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Antifaschismus

»The harder they come, the harder they fall«

Am Sam­stag, den 12. Mai soll in Cot­tbus der zweite (Neo)-Naziaufmarsch des Jahres 2012 stat­tfind­en. Schon im Feb­ru­ar wur­den die Neon­azis mit hefti­gen Protesten und Block­aden kon­fron­tiert, wodurch ihr Aufzug nur mit langer Ver­spä­tung und deut­lich ver­ringert­er Teil­nehmerzahl die Abschlusskundge­bung erre­ichte. Schon damals kün­de­ten regionale Neon­azis trotzig einen erneuten Ver­such an. Jet­zt ist bekan­nt, dass die NPD-Bran­den­burg und „Freie Kräfte“ am 12. Mai ab 12 Uhr vom Haupt­bahn­hof aus durch die Cot­tbuser Innen­stadt marschieren wollen. Anlass dafür ist die bun­desweite „Raus-aus-dem-Euro-Kam­pagne“ der NPD. Von Seit­en des Bünd­nis „Cot­tbus Naz­ifrei!“ sind wieder Block­aden angekündigt.

Die ras­sis­tis­che Kam­pagne führte bish­er durch einige kleinere bran­den­bur­gis­che Städte. Dies gelang bish­er kaum. Mehrere Aufmärsche kon­nten mit­tels zivilen Unge­hor­sam und entschlossen­em Han­deln erfol­gre­ich ver­hin­dert wer­den. An diese Erfolge wollen wir anknüpfen. Cot­tbus ist die zweit­größte Stadt Bran­den­burgs und somit ein rel­e­van­ter Auf­marschort. In den let­zten Jahren wurde den Neon­azis kon­se­quent Wider­stand ent­ge­gengestellt und für viel Frus­tra­tion gesorgt. Lasst uns gemein­sam auch am 12. Mai auf die Straße gehen! […]

„Raus aus dem Euro“? Ras­sis­tis­che Het­ze und reak­tionäre Demagogie

Neon­azis ver­suchen in Zeit­en der Krise auf Äng­ste und Gefüh­le der Men­schen in prekären Ver­hält­nis­sen ein­fache Antworten auf kom­plexe Zusam­men­hänge zu geben. Mit plat­ten Parolen wird ver­sucht sich als die einzige Lösung für den Ausweg aus der Krise darzustellen. Die aktuelle Kam­pagne der NPD the­ma­tisiert die „ökonomis­che Krise der Europäis­chen Län­der“ und dessen Auswirkun­gen auf Deutsch­land. Sie wollen nicht „Zahlmeis­ter Europas sein“ und fordern ein „Nein zur EU-Diktatur“.

Jedoch wird die „Soziale Frage“ immer unter dem völkischem Aspekt gestellt und reak­tionär beant­wortet. Es geht hier­bei nicht um einen glob­alen Lösungsansatz der wieder­aufkehren­den kap­i­tal­is­tis­chen Krisen son­dern um eine Vor­ma­cht­stel­lung des deutschen Mark­tes im kap­i­tal­is­tis­chem Wet­tbe­werb. Die rechte Kam­pagne fordert die deutsche Wirtschaft und das eigene Volk, gegenüber anderen, zu ret­ten. Dabei ste­ht der Erhalt der „nationalen Iden­tität“ im Vorder­grund. Nur mit europäis­chen Staat­en, die „von ihrer Men­tal­ität her zusam­men­passen“ und ökon­imisch trag­bar sind, soll kooperiert wer­den. Kap­i­tal­is­tis­che Krisen­poli­tik soll also mit ein­er anderen autoritären Krisen­lö­sung, nach ras­sis­tis­chen Denkmustern, erset­zt wer­den. Denn nur Staat­en mit der­sel­ben Kul­tur, Sprache und Iden­tität sollen sug­gerieren und „der Rest“ seien „Schulden­mach­er“ und die Ursache der aktuellen Krise. Solche Ausle­gung impliziert die Annahme das nur dem deutschen und „deutschähn­lichen“ Völk­ern eine Zukun­ft berechtigt wird.

Quan­tität statt Qual­ität — „NPD-Kreisver­band Lausitz“

Nach den Kom­mu­nal­wahlen in Bran­den­burg 2008 rück­te Süd­bran­den­burg und beson­ders Cot­tbus in den Fokus rechter Aktiv­itäten des regionalen Kreisver­ban­des der NPD. Neben dem alt­bekan­nten Neon­azi Frank Hüb­n­er erhielt auch der jün­gere NPD-Funk­tionär Ron­ny Zasowk einen Platz im Abge­ord­neten­haus der Stadt. Hüb­n­er sorgte Anfang Feb­ru­ar für einen Eklat im Cot­tbuser Rathaus. Im Laufe ein­er Unterze­ich­nung eines bürg­er­lichen Aufrufs zu Protesten gegen den geplanten „Trauer­marsch“ der NPD, zeigte er den Hit­ler­gruß. Somit verdeut­lichte Hüb­n­er erneut seine poli­tis­che Nähe zur faschis­tis­chen Ide­olo­gie und unter­strich den wahren Charak­ter des Auf­marsches. Während sich Hüb­n­ers inhaltliche Arbeit eher auf Pro­voka­tion begren­zt, ist der zweite NPD-Stadtverord­nete, Ron­ny Zasowk, dabei partei­in­tern Kar­riere anzustreben.

