Größere Polizeiaktionen haben immer ein Nachspiel. Im Fall des geräumten Jugendtreffs in der ehemaligen Gaststätte «Zur Eisenbahn» sind es vier
Anzeigen wegen «aktiven Widerstandes» gegen die Polizei und zwei Anzeigen von jungen Leuten, u. a. wegen Körperverletzung. Die RUNDSCHAU berichtete in
dem Beitrag «Illegaler Treff ist dicht» am 1. August darüber.
In der Öffentlichkeit sehen sich die jungen Erwachsenen zu Unrecht
kriminalisiert und von der Polizei zu hart behandelt. Dies erklärten drei
ihrer Vertreter sowie eine Mutter und ein Vater (die Namen sind der
Redaktion bekannt) im Gespräch mit der RUNDSCHAU. Auch die Polizei hatte
keine Probleme, an dem Austausch der Argumente teilzunehmen. Wegen der
laufenden Verfahren hielt sich der Lauchhammeraner Wachleiter Siegmund
Paulisch jedoch zurück.
Jugendliche und Eltern, die sich an Ort und Stelle selbst überzeugt haben,
bezweifeln stark, dass sich die Nachbarschaft des Treffs immer wieder durch
Lärm gestört fühlte. Vermutet wird ein «Frustanrufer» , dem die Gruppe
generell nicht passt.
Die Polizei, so der Wachleiter, hatte nach den zahlreichen «Besuchen» in der
Vergangenheit keine andere Wahl als einzuschreiten. Da die Ermahnung in
jener Nacht (17. Juli) nicht gefruchtet hätte, kurz darauf eine erneute,
nachweisbare Beschwerde einging, habe man handeln müssen. Der größte Fehler,
den die jungen Leute gemacht hatten, das gaben sie in dem Gespräch auch zu,
war, dass sie alle Türen verriegelt und sich vier von ihnen hinter der
letzten verbarrikadiert hatten.
Was dann geschehen ist, muss aufgrund der auf beiden Seiten erstatteten
Anzeigen noch untersucht werden. Für die Eltern steht fest, dass die Polizei
ungerechtfertigt hart vorgegangen sei. Schlagstockspuren auf Armen und
Rücken würden die Aussagen ihrer Kinder bestätigen, wonach diese, bereits am
Boden liegend und das T‑Shirt über den Kopf gezogen, Schläge einstecken
mussten. Ein ärztliches Attest über die Verletzungen liege vor. Dazu gab es
vor dem Abschluss der Untersuchungen natürlich kein Kommentar von der
Polizei.
Die Ursache allen Übels liegt nach Meinung der Jugendlichen darin, dass sie
in Lauchhammer auf legale Weise keine Räumlichkeiten für 20 bis 30 Personen
bekommen. Also haben sie eines der vielen leeren Gebäude in Beschlag
genommen und es sich als Domizil hergerichtet. Ohne eine Spur von
Unrechtsbewusstsein, obwohl es sich hier zwar um vernachlässigtes, aber
privates Eigentum handelt.
Im Nachhinein lässt sich leicht spekulieren: Aber wären die täglichen
Treffen nur eine Spur dezenter abgelaufen — die Jugendlichen würden wohl
heute noch stillschweigend geduldet werden. So stehen sie, wie einer
befürchtet, weiterhin auf der Straße, auch im nächsten Winter und sorgen
allein durch ihre Anwesenheit für neuen Unmut und weitere Beschwerden. Der
Rat der Polizei: Keinen Anlass zur Kritik geben, dann helfe die Stadt
vielleicht doch. Die Jugendlichen sind bereit, Verantwortliche für einen
solchen Treff zu benennen und würden auch die Kosten tragen. Die Teilnahme
an den 48-Stunden-Aktionen für Lauchhammer beweise, dass sie es ernst
meinen. Bisher habe ihnen noch niemand eine Chance gegeben.