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Fatale Sicherheit

Vor dem eigentlichen Inhalt dieser Mel­dung eine Erk­lärung von Inforiot

Am 16.01.03 schick­te Rene Zarnikow, Chef der Fir­ma “Zarnikow Sicher­heits­di­en­ste” in Prem­nitz, eine Mail an an Infori­ot, den Vere­in Opfer­per­spek­tive, an Infori­ot und an die NHZ (Cot­tbus). Darin dro­ht er mit ein­er Ver­leum­dungsklage, sollte nicht “meine Namen, den mein­er Unternehmungen soweie deren Logo” bis Ende Jan­u­ar von den Inter­net­seit­en ent­fer­nt wor­den sein. Wir bedanken uns für Her­rn Zarnikows Mail und erk­lären hierzu: 

Am 01.07.02 stell­ten wir auf unsere Web­site zu Doku­men­ta­tion­szweck­en den “offe­nen Brief der Rathenow­er Asyl­be­wer­berIn­nen” in deutsch­er Über­set­zung sowie eine Broschüre “Recht­sex­trem­is­mus im West­havel­land 2001”. Für den Inhalt des Briefs und der Broschüre sind poli­tisch die jew­eili­gen AutorIn­nen ver­ant­wortlich. Um möglichen Kla­gen von Seit­en der Fir­ma “Zarnikow Sicher­heits­di­enst” vorzubeu­gen, beto­nen wir, dass die im offe­nen Brief gebrauchte For­mulierung “well know ex Neo-Nazi group Zarnikow” bzw. “bekan­nte Ex-Neon­azi-Gruppe Zarnikow” nicht der Mei­n­ung von Infori­ot entspricht. Laut einem Bericht der Zeitschrift “Focus” Nr. 51 aus 2002 beschäftigt die Fir­ma “Zarnikow Sicher­heits­di­enst” jedoch ein­schlägig bekan­nte Rechtsextremisten: 

Ein internes Schreiben des Ver­fas­sungss­chutzes vom 7. August, das Focus vor­liegt, belegt, dass mehrere Mitar­beit­er der Secu­ri­ty-Fir­ma Zarnikow “dem Kern der recht­sex­trem­istis­chen Szene Rathenows ange­hören”. Die Ver­fas­sungss­chützer nen­nen die Namen von vier Män­nern, die der “ein­schlägi­gen Grup­pierung Kam­er­ad­schaft Hauptvolk zugerech­net wer­den müssen”. Ein Sprech­er von CDU-Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm bestätigte das Schreiben.

Infori­ot schließt sich der Ein­schätzung der Opfer­per­spek­tive an, dass es unerträgliche Vorstel­lung ist, dass die Per­son­alien von Flüchtlin­gen und ihren BesucherIn­nen von ein­er mit Recht­sradikalen durch­set­zten Fir­ma kon­trol­liert wer­den. Die Gefahr liegt auf der Hand, dass dadurch per­sön­liche Dat­en in recht­sex­treme Kreise gelan­gen. Wir fordern daher, dass die Betreiber­fir­ma des Asyl­be­wer­ber­heims Rathenow, die AWO Havel­land, den Ver­trag mit “Zarnikow Sicher­heits­di­enst” umge­hend kündigt. 

Wir weisen hier­mit aus­drück­lich erneut darauf hin, dass für die bei Infori­ot veröf­fentlicht­en Inhalte unser Haf­tungsauss­chluß gilt. 

Infori­ot Webteam, 22.01.2003

Fatale Sicher­heit

Kom­merzielle Wach­di­en­ste beschäfti­gen häu­figer aus­gewiesene Rechtsextremisten.
Einge­set­zt wer­den diese auch zur Bewachung von Flüchtlingsheimen.

(Blick nach Rechts, Hel­mut Lorscheid/Andrea Röp­ke) Pri­vate Secu­ri­ty­fir­men befind­en sich nach wie vor im Aufwind. Unheimlich,
still und leise erobern sie im exeku­tiv­en Bere­ich zahlre­ich­er Innenstädte
Macht und Ein­fluss. Pri­vate Sicher­heits­fir­men sor­gen inzwis­chen, neben den
herkömm­lichen Auf­gaben, auch für Postzustel­lun­gen und Feuerwehrdienste. 

