INFORIOT Heute fand um 14 Uhr eine Kundgebung vor dem Landratsamt Oberhavel in Oranienburg statt. Dazu aufgerufen hatte unter anderem der Ausländerausschuss des Kirchenkreises Oberhavel. Er wollte damit gegen die diskriminierende Flüchtlingspolitik in Deutschland protestieren.
Anlass war die Inhaftierung des Kameruners Collivan Nso vor fast zwei Wochen. Sein Asylbegehren wurde vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge abgelehnt. Ohne Vorwarnung wurde er am 28. April in der Oranienburger Ausländerbehörde, die ebenfalls im Landratsamt sitzt, gefesselt und in die Abschiebehaftanstalt Eisenhüttenstadt gebracht. Daraufhin trat er in Hungerstreik um seine Entlassung zu erreichen.
Die Unterstützer_innen Nsos kritisieren das Bundesamt insbesondere für die Weitergabe eines Dokuments an die kamerunische Botschaft, das seine Mitgliedschaft in der Oppositionspartei SCYL beweist. „Collivan wäre nach seiner Abschiebung sofort inhaftiert worden. Und kamerunische Gefängnisse foltern, das weiß jede Menschenrechtsorganisation“, so Simone Tetzlaff vom Kirchenkreis. Nso und sein Vater waren vor seiner Flucht in Kamerun bereits gefoltert worden, der Vater starb an den Folgen.
Der Kirchenkreis wandte sich nach der Verhaftung an den UNHCR. Dieser prüfte die Akten und empfahl dem Bundesamt, ein Asylfolgeverfahren einzuleiten. Und das war plötzlich auch möglich: Nso wurde gestern nach zwölf Tagen Hungerstreik aus der Haft entlassen. Ihn erwartet nun ein zweites Asylverfahren.
„Wir freuen uns sehr, dass Collivan heute unter uns sein kann. Ohne öffentliche Proteste und den UNHCR wäre das nicht möglich gewesen“, begann Tetzlaff die Kundgebung. Obwohl nur zirka zwanzig Menschen an der Kundgebung teilnahmen, war sie sehr laut und kämpferisch. Tetzlaff bezichtigte die Ausländerbehörde Oberhavel eines „fahrlässigen Umgangs mit den Menschenrechten“.
Auch Collivan Nso selbst kam zu Wort: „Flüchtlinge werden in Deutschland wie Tiere behandelt. Das ist unter der Menschenwürde“. Er führt seinen Hungerstreik weiter, nicht für sich selbst, sondern für die Rechte aller Flüchtlinge. Er berichtete von einem weiteren Fall, der sich am 2. Mai zutrug. An diesem Tag soll der Asylbewerber Michael Forku ebenfalls in der Ausländerbehörde Oberhavel ohne Ankündigung „gefesselt, auf den Boden geworfen und wie ein Hund vor den Augen seines adoptierten Kindes rausgeschleppt und in den Abschiebeknast gebracht“, so Nso. Michael Forku ist seitdem in Haft.
Während seiner Rede forderte der Aktivist die Abschaffung der Residenzpflicht und des Gutscheinsystem für Asylbewerber_innen und forderte gleiche Rechte für alle Flüchtlinge.
Die Teilnehmer_innen jubelten: „Say it loud, say it clear, refugees are welcome here!“.
Nach ihm sprach der Vorsitzende des Ausländerausschusses des Kirchenkreises, Pfarrer Johannes Kölbel, der allen für ihr Engagement dankte, einschließlich Gott. Florence Sissako von der Flüchtlingsinitiative Brandenburg kündigte eine weitere Kundgebung am kommenden Dienstag, den 16. Mai um 16.30 Uhr vor dem Landratsamt Oranienburg an. Dann vielleicht mit mehr Teilnehmenden.
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