Als Kreisver­band­vor­sitzen­der ist er mit­tler­weile eine wichtige Schlüs­selfig­ur in ost­deutschen Bun­deslän­dern. Er set­zt auf Aktio­nen im öffentlichem Raum und deren the­o­retis­che Unter­malung. Als Ini­tia­tor viel­er NPD Ver­anstal­tun­gen im Süden Bran­den­burgs ver­sucht er mit Aufmärschen, Infos­tän­den und geschlosse­nen Ver­anstal­tun­gen wie Stammtis­chen und Schu­lun­gen den Kreisver­band am Leben zu hal­ten und per­son­ell auszubauen. Unter­stützung erhält er dabei von mil­i­tan­ten Neon­azis die meist in „Freie Kräfte“-Strukturen einge­bun­den sind. Diese ver­suchen eine „Anti-Antifa“-Arbeit aufzubauen, um poli­tis­che Geg­n­er einzuschüchtern. Jedoch scheit­ert Zasowk an der Res­o­nanz sein­er Arbeit. Kaum wer­den seine recht­en „Events“ von Sympathisant_Innen wahrgenom­men noch erhält Zasowk Zus­pruch für seine Aufrufe außer­halb seines poli­tis­chen Teller­ran­des. Gescheit­ert ist der NPD-Kreisver­band auch bei dem Ver­such eine Immo­bilie in der Lausitz zu kaufen. Auf­grund erfol­gre­ich­er Inter­ven­tion ent­stand kein „Nationales Zen­trum“. Den­noch beste­hen Räum­lichkeit­en auf einem Dorf nahe Cot­tbus welche für Schu­lun­gen etc. genutzt werden.

Vor dem Hin­ter­grund der aus­bleiben­den Erfolge und den (teil)-blockierten Aufmärschen 2011 und 2012 will die NPD in Cot­tbus jet­zt in die Offen­sive gehen. Sie ver­suchen einen „Auf­schwung“, um die Szene weit­er mobil­isieren und insze­nieren zu kön­nen. Die Kam­pagne „Raus aus dem Euro“ und die mit ihr im Zusam­men­hang ste­hen­den Klein­ver­anstal­tun­gen wie Infos­tände, Mah­nwachen und auch der Auf­marsch durch Cot­tbus sollen also die neon­azis­tis­che Partei-Poli­tik in Bran­den­burg voran bringen.

Zwis­chen Ille­gal­ität und Insze­nierung: “Wider­stands­be­we­gung Südbrandenburg”

Neben par­la­men­tarischen Neon­azis existieren in Süd­bran­den­burg seit mehreren Jahren aktive neon­azis­tis­che Grup­pierun­gen jen­seits von Partei-Struk­turen. Zwar sind teil­weise per­son­elle Über­schnei­dun­gen festzustellen, jedoch gren­zt sich der „harte Kern“ von der NPD ab. Symp­to­ma­tisch hier­für ist das Neon­azi-Net­zw­erk „Spreelichter“, das maßge­blich vom langjähri­gen Neon­azi Mar­cel Forstmeier aus Lübbe­nau getra­gen wird. Die „Spreelichter“ ver­suchen Neon­azis aus (Klein-)Städten zu bün­deln und zu „Aktion­s­grup­pen“ zu organ­isieren. Es beste­hen mehr oder weniger aktive Grup­pen in Vetschau, Sen­ften­berg, Fin­ster­walde, Sprem­berg und Cot­tbus. Die Städte Lübben und Lübbe­nau wer­den von Forstmeier selb­st koordiniert.

Inhaltlich beschäfti­gen sich die Grup­pen unter dem „Spreelichter“-Label mit klas­sis­chen neon­azis­tis­chen The­men. Mit neuen ras­sis­tis­chen For­mulierun­gen wird ver­sucht Immigrant_Innen zu drangsalieren, Geschicht­sre­vi­sion­is­mus in Form von Täter und Opfer Verkehrung zu betreiben und faschis­tis­chen Mörder_Innen helden­haft zu gedenken. Ein beson­der­er Schw­er­punkt der „Spreelichter“ bildet der Kampf gegen die Demokratie, dabei geht es stets um den „Tod des deutschen Volkes“. Dage­gen wird die „ras­sis­che Ein­heit“ unter dem „Nation­al­sozial­is­mus“ propagandiert.

Mit ihren Aktio­nen, die fast immer im ille­galen Bere­ich stat­tfind­en, machen die „Spreelichter“ bun­desweit auf sich aufmerk­sam. Trans­portiert wird die ras­sis­tis­che und NS-ver­her­rlichende Pro­pa­gan­da durch spon­tane Demon­stra­tio­nen, Sprühereien, Aufk­le­ber- und Plakatk­le­berei etc. Vorzugsweise wer­den zur Agi­ta­tion auch „neue dig­i­tale Medi­en“ wie Social-Media-Plat­tfor­men genutzt. Das Net­zw­erk will dadurch eine Vor­re­it­er­rolle unter den parteiun­ab­hängi­gen Neon­azis einnehmen.

