Aber wer war Rolf Schulze?
Wenig ist über ihn bekannt. Er war ein stadtbekannter Obdachloser in Zossen und ist wiederholt Opfer von Gewalttaten (neo)nazistischer Skinheads gewesen. Am Abend des 7. November 1992 war er auf dem Schönefelder Bahnhof, als er auf die drei bekennenden (Neo)nazis Thomas S., Daniel K. und Marco W. traf. Diese kamen gerade aus einer Discothek und gingen mit Messern und Baseballschlägern bewaffnet „auf Patrouille“. Sie wollten „Penner verscheuchen“ und „Frust ablassen“. Sie lockten den Wohnungslosen in ein zuvor gestohlenes Auto und fuhren zum
Kolpinsee bei Lehnin (Potsdam-Mittelmark). Dort angekommen begann das langsame Sterben von Rolf Schulze. Er wurde durch Tritte und Schläge verletzt. Dann holten die Täter eine rund 5 kg schwere Propangasflasche aus dem Auto und schlugen damit auf ihr Opfer ein. Als nächstes zerrten sie den wehrlosen Mann in den See und hielten seinen Kopf zwischen drei und fünf Minuten unter Wasser. Schlussendlich übergossen sie Rolf Schulze mit Benzin und zündeten ihn an. Der Gerichtsmediziner konnte circa 30 Verletzungen, darunter Prellungen, Quetschungen und Platzwunden im Kopfbereich feststellen.
Die Identifizierung des Opfers nahm einige Tage in Anspruch und die Täter blieben flüchtig. Erst eine Woche
später konnte der erste, Ende November der zweite Täter gefasst werden. Anfang Dezember, nach einer bundesweiten Fahndung, stellte sich der dritte Jugendliche.
Die zwei 18jährigen und der 16jährige waren in der (neo)nazistischen „Nationalistischen Front“ in Ludwigsfelde und in der Wehrsportgruppe „Schönefelder Sturm“ organisiert und sind schon etliche Jahre im (neo)nazistischen Milieu aktiv. Sie wurden zu sieben und neun Jahren nach Jugendstrafrecht verurteilt. Nach dem Prozess verlieren sich ihre Spuren und es ist nicht bekannt, ob sie noch politisch aktiv sind.
Dem Opfer Rolf Schulze wurde seit seinem Tod wenig mediale Beachtung geschenkt. Das soll sich dieses Jahr ändern, so ist am 20. November um 18 Uhr auf dem Marktplatz in Lehnin eine Gedenkkundgebung geplant. Des Weiteren gibt es am 29. Oktober um 20 Uhr im Haus der Offiziere (HdO), im Rahmen der „Antifaschistischen Aktionswochen“, organisiert von der Brandenburger Antifa, in Brandenbug/Havel eine Informationsveranstaltung des „Antifaschistischen Presse- und Recherchearchivs Brandenburg/Havel und Potsdam-Mittelmark“ zu diesem Verbrechen mit dem Titel „Rolf Schulze – ein (fast) vergessener Mord“.
Unser Ziel auf lange Sicht ist es, ein regelmäßiges Gedenken durchzuführen und eine Gedenktafel zu initiieren, denn wir vergessen die Opfer (neo)nazistischer Gewalt nicht.
Niemand ist vergessen!