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Gedächtnisprotokoll einer Anwesenden

Infori­ot doku­men­tiert an dieser Stelle die Debat­te um einen in Pots­dam bekan­nt gewor­de­nen Verge­wal­ti­gungs­fall durch ein Mit­glied der F.A.U. Berlin und den Umgang damit. Der fol­gende Text ist das Gedächt­nis­pro­tokoll ein­er Frau, die bei dem Beken­nt­nis des Täters anwe­send war. Eine Stel­lung­nahme des Linken Bünd­nis Pots­dam hierzu find­est du
hier.

Eine Rep­lik der F.A.U. Pots­dam ist
hier zu finden.

Was vorge­fall­en ist 

Ein Genosse der FAU Berlin war auf ein­er Soli- Gala in Pots­dam am 31.10.06. Nach der
Gala saßen noch 5 Män­ner und eine Frau zusam­men und unter­hiel­ten sich über das
Pro­gramm. Dabei sagte euer Genosse plöt­zlich, dass er ein Verge­waltiger sei. […]
Alle waren schock­iert und sprachen sich in ihrer Weise mehr oder weniger gegen ihn
aus. Meine Reak­tion war, ihm zu sagen, dass mich dies anwidere. Ich sagte ihm weiter
(und auch allen anderen Anwe­senden!), dass ich von Män­nern erwarte, dass sie in der
Lage und wil­lens sind sich und ihr Ver­hal­ten zu reflek­tieren und das ich meinte, das
einzige was Mann zu so ein­er Tat in sein­er Lage sagen kön­nte wäre, dass Mann
(inzwis­chen) ver­standen hätte, wie abgrundtief falsch so ein Ver­hal­ten sei. Es sei
nötig sich klar davon abzu­gren­zen und es als “falsch” einzuord­nen. Ohne jeden
Ver­such der Ver­harm­lo­sung, der Vernebelung oder dem Suchen nach Entschuldigun­gen und
Erk­lärun­gen, die “ent­las­ten”.

Ich glaube er hat das nicht ver­standen (und vielle­icht auch die anderen nicht?).
Lediglich quit­tiert. Ich hoffte auf ein Missver­ständ­nis, …darauf, dass ich alles
falsch ver­standen hätte. Doch im Fol­gen­den ver­strick­te der Typ sich weit­er in den
Vor­fall. Er beschrieb die Verge­wal­ti­gung in Teilen. Wie die Frau deut­lich “Nein! ”
gesagt hätte, wie sie sich kör­per­lich gewehrt habe. Er suchte offen­sichtlich nach
Erk­lärun­gen, die sich für mich aber sehr nach Entschuldigun­gen anhörten: Das war
“das Tier in ihm”, er war” jung gewe­sen”, es war seine dama­lige Fre­undin, sie hätten
doch aus­gemacht, dass sie “es” nun endlich das erste mal tun woll­ten und dann habe
sie doch über­raschend „Nein“ gesagt, da habe er ein­fach “seinen Rhythmus
durchge­zo­gen” und “es wäre nicht so richtig schön gewe­sen”. Außer­dem zeige ein
anderes Beispiel sein­er Lebenser­fahrung in ein­er “Flirt­si­t­u­a­tion”, dass Frauen mit
“nein” manch­mal “Ja” mein­ten. Darüber hin­aus fing er an irgendwelchen Müll über wie
schwierig Jungfrauen seien zu erzählen. Er meinte, ich soll, wo ich doch Autorin
bin, mich nicht so haben, son­dern das ganze als Inspi­ra­tion benutzen und darüber
schreiben. Es war unglaublich absurd. 

Ich set­zte ihm auseinan­der, dass keine sein­er Entschuldigun­gen und Erk­lärun­gen in
irgen­dein­er Weise für mich rel­e­vant seinen. Dass sie seine Lage vielmehr
ver­schlim­merten, weil ich nicht erken­nen könne, dass er sich klar reflek­tiere und
posi­tion­iere oder dass es sich um ein Missver­ständ­nis han­deln würde. Es war nun
sich­er, dass es sich wed­er um ein Missver­ständ­nis oder eine interpretierbare
Wahrnehmung han­delte: Der Men­sch bezichtigte Sich überzeu­gend als Vergewaltiger! […] 

Später wurde gesagt “weit­ere Diskus­sio­nen führen jet­zt zu nichts und wir müssen alle
über die Sache noch ein­mal nach­denken und zum anderen Zeit­punkt darüber sprechen”,
da die Sache jet­zt zu emo­tion­al werde. Ich war ziem­lich vor den Kopf geschlagen.
Sollte ich jet­zt meine Posi­tion über­denken??? Sollte ich jet­zt unemo­tion­al und
sach­lich bleiben??? In dieser Sit­u­a­tion bröck­elte das Gefühl von Unter­stützung und
Parteilichkeit. Die Stim­mung war bren­zlig und anges­pan­nt. Kurz begann noch eine
Diskus­sion aufzu­flam­men, bei der es um den Zusam­men­hang zwis­chen Macht und
Verge­wal­ti­gung ging, denke ich. 

[…] Ich bin dann kurze Zeit später gegangen.

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