­ma­tion­slage, ver­mutet Jür­gen Binder, der als Imk­er aus direk­ter beru­flich­er Betrof­fen­heit zum GVO-Fach­mann gewor­den ist. Nach­dem Mitte März 2005 der zweite Teil des Gen­tech­nik-Geset­zes den Bun­destag passierte, habe sich die irrige Annahme ver­bre­it­et, die prob­lema­tis­che Agro-Gen­tech­nik sei jet­zt im Sinne von Men­sch und Natur zufrieden­stel­lend geregelt.

Tat­säch­lich ist das exak­te Gegen­teil der Fall, urteilt Binder als Mitini­tia­tor der “Aktion Gen­dreck weg”: “Zum ersten Mal wird die Gen­tech­nik in Deutsch­land kom­merziell genutzt. Das heißt, wir haben das Prob­lem seit diesem Früh­jahr greif­bar vor der eige­nen Haustür und nicht mehr in abstrak­ter Ferne, irgend­wo in den USA oder in Indi­en. Es kann also gar keinen drin­gen­deren Anlass geben, Augen und Mund aufzu­machen und Gegen­maß­nah­men zu ergreifen.”

Imk­er Jür­gen Binder: “Hier wird etwas in Gang geset­zt, das nicht rück­gängig gemacht wer­den kann.”

Binders Anspruch ist es, unver­fälscht­en, reinen Honig zu erzeu­gen. Deshalb kann er, selb­st wenn er es wollte, die Augen nicht mehr vor dem jüng­sten Gen­tech­nik-Kapi­tel ver­schließen. Denn wenn Anfang Juni “in der Flur son­st fast nichts mehr blüht”, suchen die Bienen die Mais­felder auf. Dort sam­meln sie zwar keinen Nek­tar, bedi­enen sich aber fleißig an dem üppig vorhan­de­nen Pol­lenange­bot. Der Mais­pollen ist ein begehrter Eiweißspender für den Bienen­nach­wuchs und wird zudem für die Über­win­terung im Bienen­stock eingelagert.

Ger­at­en die Bienen nun an gen­tech­nisch verän­derten Mais, so trans­portieren sie die biol­o­gis­che Verun­reini­gung nicht nur in die eigene Behausung und damit am Ende auch in ihr Pro­dukt, den Honig. Sie infizieren mit dem an den Hin­ter­beinen “zwis­chen­ge­lagerten” Pollen auch die ursprünglich gen­tech­nikfreien Felder. Ein Übriges tut der Wind, der den Pollen bis zu 20 Kilo­me­ter weit über das Land trägt. Damit ist ein uner­bit­tlich­es “Schnee­ball­sys­tem” in Gang geset­zt, auf das der Men­sch als Verur­sach­er keinen Ein­fluss mehr hat.

Abge­se­hen von der wirtschaftlichen Abhängigkeit, die die Saatgut­fir­men ihren Abnehmern, den Bauern, mit den gen­tech­nisch kon­stru­ierten Sorten aufzwin­gen, sieht Jür­gen Binder vor allem zwei Prob­leme. Zum einen wird die Sorten­vielfalt drama­tisch eingeschränkt und damit ein von den Land­wirten gut gehüteter biol­o­gis­ch­er Reich­tum preis­gegeben. Zum anderen wer­den die Gifte, die zum Schutz der Pflanzen vor Insek­ten und Krankheit­en bis­lang äußer­lich aufge­bracht wur­den, jet­zt selb­st Bestandteil der Pflanze — und fol­glich auch der Nahrung von Tier und Men­sch. Die gesund­heitlichen Kon­se­quen­zen sind weit­ge­hend unerforscht.

Agrarin­ge­nieur Michael Grolm: “Couragiertes Ein­schre­it­en kann das Blatt noch wenden.”

Wieder­holte Umfra­gen haben gezeigt, dass die Mehrheit der Kon­sumenten und Land­wirte der Gen­tech­nik ablehnend gegenüber­ste­hen. Rund 70 Prozent der €päis­chen Ver­brauch­er lehnen Nahrungsmit­tel, die gen­tech­nisch verän­derte Sub­stanzen enthal­ten, aus­drück­lich ab. Und auch die Bauern gehen sichtlich auf Dis­tanz zur Gen­tech-Saat. Etwa die Hälfte der ins­ge­samt 1100 Hek­tar Ack­er­fläche, die 2005 für den Anbau von Gen­mais in Deutsch­land vorge­se­hen waren, wer­den nach Recherchen des Umweltin­sti­tuts München nun doch herkömm­lich bewirtschaft. Der Vere­in zur Förderung Inno­v­a­tiv­er und Nach­haltiger Agrar­biolo­gie (Finab) in Ros­tock und der Inno­Plan­ta e.V. in Gater­sleben (Sach­sen-Anhalt) sprechen in ihrer jüng­sten Auflis­tung sog­ar von nur 160 Hek­tar Land, auf denen der Gen­mais aus­gesät wurde.

