Der Arbeitskampf der Busfahrer des Eisenhüttenstädter Personennahverkehrs (EPNV) nimmt verschärfte Formen an.
Die Geschäftsführung hat den Arbeitnehmern inzwischen eine Aussperrung ausgesprochen. Außerdem erstattet die Geschäftsführung Anzeige bei der Polizei, nachdem ein Bus manipuliert und fahruntüchtig gemacht worden ist. Die Streikenden selbst wollen heute vor das Rathaus marschieren und ihren Protest kundtun.
Von Versöhnung zwischen Gesellschaftern, Geschäftsführung und Streikenden ist keine Spur. Die Fronten sind verhärtet. Walter Dudek will als Geschäftsführer des EPNV Anzeige bei der Polizei erstatten, nachdem an einem EPNV-Bus, der durch ein Subunternehmen am Busbahnhof abgestellt worden war, am Morgen mehrere Kabelverbindungen auseinandergezogen und Relais gelöst worden waren. „Es besteht der Verdacht, dass am Bus manipuliert wurde“, sagt Dudek. Die Gewerkschaft betont, damit nichts zu tun zu haben.
Die ersten Busse von Privatfirmen befahren inzwischen wieder einige Linien des EPNV, während dessen eigene Busse fast ausnahmslos im Depot stehen. „Die EPNV-Busse kommen hier nicht raus“, bestätigt Jens Gröger von der Gewerkschaft ver.di und signalisiert wiederholt seine Verhandlungsbereitschaft. „Wir sind nicht die Blockierer“, sagt Gröger und kündigt an, mit den 40 Streikenden heute gegen 10 Uhr vor das Rathaus ziehen zu wollen. Das Gewerkschaftsangebot mit 9,5 Prozent weniger Nettoeinkommen hält Gröger nach wie vor aufrecht. „Die Kollegen sind bereit, auf fünf Prozent ihrer Arbeitszeit zu verzichten, was auch fünf Prozent weniger in der Brieftasche ausmacht. Hinzu kommen 4,5 Prozent weniger durch den Spartentarifvertrag – das sind effektiv 9,5 Prozent und das ist unser Angebot“, sagt Gröger.
Bei ihren Berechnungen scheinen sich die strittigen Parteien nicht auf einen Nenner einigen zu können, denn auch Walter Dudek als Geschäftsführer hält zehn Prozent, ja selbst 9,5 Prozent Verzicht für verhandlungswürdig. „Aber die Gewerkschaft rechnet Zusatzurlaube, die es gar nicht mehr gibt, in Geld um und kommt so zu anderen Ergebnissen“, sagt Dudek. Er hat inzwischen eine unbefristete Aussperrung ausgesprochen und wartet nun auf eine Reaktion seitens der Gewerkschaft.
Die Kunden des EPNV zeigen bislang größtenteils Verständnis für die Kampfmaßnahme. „Für die, die auf den Bus angewiesen sind, ist es natürlich schlecht“, sagt Rita Arendt, findet den Streik an sich aber schon in Ordnung, wenn er denn angekündigt worden wäre. Rita Arendt nutzt die gut ausgelastete City-Linie 2, die sie am Donnerstag vom Busbahnhof in den VII. Wohnkomplex bringt. Viele andere, vornehmlich ältere Frauen, steigen am Busbahnhof zu und debattieren zuvor darüber, ob es nicht angenehmer gewesen wäre, sich zu dritt ein Taxi zu ordern. Am Steuer des MAN-Busses sitzt Unternehmerin Angelika Kussatz. „Steigen Sie hier vorn aus, die hintere Tür streikt“, ruft sie freundlich den Fahrgästen zu, die den Bus verlassen wollen und sorgt angesichts der Wortwahl für Heiterkeit. Sie selbst streikt nicht. Die Firmenchefin, die mit ihren Mitarbeitern seit elf Jahren u.a. Behindertentransporte übernimmt und auch eine Linie für den EPNV fährt, ist für ihren Angestellten eingesprungen, der von den Streikenden eingeschüchtert worden sein soll. Verständnis für den Streik hat sie nur bedingt. „Natürlich ist es ärgerlich, wenn man plötzlich weniger verdient, aber ich kann meinen Leuten auch keinen Tarif und schon gar kein Weihnachtsgeld zahlen.“ Auch darüber diskutiert sie in den kurzen Pausen am Busbahnhof mit den Gewerkschaftsvertretern, die ihr ins Gewissen reden wollen. Doch streiken kommt für die Geschäftsfrau und Busfahrerin nicht in Frage: „Ich kann doch die EPNV-Geschäftsführung jetzt nicht hängen lassen. Dann bin ich raus aus dem Geschäft“, sagt sie.
Detaillierte Informationen zum Fahrplan des EPNV gibt es unter der Rufnummer (03364) 40 26 11
Freitag, 14. Februar 2003 (08:39 Uhr)