Der Saal des Eberswalder Familiengarten war gut gefüllt. 200 Menschen waren gekommen, um am Sonntag unter dem Titel „Durch Erinnerung zur Toleranz“ Amadeu Antonio zu gedenken. Die Stadt Eberswalde hatte gemeinsam mit lokalen Initiativen und der Amadeu-Antonio-Stiftung zu einer Festveranstaltung geladen. Am 12. August wäre der angolanische Vertragsarbeiter 50 Jahre alt geworden. Doch er starb am 6. Dezember 1990 an den Verletzungen, die ihm wenige Tage zuvor von rund 50 Nazis zugefügt wurden. Amadeu Antonio war eines der ersten Todesopfer rechter Gewalt nach der Wiedervereinigung.
Es sei ein „ambivalentes Gefühl“ den Geburtstag eines Toten zu begehen, meint Mohamed Hamdali, Begründer der Koordinierungsstelle für ein tolerantes Eberswalde. Doch es sei gut, gemeinsam den Geburtstag nach diesem tragischen Ereignisse zu gedenken, erklärt er. Auch Jone Munjunga, Vorsitzender des Afrikanischen Kulturvereins Palanca e.V., hätte seinem Freund gern am heutigen Tag viel Glück und Erfolg gewünscht. Munjunga war ein Arbeitskollege von Amadeu. Der Eberswalder Bürgermeister Boginski (FDP) erinnerte in seinem Redebeitrag an die Initiativen, die sich nach dem Tod von Amadeu Antonio gründeten, wie die Koordinierungtelle für ein Tolerantes Eberswalde. Einen demokratischen Aufbruch habe es nach dem Mord gegeben, meinte Boginski und fügt an: „Vielleicht fing die Wende in Eberswalde erst damit an.“
Nach der Festveranstaltung im Familiengarten kamen die Anwesenden an der Gedenktafel für Amadeu Antonio in der Eberswalder Straße an dem Ort zusammen, an dem Amadeu brutal zusammengeschlagen wurde. Nach kurzen Redebeiträgen von Palanca e.V., der Barnimer Kampagne „Light me Amadeu“ und dem Jugendbündnis „Für ein tolerantes Eberswalde (F.E.T.E.) wurde gemeinsam das Lied „We Shall Overcome“ gesungen. Das Lied stammt aus der schwarzen Bürgerrechtebewegung und sei ein Zeichen der Hoffnung und gegen Rassismus, hieß es in einem der Redebeiträge.
Amadeu-Antonio-Straße nur für diesen Tag
Zentrales Thema am Nachmittag war auch die geforderte Benennung einer „Amadeu-Antonio-Straße“. Seit über einem Jahr streiten in Eberswalde Initiativen und Stadtverordnete über die Umbenennung eines Teiles der Eberswalder Straße in „Amadeu-Antonio-Straße“. Palanca und „Light me Amadeu“ hatten Unterschriften für die Umbenennung gesammelt, mit dem Ziel an Amadeus 50. Geburtstag das Straßenstück offiziell umzubenennen.
In der Presse und in Internetbeiträgen wurde heftig über die Umbenennung gestritten, nicht selten mit rassistischen Untertönen. Es gründete sich eine Bürgerinitiative, die Unterschriften gegen eine „Amadeu-Antonio-Straße“ sammelte. Die Stadtverordneten, teils irritiert, teils von der Debatte eingeschüchtert, scheuten eine Entscheidung und einigten sich, bis November ein sogenanntes „Anti-Rassismus-Konzept“ auszuarbeiten. In dem Konzept soll eine würdige Erinnerungskultur bestimmt werden, meinte Bürgermeister Boginski im April diesen Jahres.
Die Befürworter_innen der Straße haben ihr Ziel, eine offizielle Umbenennung, nicht erreicht. Also wurde die Straße symbolisch am 12. August umbenannt. Jone Munjunga brachte das Schild an der Kreuzung Eberswalder Straße/Lichterfelder Straße an. Bereits im Jahr zuvor hatten die Aktivist_innen mit einer symbolischen Umbenennung auf ihr Anliegen aufmerksam gemacht. Ob eine Umbenennung der Straße im geplanten „Anti-Rassismus-Konzept“ vorgesehen ist, wird sich in den kommenden Wochen zeigen. Ein „wichtiges und richtiges Signal“ gegen Rassismus sei diese Straße, so die Befürworter_innen.
Wie umstritten das Thema ist, zeigte sich auch an der Trennung der Veranstaltungen an diesem Tag: Während die Festveranstaltung und das Gedenken an der Erinnerungstafel zum offiziellen Teil der Stadt gehörte, war die anschließende symbolische Umbenennung der Eberswalder Straße von Palanca, Light me Amadeu und F.E.T.E. organisiert. Eine Sprecherin der Initiativen verabschiedete sich am Ende des offiziellen Teils von jenen „die wegen terminlichen oder inhaltlichen Schwierigkeiten“ nicht bleiben können. Nachdem Eckhard Schubert, Stellvertreter der Stadtverordnetenversammlung die Veranstaltung offiziell beendete, gingen die Vertreter_innen der Stadt.
Die Straßenbefürworter_innen blieben. Auf T‑Shirts und Schildern brachten sie zum Ausdruck: „Die Amadeu-Antonio-Straße ist überall“.