Waren 1989 bun­desweit etwa 700 pri­vate Sicher­heits­di­en­ste im Ein­satz, sind es
heute fast 1500 Dien­ste mit rund 250 000 Beschäftigten an der Zahl. Ein
bekan­ntes Bild in Bahn­höfen — wie auch in Shop­ping­cen­tern — Wachleute
scheuchen Obdachlose und Punker aus den war­men Hallen, machen damit häufig
recht rabi­at vom Haus­recht Gebrauch. Seit den Anschlä­gen vom 11. Sep­tem­ber ist
das Sicher­heits­ge­fühl der Deutschen ras­ant gestiegen — beden­klich nur, dass in
den Wach­mann-Uni­for­men auch schon mal vorbe­strafte Straftäter stecken. 

Die Medi­en bericht­en seit Jahren über ras­sis­tis­che oder gewaltbereite
Über­griffe durch Wach­per­son­al. Nur in Einzelfällen wurde dem nachgegangen.
Dabei ste­ht fest, dass Secu­rityleute nicht nur immer häu­figer wie Neonazis
ausse­hen und sich so benehmen, son­dern auch der gewalt­täti­gen rechtsextremen
Szene ange­hören, wie fol­gende Beispiele belegen. 

Die Wach­fir­ma Zarnikow aus Rathenow in Bran­den­burg beschäftigt seit längerem
immer wieder gerichts­bekan­nte Recht­sex­trem­is­ten aus dem vom brandenburgischen
Ver­fas­sungss­chutz beobachteten Umfeld der “Kam­er­ad­schaft Hauptvolk”.
Nach­weis­lich stellte Fir­menchef René Zarnikow Neon­azis wie Mau­rice Kindt,
Daniel Kuhn, Jens Riedel und Chris­t­ian Wendt als Sicher­heitsper­son­al ein. 

Sie sind im Ein­satz, wenn in der Umge­bung Volks­feste gefeiert wer­den, wie im
August ver­gan­genen Jahres beim “Dachs­bergfest” im benach­barten Prem­nitz, oder
sie sich­ern auch, wenn poli­tis­che Promi­nenz wie Edmund Stoiber und Jörg
Schön­bohm den Wahlkreis besucht. 

Chris­t­ian Wendt wurde ger­ade kurz vor seinem Wach­di­en­stein­satz aus dem
Gefäng­nis ent­lassen, er war zu ein­er fün­fjähri­gen Gefäng­nis­strafe verurteilt 

wor­den, weil er gemein­sam mit anderen Neon­azis einen Bosnier beim Reiterball
in Rhi­now halb tot­geschla­gen hat­te. Neon­azi Daniel Kuhn ist wegen
Waf­fen­miss­brauchs und Kör­per­ver­let­zungs­de­lik­ten vorbe­straft. Doch damit nicht
genug: Zarnikow sorgt auf ganz beson­dere Weise auch für die “Sicher­heit” des
örtlichen Asyl­be­wer­ber­heimes. Ein­er sein­er dort einge­set­zen Män­ner ist Jörgen
Cep­pok, langjähriger Ange­höriger der örtlichen recht­en Szene, seit einiger
Zeit ange­blich nicht mehr aktiv. Zahlre­iche aus­ländis­che Bewohn­er fühlen sich
deshalb eher von den Zarnikow-Leuten überwacht als bewacht. Denn wie es
scheint, pflegt der ange­bliche “Aussteiger” Cep­pok weit­er den Kon­takt zu
seinen alten Kam­er­aden. Ein Bewohn­er erin­nert sich an einen nächtlichen
Vor­fall, als er auf dem Flur des Flüchtling­sheims stand und um Ruhe bat. Die
glatzköp­fi­gen Fre­unde des Wach­manns grif­f­en ihn an, wur­den dann jedoch noch
von ihm aufge­hal­ten. Es blieb bei Belei­di­gun­gen. Noch. 

