Die in Hennigsdorf, in der Gemeinschaftsunterkunft Stolpe-Süd untergebrachten Flüchtlinge stehen seit 4 Wochen unter Quarantäne. Heute am 12.05.2020 sollte diese offiziell für alle vorbei sein, jedoch wurde sie erneut bis zum 21.05. verlängert. Diejenigen, die positiv getestet waren, konnten bereits am 05.05. die Quarantäne verlassen.
Nachdem bei den ersten Testungen im April bereits 68 Bewohner_innen positiv auf Covid ‑19 getestet wurden, sind jetzt erneut 17 weitere der ca. 300 aktuell anwesenden Bewohner_innen positiv getestet worden.
Für uns ist das keine Überraschung, denn seit Ausruf der Pandemie, sagen wir, dass die Gemeinschaftsunterkünfte für Flüchtlinge Brutkästen des Virus sind, da dort die physischen Distanz-Regelungen aufgrund der engen geteilten Zimmer, sowie den Gemeinschaftsräumen wie Bäder und Küchen, nicht umsetzbar sind.
Wir stehen in engem Kontakt mit den dort lebenden Flüchtlingsfrauen und sie berichteten uns von den katastrophalen Zuständen dort: Besuchsverbot, große Präsenz der Bundespolizei, kein Internet, Isolation durch Quarantäne.
Aufgrund des Ausgangsverbots haben die Bewohner_innen eine Einkaufsliste bekommen, auf der sie ankreuzen können, welche Lebensmittel sie benötigen. Neben einigen Lebensmitteln und Waschpulver gibt es jedoch keinerlei Sanitär-/ Hygieneartikel, die für Frauen und Kinder notwendig und ein normaler Bestandteil ihres Einkaufes sind. Die Frauen berichteten, dass ihnen Damenbinden, Babywindeln, Seife und Mundschutz fehlen.
„Das von den Frauen zu hören, hat uns sehr gestört und verärgert, vor allem weil es jeweils zwei Zigaretten- und Biersorten gibt, aus denen man wählen kann. Deshalb haben wir uns entschieden, diese Sachen für die Frauen und Kinder zu besorgen und ihnen zu bringen“, so Madeleine Mawamba von Women in Exile e.V.
Als wir ihnen dies am letzten Freitag, den 8.5.2020 überbracht haben, haben sie sich sehr gefreut.
Nach Absprache mit dem dortigen Security Personal haben wir zum Abschluss ein Solidaritäts-Foto mit den Frauen drinnen und draußen sowie unseren Nachrichten und Wünschen gemacht und als wir aufbrechen wollten, mussten wir fest stellen, dass die dortige Polizei uns den Weg versperrte. Das hat uns sehr überrascht, denn wir hatten alle Mundschutz auf und haben die 1,5m Abstandregelung eingehalten. Sie warfen uns vor eine unangemeldete Demonstration abgehalten zu haben und nahmen unsere Ausweise zur Identitätsfeststellung und unsere Bilder, die wir als Grüße für die Frauen mitgebracht hatten, als Beweismittel mit. Dies zog sich über zwei Stunden hin. Wir wurden beschuldigt gegen das Versammlungsgesetz verstoßen zu haben und zum Schluss bekamen wir einen Platzverweis bis zum nächsten Morgen und sollen nun auf Post warten.
Diese Kriminalisierung von Solidarität erleben wir zur Zeit vermehrt. Auch vor anderen Lagern wie in Bad Belzig oder Doberlug-Kirchhain wurden solidarische Menschen, die den Flüchtlingen vor Ort geholfen haben von der Polizei gestoppt und verwarnt bzw. angezeigt.
Bei unserem Besuch dort haben wir erfahren, dass die Quarantäne für die dort lebenden Flüchtlinge ständig verlängert wird. „Es gibt Flüchtlinge, die bereits 2 mal negativ getestet wurden, aber dennoch in Quarantäne bleiben müssen und bleiben werden. Denn aufgrund der räumlichen Enge und der Gemeinschaftsunterbringung besteht permanent die Gefahr der Neuinfizierung. Wenn nur eine Person neu infiziert ist, sind alle Bewohner_innen des Hauses Kontaktpersonen. Dies bedeutet, dass die Flüchtlinge in den Unterkünften dem Virus schutzlos ausgeliefert sind und mit der permanenten Verlängerung der Quarantäne rechnen müssen. Bis jetzt sitzen die politisch Verantwortlichen alle Forderungen nach einer Änderung der Wohnbedingungen aus. Zunehmend müssen die Gerichte die Verwaltungen zwingen, zum Schutz der Betroffenen tätig zu werden und eine anderweitige, weniger gefährliche Unterbringung bereitzustellen.“, so der Flüchtlingsrat Brandenburg.
Wir fordern die dort lebenden Flüchtlinge in sichere Räume zu transferieren, wo sie die physischen Distanz-Regelungen einhalten können. Geeignet dafür sehen wir die zur Zeit leer stehenden Ferienwohnungen und Hotels. Dies ist ein wichtiger Schritt, um eine Massenkatastrophe zu verhindern.
Außerdem zeigt uns diese Erfahrung wiedermal, dass unsere Forderungen nach „Keine Lager für Frauen und Kinder! Alle Lager abschaffen!“ brandaktuell und höchst relevant sind!