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Gedenken oder ignorieren: Was tun mit dem Tag von Potsdam?

(Berlin­er Mor­gen­post, Dieter Weirauch und Dieter Salzmann)
Der Tag, an dem sich Hitler und Reich­spräsi­dent Hin­den­burg vor der Potsdamer
Gar­nisonkirche die Hand schüt­tel­ten, gilt als endgültiges Sterbe­da­tum der
Weimar­er Repub­lik. Am 21. März jährt er sich zum 70. Mal. In der Stadt
herrscht Unsicher­heit über den richti­gen Umgang damit.
Pots­dam — Die Wiederkehr eines für Pots­dam unseli­gen Datums steht
unmit­tel­bar bevor. Am 21. März 1933, vor 70 Jahren, arrang­ierten sich die
kon­ser­v­a­tiv­en Kräfte mit den wenige Wochen zuvor an die Macht gekommenen
Nazis bei dem vom Pro­pa­gan­damin­is­ter Goebbels insze­nierten «Tag von
Pots­dam», an dem zugle­ich die Weimar­er Repub­lik zu Grabe getra­gen wurde.
Der Umgang mit dem Tag heute ist prob­lema­tisch: Es gibt nichts zu feiern und
es beste­ht zudem die Gefahr, das die Recht­sex­tremen sich dieses Datum zu
eigen machen, ähn­lich wie sie an «Führers» Geburt­stag und am Todestag von
Rudolf Hess ihr braunes Süp­pchen kochen.
Entsprechend ger­ing ist offen­bar bish­er das Inter­esse, sich mit dem Tag zu
befassen. Das Pots­dam-Muse­um hat an diesem Fre­itag geschlossen — der ganz
nor­male Schließ­tag, heißt es, schließlich wolle man den Tag nicht
über­be­w­erten, obwohl im Foy­er eine kleine Infor­ma­tion­sausstel­lung zum Thema
gezeigt wird, sagt Muse­um­schef Hannes Wittenberg.
Die Stadtver­wal­tung selb­st hat sich erst spät Gedanken gemacht und überlässt
das Gedenken, zumin­d­est bish­er, ein­er Bürg­erini­tia­tive. Diese hat sich tief
in die Materie eingear­beit­et und will den Tag in ein­er Aktionswoche um den
21. März in all seinen Facetten darstellen. An der Spitze dieser Bewegung
ste­hen der Stadtkirchenp­far­rer Mar­tin Vogel sowie der Kan­tor der
Niko­laikirche, Björn Wiede. Für Wiede ist der Jahrestag vor allem eine
Mah­nung daran, dass «eine demokratis­che Ver­fas­sung durch das Engage­ment, die
Wach­samkeit aber auch durch die Diszi­plin ihrer Bürg­er in die Balance
gebracht wird.» Er will zeigen, wie es geschehen kon­nte, dass diese Balance
1933 und zuvor aus dem Gle­ichgewicht geri­et. Die Ereignisse des 21. März
1933 erhiel­ten nach Mei­n­ung Wiedes eine so trau­ma­tis­che Bedeu­tung bis heute,
weil dieser Tag wie wirk­lich nur wenige das his­torische Beispiel des
Scheit­erns ein­er demokratis­chen Ver­fas­sung symbolisiere.
Dazu hat er ein fün­ftägiges Pro­gramm auf die Beine gestellt: Zeitzeugen
geben über den Tag Auskun­ft, Schüler set­zen sich in Pro­jek­t­wochen damit
auseinan­der, his­torische Fil­mauf­nah­men wer­den gezeigt und auf Podien
öffentlich diskutiert.
Brisanz birgt der so genan­nte Stadt­gang von der Niko­laikirche zum Standort
der Gar­nisonkirche am 21. März. Diesen Weg nah­men 1933 die neu gewählten
Reich­stagsab­ge­ord­neten nach einem Gottes­di­enst in der Niko­laikirche, um in
einem Staat­sakt in der Gar­nisonkirche zu ihrer ersten Sitzung
zusam­men­zutreten. Dort war man unter sich: Die SPD-Frak­tion war dem
Spek­takel fer­nge­blieben, die Mit­glieder der KPD-Frak­tion waren auf der
Flucht, im Gefäng­nis oder im KZ.
Die Brisanz, den Weg nachzu­vol­lziehen, sieht Wiede auch, meint aber, die
Demokratie dürfe ängstlichen Befürch­tun­gen nicht geopfert wer­den. «Für mich
bedeutet dieser Stadt­gang heute, dem, was in der Stadt war und ist,
nachzuge­hen und nicht hin­ter­herzu­laufen», sagt Wiede über den Programmpunkt.
Die Gefahr eines Miss­brauchs durch die Recht­sex­tremen sieht er nicht. Er
habe keine Erken­nt­nisse, dass Neon­azis im Anmarsch seien. Kämen sie doch,
sei das eine Auf­gabe für die Polizei. 

Gedenken in Brandenburg

So, 26.01, 11 Uhr, Bahn­hof­s­traße, Königs Wusterhausen

Gedenkkundge­bung an alle Opfer des Nation­al­sozial­is­tis­chen Ter­rors — Zum 70. Jahrestag der Machtüber­nahme Hitlers am 30. Jan­u­ar 1933. Ver­anstal­ter: Red Action KW mit Unter­stützung der DKP und PDS

Mi, 29.01., 18 Uhr, Bech­stein Gym­na­si­um, Erkner

“Antifaschis­mus-Gestern und Heute” — Infoabend wegen des 70. Jahrestags der Machtüber­nahme der Nazis.

Ref­er­enten: Fred Löwen­berg (Vor­sitzen­der Berlin­er Ver­band — Ver­fol­gte des Naziregimes), Wal­ter Sack (Mit­glied der Wider­stands­gruppe um Her­bert Baum), ein Ref­er­ent des Apabiz und ein aktiv­er Antifaschist. Aufruf hier (PDF-Datei, 5 KB)

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