Michael Grolm, Diplo­ma­grarin­ge­nieur und Erstun­terze­ich­n­er der Aktion, sieht es keineswegs als Grund zur Beruhi­gung an, dass in Deutsch­land bish­er nur eine ver­gle­ich­sweise kleine Fläche von der Gen­tech­nik vere­in­nahmt wurde. Vielmehr sei darin der Anstoß zu erhöhter Aktions­bere­itschaft enthal­ten. Möglicher­weise könne das Blatt durch couragiertes Ein­schre­it­en ger­ade noch rechtzeit­ig gewen­det wer­den: “Wir wollen erre­ichen, dass die Abkehr von der Gen­tech­nik und not­falls auch die aktive Gegen­wehr zum guten Ton gehören.” Nach Mei­n­ung des Agrarin­ge­nieurs und sein­er Mit­stre­it­er aller Alters­grup­pen und Beruf­ss­parten sollte es die “Pflicht der Poli­tik­er sein, die Gen­tech­nik zu verbieten”.

Frei­willige Feld­be­freiung” in bran­den­bur­gis­chem Natur­park am 30. und 31. Juli

Ein entsprechen­des Sig­nal set­zt die für den 30. und 31. Juli angekündigte “Frei­willige Feld­be­freiung”. Einige hun­dert Gen­tech­nik-Geg­n­er wer­den über die Gefahren der Agro-Gen­tech­nik informieren und als Höhep­unkt dann in aller Öffentlichkeit ein mit Gen­mais bepflanztes Feld unbrauch­bar machen. Das Feld liegt etwa 25 Kilo­me­ter östlich von Berlin im Natur­park Märkische Schweiz, in der Nähe von Straus­berg (Kreis Märkisch Oder­land). Dort wächst der gen­tech­nisch verän­derte Mais MON 810 von Monsanto.

Die Ini­tia­toren sehen in der “Feld­be­freiung” keinen Akt willkür­lich­er Aggres­sion, son­dern wohl durch­dachte Öffentlichkeit­sar­beit. Polizei und Presse wer­den offiziell zur Beobach­tung ein­ge­laden. Der betrof­fene Land­wirt wird für seinen Ern­teaus­fall sym­bol­isch entschädigt, denn “wir wollen mit unser­er Aktion ja nicht das schwäch­ste Glied in der Agrar­kette attack­ieren”, betont Binder. Im Sinne ihrer friedlichen Grund­hal­tung stellen sich die “Feld­be­freier” auch darauf ein, den möglicher­weise dro­hen­den Polizeige­wahrsam auf sich zu nehmen. Binder: “Wir wollen in aller Kon­se­quenz deut­lich machen, dass die Bürg­er in Deutsch­land sich die Gen­tech­nik nicht bieten lassen.”

Mit dem Artikulieren “unseres unbe­d­ingten Unwil­lens” hat das Aktions­bünd­nis rund um Jür­gen Binder schon kon­struk­tive Erfahrung. Am 18. April 2004 organ­isierten die Gen­tech­nik-Geg­n­er in Stuttgart eine Demon­stra­tion für die Kennze­ich­nung gen­tech­nisch verän­dert­er Lebens­mit­tel. Rund 10.000 Teil­nehmer schlossen sich damals der wirkungsvollen Ver­anstal­tung an.

