Am 10.02. fand vor dem Amtsgericht Potsdam der nunmehr 6. Verhandlungstag im Prozeß wegen
Übler Nachrede gegen den Kampagne-Aktivisten Lutz Boede statt. Noch immer geht es um Vorwürfe, die in den PNN gegen die Polizei erhoben wurden, nachdem sie das zuvor von
Hertha-Fans und Nazis angegriffene Wohnprojekt in der Babelsberger Breitscheidstr. 6 am 25.8.01 gestürmt und regelrecht geplündert hatte.
Nachdem das Gericht inzwischen als wahr unterstellt, daß die Polizei Musikanlagen zerstört und das Haus verwüstet hat, dreht sich die Beweisaufnahme nun vor allem um
die Frage, ob Polizisten auch Getränke und Bargeld gestohlen und in Polstermöbel gepinkelt haben.
Der 6. Verhandlungstag war sicher einer der bislang bizarrsten. Gleich 16 Polizisten drängten sich im Flur. Grund dafür war der Umstand, daß die Richterin den Antrag der Verteidigung, eine Liste der eingesetzten Polizisten erstellen zu lassen, zuvorkommend in eine pauschale Einladung an alle eingesetzten Beamten umgewandelt
hatte. Die meisten Polizisten waren nicht einmal im Haus gewesen. Wer dies dennoch aussagte, wurde kurz und bündig gefragt: “Haben Sie Getränke getrunken, die Ihnen
nicht gehörten? Haben Sie Geld geklaut? Haben Sie in Polstermöbel uriniert?” Nach den einhelligen Verneinungen hatte die Richterin keine Fragen mehr. Die 16
Polizisten wurden im Schnelldurchlauf abgearbeitet, weil “die Wache Babelsberg ihre Leute wieder zurückbraucht”. So blieb noch Zeit für eine zweite große Panne bei der Vorführung der Videos. In den vorigen Verhandlungstagen war ein offensichtlich geschnittenes Videoband gezeigt worden, das die von den Polizeieinsatzhundertschaften angefertigten Videos zeigen sollte. Die vermeintlichen Originalkassetten aus den Polizeikameras befanden sich in der Akte. Die Richterin
war davon ausgegangen, daß diese nur 1:1 auf eine große Kassette überspielt wurden, die ja bereits vorgeführt wurde. Zu ihrer offensichtlichen Verblüffung zeigten die
nun auf Antrag der Verteidigung eingelegten Videos nur Szenen von Bauarbeiten im Ersatzojekt in der Zeppelinstraße, in das die Breiti inzwischen umgezogen ist.
Wie diese Aufnahmen in die Akte gekommen sind, blieb ebenso rätselhaft wie die Frage, wo denn die ungekürzten Originalaufnahmen geblieben sind.
Der nächste und vielleicht letzte Verhandlungstag findet am Mittwoch, dem 19.02.03 9.30 Uhr statt. Hier werden noch zwei unabhängige Zeuginnen, die die Festnahme vor
dem Haus beobachtet haben und der für die Durchsuchung verantwortliche Polizist
aussagen. Dann folgen die Abschlußplädoyers.