Neon­azis bilden im Kampf­s­port aus

Immer wieder bericht­en Flüchtlinge von Pöbeleien und Angrif­f­en, insbesondere,
wenn sie abends in Rathenow unter­wegs sind. Viele der Flüchtlinge haben
bere­its um eine Ver­legung aus Rathenow gebeten. Der bran­den­bur­gis­che Ort ist
der Polizei seit langem als ein recht­sex­tremer Bren­npunkt bekan­nt. Es gibt
immer wieder blutige Über­fälle, auch auf jugendliche Nazigeg­n­er. Die meisten
kom­men nicht ein­mal zur Anzeige. Die Fir­ma Zarnikow gilt vor Ort als
ein­flussre­ich, immer­hin erhält sie Aufträge der Kom­munen und auch der
“Arbeit­er­wohlfahrt”. Proteste waren bish­er erfol­g­los. Obwohl sowohl
Innen­min­is­teri­um als auch Sozialmin­is­teri­um sich jüngst doch genötigt sahen,
eine erneute Über­prü­fung der äußerst beden­klichen Fir­ma anzuord­nen, ste­hen die
zumeist tätowierten, kurzgeschore­nen Muskelmän­ner von Zarnikow noch Wache im
Flüchtlingsheim. 

In Sach­sen-Anhalt warnt der Ver­fas­sungss­chutz vor den
Kom­merzial­isierungsver­suchen des mil­i­tan­ten “Selb­stschutz Sach­sen-Anhalt” des
Neon­az­iführers Mirko Appelt aus Salzwedel. Im jüngsten
Ver­fas­sungss­chutzbericht des Lan­des wird darauf ver­wiesen, dass die
Grup­pierung sich via Inter­net um Secu­ri­ty-Aufträge bemühe. Sie beze­ich­net sich
als einen “nicht gewerblichen Zusam­men­schluss aus geschul­ten Per­so­n­en, die in
ihrer Freizeit Ord­nertätigkeit­en ausüben.” Ange­boten wer­den “Ord­ner­di­en­ste auf
Saalver­anstal­tun­gen und Demon­stra­tio­nen, sowie jede andere Tätigkeit aus dem
Ord­ner­di­enst”. Gegenüber den Autoren dieses Beitrags prahlt Appelt mit
zahlre­ichen pri­vat­en Aufträ­gen, sein Ter­minkalen­der ist voll. Er berichtet,
dass seine Truppe bere­its bei Tanzver­anstal­tun­gen und auf Volks­festen im
Ein­satz war. Ange­blich waren Appelts Man­nen auch für Großver­anstal­tun­gen wie
Reit­er­festen, den tra­di­tionellen “Kränzchen­re­it­en” mit bis zu 1000 Besuchern,
als Secu­ri­ties engagiert. 

Appelts Kam­er­aden ste­hen als Türste­her vor Diskotheken, so unter anderem auch
in Salzwedel und in Burg
. Wer reinkommt und wer nicht, entschei­den die
Neon­azis. Beim Vere­in Miteinan­der — Net­zw­erk für Demokratie und Weltoffenheit
in Sach­sen-Anhalt haben sich immer wieder Jugendliche gemeldet, die erklärten,
dass ihnen der “Ein­lass zu eigentlich öffentlichen Ver­anstal­tun­gen von rechten
Wach­leuten ver­wehrt wurde”. Inzwis­chen arbeit­et der Neon­azi Appelt an der
Aus­dehnung seines gefährlichen Ein­flussge­bi­etes, so sollen
“Selbstschutz”-Truppen auch in Sach­sen entstehen. 

“Hit­ler­gruß zum Dienstbeginn”

Auch in den alten Bun­deslän­dern sind Neon­azi-Aktiv­itäten bish­er kein Hindernis
für eine Tätigkeit im Wach­di­enst. So sorgt die Fir­ma “WR-Secu­ri­ty” in
Kaiser­slautern nicht nur für die Sicher­heit des Bun­desli­ga-Fußball­clubs 1.
FCK, son­dern bewachte nach eigen­er Darstel­lung in Mainz auch schon die
rhein­land-pfälzis­che Staatskan­zlei — eben­so wie das ZDF und den SWR. Im
Kampf­s­port trainiert wur­den die so promi­nent einge­set­zten Secu­rityleute von
einem der bekan­ntesten Neon­azis des Lan­des, Axel Flickinger, bis vor einigen
Monat­en noch Lan­deschef der Jun­gen Nationaldemokraten. 