Weit­ere Infor­ma­tio­nen: www.gendreck-weg.de

E‑Mail: aktion@gendreck-weg.de

Tel. 0170–1087174 (Michael Grolm)

Tel. 0170–1857424 (Jür­gen Binder)

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HINTERGRUND

Gen­mais in Deutschland

An 18 Stan­dorten in den Bun­deslän­dern Baden-Würt­tem­berg, Bay­ern, Bran­den­burg, Meck­len­burg-Vor­pom­mern, Sach­sen und Sach­sen-Anhalt wird in diesem Jahr auf ein­er Gesamt­fläche von 250 Hek­tar erst­mals gen­tech­nisch verän­dert­er Mais aus kom­merziellen Beweggr
ünden ange­baut. Auf weit­eren 50 Hek­tar wurde der so genan­nte Bt-Mais für wis­senschaftliche Zwecke aus­gesät. Unter­stützend sind die Saatzuch­tun­ternehmen Mon­san­to, Pio­neer und Märkische Kraft­fut­ter GmbH beteiligt. Des weit­eren untern­immt das Bun­des­land­wirtschaftsmin­is­teri­um Anbau­ver­suche mit Bt-Mais auf ein­er Fläche von 10 Hek­tar. (Quellen: Vere­in zur Förderung Inno­v­a­tiv­er und Nach­haltiger Agro­biotech­nolo­gie, Ros­tock, und Inno­Plan­ta e.V., Gatersleben)

In Deutsch­land wird Mais auf ein­er Gesamt­fläche von rund 1,7 Mil­lio­nen Hek­tar ange­baut. Das sind etwa zehn Prozent der bun­desweit land­wirtschaftlich genutzten Fläche. Damit ist Mais eine der dominieren­den Pflanzen auf den deutschen Feldern.

Gen­tech­nik-Gesetz

Am 18. März 2005 hat das Gen­tech­nik-Gesetz Teil II den Bun­destag passiert. Damit ist der Über­gang von der Ver­such­sphase zum kom­merziellen Anbau von gen­tech­nisch verän­derten Pflanzen möglich gewor­den. Die Ver­ab­schiedung des Geset­zes im Bun­desrat ste­ht allerd­ings noch aus, da die union­sregierten Län­der Nachbesserun­gen ver­lan­gen. Nach den Vorstel­lun­gen der Union­spoli­tik­er soll der Umgang mit der Agro-Gen­tech­nik noch erle­ichtert wer­den. Momen­tan befasst sich der Ver­mit­tlungsauss­chuss mit den strit­ti­gen Punkten.

MON 810: In mehreren Län­dern verboten

Beson­dere Kri­tik richtet sich derzeit auf den Anbau von gen­tech­nisch verän­dertem Mais mit der Sorten­beze­ich­nung MON 810. Das Bun­dessorte­namt hat diesen Typ mit Entschei­dung vom 30. Mai 2005 vor­erst nicht zuge­lassen, weil noch rechtliche Bedenken beste­hen. Naturschützer befürcht­en, dass die Mais­sorte schlimm­ste Auswirkun­gen auf das Ökosys­tem hat. Der MON-810-Mais der Fir­ma Mon­san­to enthält ein zusät­zlich­es Gen, das die Pflanze ein Gift gegen den Maiszünsler (ein Schadin­sekt) pro­duzieren lässt. Fach­leute gehen davon aus, dass das Gift aber auch Schmetter­linge und andere Nutzin­sek­ten angreift. Polen, Öster­re­ich, Ungarn und die Slowakei haben den Anbau bere­its ver­boten. In Deutsch­land hinge­gen wurde der Gen­tech-Mais auf­grund der so genan­nten Vorver­trieb­s­genehmi­gung in begren­zter Menge ausgesät.

Wet­tbe­werb­snachteil Gentechnik

Experten nehmen an, dass Län­der, die den Anbau gen­tech­nisch verän­dert­er Pflanzen unter­sagen, langfristig einen deut­lichen Wet­tbe­werb­svorteil haben wer­den. Die Annahme grün­det sich auf die weit reichende öffentlichen Ablehnung von Nahrungsmit­teln mit gen­tech­nisch verän­derten Inhaltsstof­fen. Bere­its jet­zt ist nach Infor­ma­tio­nen des Anbau­ver­ban­des “Bioland” zu beobacht­en, dass inter­na­tionale Fir­men die Mais­pro­duk­tion ver­mehrt aus GVO-riskan­ten Gebi­eten wie den USA in GVO-freie Län­der beispiel­sweise in Europa ver­lagern. Vor allem Öster­re­ich ern­tet dank sein­er kon­se­quent ablehnen­den Hal­tung gegenüber der Agro-Gen­tech­nik wach­sendes Inter­esse. Es gilt mit­tler­weile als beson­ders sicheres Land für die Ver­mehrung gen­tech­nikfreien Saatgutes.

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