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Antifaschismus

Gedenktafel für Emil Wendland

Neu­rup­pin — Ursprünglich trat unsere Kam­pagne “Nie­mand ist vergessen 2012? mit dem Ziel an, eine Straße in Neu­rup­pin nach Emil Wend­land umzube­nen­nen. Nach ver­schiede­nen Diskus­sio­nen mit Anwohner_Innen, Vere­inen und poli­tisch Ver­ant­wortlichen wurde uns klar, dass diese Forderung auf ver­schiedene Wider­stände stoßen würde – dabei ging es weniger um den Fall von Emil Wend­land selb­st, als vielmehr um vol­lkom­men andere Befindlichkeiten.

Da uns aber wichtig ist, einen Ort der Erin­nerung an den Mord an Emil Wend­land in Neu­rup­pin zu schaf­fen, ist für uns die Errich­tung ein­er Gedenk­tafel im Neu­rup­pin­er Rosen­garten ein guter Kompromiss.

Unser Wun­sch­text für eine solche Tafel wurde von ein­er inter­nen Arbeits­gruppe entwick­elt und lautet:

Am 01. Juli 1992 wurde an dieser Stelle Emil Wend­land von mehreren Neon­azis bru­tal ermordet.

Emil Wend­land, damals obdach­los, wurde Opfer ein­er Ide­olo­gie, in der es keinen Platz für Men­schen gibt, die als ver­meintliche Schmarotzer ange­se­hen und daher als “unwertes Leben” wahrgenom­men werden.

Obdachlose sind die zweit­größte und am wenig­sten anerkan­nte Opfer­gruppe von recht­en Über­grif­f­en. Die Tat­sache, dass Men­schen auf der Straße leben müssen, während Häuser leer­ste­hen, ist ein Beweis für die soziale Kälte dieser Gesellschaft. Es liegt an jed­er und jedem von uns, für eine men­schen­würdi­ge Welt einzutreten.

Nie­mand ist vergessen – 01. Juli 2012

Wichtig ist uns in diesem Zusam­men­hang auch, einen größeren Fokus auf die Umstände des Todes von Emil Wend­land zu richt­en. Natür­lich wurde er von (Neo)Nazis bru­tal ermordet, aber eben jene (Neo)Nazis fühlten sich nur als Voll­streck­er eines weit ver­bre­it­eten, sozial­dar­win­is­tis­chen Welt­bildes, das in “wertes” und “unwertes” Leben ein­teilt. “Wer nichts leis­tet, ist auch nichts wert”. Eben dieses Welt­bild wollen wir angreifen und dekonstruieren.

Das sozial Aus­ge­gren­zte über­haupt als Störung wahrgenom­men wer­den, ist an sich schon kri­tisierenswert – die Diskri­m­inierung schafft sich so die Selb­st­bestä­ti­gung! Doch:

Alko­holis­mus ist eine Krankheit – Betrof­fene müssen Hil­fe erfahren und dür­fen nicht gesellschaftlich aus­ge­gren­zt werden!

Obdachlosigkeit ist kein Schick­sal, son­dern Aus­druck sozialer Aus­gren­zung im Kap­i­tal­is­mus. Es ist eine bewusst getrof­fene Entschei­dung, bedürfti­gen Men­schen Woh­nun­gen vorzuen­thal­ten, obwohl es Leer­stand gibt. Für uns ist dieser Zus­tand ver­brecherisch, genau­so wie die Tat­sache, dass Woh­nun­gen über­haupt als Pri­vateigen­tum existieren und aus welchen Grün­den auch immer ein­fach leer ste­hen, obwohl Men­schen auf der Straße leben müssen. Hier wird der pri­vate Prof­it Einzel­ner über men­schliche Bedürfnisse und let­ztlich auch über Men­schen­leben gestellt!

Gewalt gegen Obdachlose ist in den meis­ten Fällen faschis­tis­che Gewalt gegen Men­schen die nahezu schut­z­los sind. Es geht den Tätern meist um eine “Säu­berung” der Gesellschaft von “Schädlin­gen und Schmarotzern”. Wer die Parole “Nie wieder Faschis­mus” wirk­lich ernst nimmt weiss, dass der Kampf gegen Nazis bere­its damit begin­nt, den Faschis­ten eine ihrer ide­ol­o­gis­chen Grund­la­gen zu entziehen: Beim Kampf für soziale Sicher­heit und gegen Aus­gren­zung, für bezahlbare Woh­nun­gen und gegen Leer­stand und für Sol­i­dar­ität mit allen an den Rand gedrängten Menschen!

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