(Lausitzer Rundschau, Cottbus) Ein Kulturstreit ist um ein Plakat im Glad-House entbrannt. Es wirbt mit dem
Plattentitel «Everything must be destroyed» (alles muss zerstört werden) für die aktuelle Tour der Band «Uncle Ho» , und Glad-House-Chef Jürgen Dulitz musste sich jetzt im Kulturausschuss gegen den Vorwurf der
Gewaltverherrlichung wehren.
Seit mehr als zehn Jahren leitet Jürgen Dulitz das Glad-House in der Straße der Jugend. Nach so langer Zeit müsste man eine dicke Haut bekommen — doch als Dulitz abends an der Bar vor dem Obenkino sitzt, wirkt er gar nicht
dickhäutig. Eher ziemlich irritiert.
Ein Plakat hat ihn aus der Bahn geworfen. Besser: der Streit um dieses Plakat. Denn als Jürgen Dulitz das Poster in seinem Haus anbringen ließ, hätte er nie damit gerechnet, dass es ihm Ärger bringen könnte. Klar, «Everything must be destroyed» steht auf dem Plakat, aber hat die Band «Ton,
Steine, Scherben» nicht schon in den 70er-Jahren gerufen: «Macht kaputt, was euch kaputt macht» « Was ist mit der Textzeile «Wir geben dir Sex und Gewalt» , die von einer der größten Bands der Welt stammt, den «Rolling
Stones» » Stört sich daran heute jemand«
Der sich so viele Fragen stellen muss, bereitet sich auf eine Stellungnahme im Kulturausschuss vor. «Mir droht die Streichung meiner Subventionen», sagt Dulitz, und er sieht blass aus. «Das ist bitterer Ernst. Ich kann doch
da nicht mit kulturtheoretischen Überlegungen kommen.»
Bitterer Ernst ist die Angelegenheit auch für den CDU-Stadtverordneten Dr. Josef Horntrich. Er erklärt im Kulturausschuss, ihn hätte die Aufschrift des Plakats «verstört» . Denn wer im Glad-House solche Sprüche liest, so lautet seine Schlussfolgerung, dessen Hemmschwelle gegenüber Gewalt könnte ja sinken. «Da muss man sich nicht wundern, wenn Wartehäuschen und Papierständer zerklopft werden.» Überhaupt füge das Plakat dem Ruf des Glad-Houses Schaden zu — selbst wenn die Aussage «nicht so gemeint» sei. «Am
Plakat hängt ja keine Erklärung» , sagt Horntrich.
Dem Glad-House-Chef springt Kulturamtsleiter Bernd Warchold zur Seite. Zunächst wird er grundsätzlich: Für das Haus an der Straße der Jugend gelte natürlich das Credo der Gewaltlosigkeit. Dann entgegnet er Horntrichs Ausführungen mit einem nicht minder destruktiven Zitat, das an deutschen
Schulen gelehrt wird — und aus dem «Faust» von Johann Wolfgang von Goethe stammt: «Denn alles, was entsteht, ist wert, dass es zu Grunde geht.»
Auch die Ausschuss-Vorsitzende Ute Schneider (SPD) glaubt nicht daran, dass ein solches Plakat zu Gewalt anstiftet. «Wenn man bei der Kultur so strenge Maßstäbe anlegen wollte, müssten auch manche expressionistischen Kunstwerke
verschwinden.» Die SPD-Stadtverordnete Dr. Martina Münch (SPD) wünscht sich ebenfalls mehr Toleranz, und sie erklärt: «Pornografie stört mich mehr.»
Und der Glad-House-Chef» Kann aufatmen, da seine Subventionen nicht gestrichen werden. Vor dem Kulturausschuss räumt er allerdings ein: «Das Plakat ist
mindestens geschmacklos und durchaus strittig. Vom ersten Tag an herrscht jedoch Glad-House Übereinstimmung darüber, was nicht geduldet wird: Bands, die Gewalt, Rassismus oder Sexismus verherrlichen, neonazistische Subkultur
und Hooligan-Bands.»
Gar nicht verstehen kann man den Streit bei der Zentrale von «Sonymusic», der Plattenfirma der Band «Uncle Ho» in Frankfurt am Main. «Das ist das erste Mal , dass wir mit einem solchen Vorwurf konfrontiert werden» , sagt
eine Mitarbeiterin. «Die Musiker haben nichts mit Gewaltverherrlichung am Hut.» Doch ihre Begründung weist darauf hin, dass der Satz «Alles muss zerstört werden» auch in einer Plattenfirma für Sprengkraft sorgen kann:
«Wir haben die Single mit gleichem Namen ja extra wegen des Golfkrieges zurückgezogen.»
Siehe auch: www.gladhouse.de