(Martin Klesmann) ORANIENBURG. Gut 3,7 Millionen Menschen haben in den vergangenen zehn Jahren
die brandenburgischen KZ-Gedenkstätten Sachsenhausen, Ravensbrück, das
einstige Zuchthaus in Brandenburg/Havel und die Todesmarsch-Gedenkstätte im
Belower Wald besucht. “Dies ist durchaus relevant für die internationale
Bedeutung Brandenburgs”, sagte Günther Morsch, der Direktor der Stiftung
Brandenburgische Gedenkstätten, am Donnerstag in Oranienburg.
Nach Ansicht Morschs haben sich die ostdeutschen Gedenkstätten in den
letzten zehn Jahren sogar zum Motor einer neuen Erinnerungskultur
entwickelt. Endlich hätten alle Opfer Erwähnung gefunden — auch die
Kriegsgefangenen, die Homosexuellen und die Opfer des Stalinismus nach 1945.
Von neuer Qualität sei auch, dass die Gedenkstätten nach der Wende als
zeithistorische Museen konzipiert worden seien, sagte Morsch. Überreste des
Lagers seien freigelegt, saniert und bewahrt, insgesamt rund 25 Millionen
Euro verbaut worden. Anders in der alten Bundesrepublik, dort sei etwa ein
erheblicher Teil des KZ Flossenbürg nach 1945 abgerissen worden. Zudem habe
die Stiftung zeitgenössische Gegenstände von Überlebenden der Lager
gesammelt. Und auch die wissenschaftliche Forschung vor Ort sei wieder
möglich. Anders als zu DDR-Zeiten: “Damals hat das Zentralkomitee sogar
beschlossen, dass in Ravensbrück und Sachsenhausen nicht geforscht werden
darf.”
In der DDR seien die Gedenkstätten als “Tempel des Antifaschismus” ohnehin
politisch instrumentalisiert worden. Spätfolge dieser “Erblast des
DDR-Antifaschismus” sei, dass heute noch die Opfer des sowjetischen
Speziallagers in Sachsenhausen “pauschal als Nazis diskriminiert” würden.
Morsch forderte zugleich ein stärkeres Engagement der Gesellschaft gegen den
Rechtsextremismus im Land. Im September 2002 hatten Rechtsextremisten einen
Brandanschlag auf die Todesmarsch-Gedenkstätte Belower Wald bei Wittstock
verübt. “Wir haben dafür gesorgt, dass dieser aktive Gedenkort nicht
geschlossen werden musste.”
Derzeit bereitet die Stiftung eine Ausstellung über politische Häftlinge in
Sachsenhausen vor, die in den Nachkriegsjahren höchste politische Ämter in
Europa ausfüllten. Im früheren Frauen-KZ Ravensbrück stehen 2004 die
SS-Aufseherinnen im Mittelpunkt einer Ausstellung.
Morsch zeigte sich zuversichtlich, dass seine Stiftung trotz der leeren
Landeskasse von Sparmaßnahmen verschont bleibt. Seit Jahren erhält die
Stiftung jährlich rund 5,3 Millionen Euro, jeweils zur Hälfte von Land und
Bund.
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