Hin­weisen aus der recht­en Szene zufolge stammt neben Flickinger ein weiterer
WR”-Trainer aus dem gewalt­bere­it­en Hooli­gan-Milieu und ein ander­er war
Anhänger des mil­i­tan­ten “Stahlhelm — Kampf­bund für Europa”. Es soll immer
wieder zu bru­tal­en Aus­fällen der WR-Secu­ri­ty gekom­men sein, zum Beispiel als
Flug­blattverteil­er anlässlich ein­er Ver­anstal­tung zur deutsch-amerikanischen
Städtepart­ner­schaft am 15. Okto­ber 2000 gegen die Todesstrafe in den USA
protestieren woll­ten. Der Besitzer von “WR”, Wern­er Rohde, wusste seit langem
von Flickingers poli­tis­chem Engage­ment bei der Jugen­dor­gan­i­sa­tion der NPD,
hat­te jedoch nichts dage­gen einzuwenden. 

Nur sel­ten treten poli­tis­che Hin­ter­gründe gewalt­samer Über­griffe von
Sicher­heits­be­di­en­steten so offen zu Tage wie 1999, als in Ham­burg zwei
Ange­hörige des pri­vat­en S‑Bahn-Wach­schutzes den Sprayer Wal­ter F. fassten und
kranken­haus­reif schlu­gen. F. soll sich zuvor um die 120 000-mal mit seinem
OZ” in der Stadt verewigt haben. “OZ” wurde ins Auf­sichts­büro des S‑Bahnhofs
Hol­sten­straße gez­er­rt und geschla­gen, und wurde dabei, so die Erin­nerung von
F., aufge­fordert “Sieg Heil” zu schreiben. Die Ham­burg­er “Mor­gen­post” griff
den Fall auf und schilderte in diesem Zusam­men­hang auch die Erleb­nisse anderer
S‑Bahnfahrgäste mit der Secu­ri­ty. Berichtet wurde unter anderem über
“Hit­ler­gruß zum Dien­st­be­ginn”, Arrest fürs Schwarz­fahren im Hundezwinger
inklu­sive Hund und immer wieder Schläge. Schon bald ebbte das Inter­esse der
Mopo an recht­en Umtrieben im Ham­burg­er Nahverkehr wieder ab. Doch Alltag
bedeutet — keine Berichter­stat­tung über rechte Gewalt, aus­geübt durch
Sicherheitspersonal. 

Das Sicher­heits­gewerbe hat sich zur attrak­tiv­en Einkom­men­squelle vieler
kampf­s­port­gestählter Neon­azis entwick­elt. Für “Recht und Ord­nung” zu sorgen,
ein­seit­ige poli­tis­che Macht auszuüben und die Möglichkeit, die rechte Szene
damit finanziell auch noch zu unter­stützen — eine gefährliche Kom­bi­na­tion, die
auch in vie­len anderen deutschen Städten bere­its Anwen­dung findet. 

Der Bun­desver­band des Wachgewerbes BDWS sieht bish­er keinen besonderen
Hand­lungs­be­darf. Neon­azis in Secu­ri­ty­fir­men wer­den dort bis­lang nicht als
Prob­lem erkan­nt. Demge­genüber hat das Bun­de­samt für Ver­fas­sungss­chutz Mitte
let­zten Jahres unter den Lan­desämtern eine Anfrage zum The­ma “Recht­sradikale
in Wach­di­en­sten” ges­tartet. Das Ergeb­nis lässt auf sich warten. Die
Bun­desregierung legt kün­ftig ver­stärk­ten Wert auf “sicheres” Wach­per­son­al. In
der am 15. Jan­u­ar 2003 in Kraft getrete­nen neuen Bewachungsverord­nung heißt
unter anderem, dass die gebotene Zuver­läs­sigkeit für mit Bewachungsaufgaben
Beschäftigte solche Per­so­n­en nicht besitzen, die “einzeln oder als Mitglied
ein­er Vere­ini­gung” Bestre­bun­gen gegen die frei­heitliche demokratische
Grun­dord­nung ver­fol­gen. Damit dürften kom­merzielle Wach­di­en­ste gewalttätiger
Neon­azis eigentlich been­det wer­den können. 

www.bnr.de

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