Lange Tra­di­tion: Rechte Gewalt und Lifestyle

Cot­tbus, eine Stadt die als „No-Go-Area“ für Alter­na­tive und Immigrant_Innen Schlagzeilen gemacht hat, ste­ht auf der Liste rechter Gewalt immer noch weit oben. Beson­ders das Jahr 2011 war geprägt von Über­grif­f­en auf Men­schen und Ein­rich­tun­gen die nicht in das Bild rechter Ide­olo­gie passen. Es gab Angriffe auf alter­na­tive Loca­tions in Cot­tbus, Sprem­berg und Forst. Die Über­griffe auf soziokul­turelle Zen­tren wer­den durch eine hohe Zahl ras­sis­tisch motiviert­er Über­griffe und offen­em All­t­agsras­sis­mus begleit­et. Oft müssen dunkel­häutige Men­schen bes­timmte Plätze der Stadt um Abend-Stun­den mei­den. Neben den Rand­bezirken wird auch die Innen­stadt häu­fig zum Ort rechter Gewalt.

In und um Cot­tbus gibt es eine bre­ite rechte Erleb­niswelt, die es Neon­azis erlaubt, ihren recht­en Lifestyle zu prak­tizieren. Nach­dem Neon­azi-Zen­tren in Sprem­berg und Lübben erfol­gre­ich geschlossen wer­den kon­nten, haben sich diese auf andere Sphären ver­lagert. Neon­azis­tis­che Ten­den­zen sind in Bere­ichen der Fußball-Fan­szene und im Kampf­s­port festzustellen. Durch Zusam­menge­hörigkeits­ge­fühl, ver­meintliche Kam­er­ad­schaft und eigen­er Bek­lei­dungs­marken wird Jugen­dar­beit betrieben und poli­tisch sozialisiert.

Zur recht­en All­t­agskul­tur gehören darüber hin­aus zwei neneon­azis­tis­che Läden. Mit­ten in der Innen­stadt existiert seit 2011 „Ose­berg“, ein Verkauf­s­laden der recht­en Marke „Thor Steinar“. Hier wer­den nation­al­sozial­is­tis­che und völkische Bezüge unter „trendi­gen“ Designs pop­ulär gemacht. Die kom­plette Band­bre­ite neon­azis­tis­ch­er Pro­pa­gan­da – von Kaf­fee­tasse bis zur raren Vinyl-Samm­ler­plat­te – bietet der Laden „The Dev­ils Right Hand Store“ in einen Hin­ter­hof. Mit dem zuge­höri­gen Musik-Label „Rebel Records“ wird nicht nur ein Onli­neshop, son­dern auch Band-Sup­port betrieben. Von der regionalen Band „Frontalkraft“ bis hin zu inter­na­tionalen Neon­azi-Bands wird pro­duziert, was die Szene ver­langt. Nach Infor­ma­tio­nen aus einem „Leak“ des inter­na­tionalen, recht­ster­ror­is­tis­chen Net­zw­erks „Blood and Hon­our“, sollen zwei Cot­tbuser Neon­azis aus dem besagten Umfeld bei dem in der BRD ver­boteten Net­zw­erk aktiv sein.

Linke Poli­tik vertei­di­gen — Neon­azis und Repres­sion entgegentreten!

Es ste­ht fest: In Süd­bran­den­burg agieren mehrere aktive Neon­azi­grup­pierun­gen, die zunehmend in die Offen­sive gehen. Dabei greifen sie auf eine etablierte rechte Erleb­niswelt und Infra­stuk­tur zurück. Kaum ein Monat verge­ht ohne rechte Ver­anstal­tun­gen oder Über­griffe. Die Präsenz neon­azis­tis­ch­er Pro­pa­gan­da steigt, vielerorts sind Aufk­le­ber oder Sprühereien zu sehen. Neon­azis wollen Cot­tbus nicht aufgeben und als „ihre“ Stadt erkämpfen.

Diese Tat­sachen zeigen ein­mal mehr wie notwendig antifaschis­tis­che Arbeit ist. Aktivist_Innen die sich entschlossen gegen rechte Ten­den­zen richt­en, wer­den seit­ens der Behör­den und hiesi­gen Polizei ver­mehrt krim­i­nal­isiert. Die Ein­schüchterung zwis­chen Neon­azis und Polizei funk­tion­iert wie Hand in Hand. Ob rechte Gewalt oder Strafanzeigen, Antifaschist_Innen sollen hand­lung­sun­fähig gemacht wer­den. Wir wer­den den Kopf nicht in den Sand stecken.

Wir sagen: Der rechte Höhen­flug muss ein Ende haben. In Zeit­en der ökonomis­chen Krise gilt es reak­tionär-ras­sis­tis­che Ide­olo­gien eben­so zu bekämpfen wie prügel­nde Neon­azis auf der Straße! Neben antifaschis­tis­chen Selb­stschutz, alter­na­tiv­er Kul­tur und the­o­retis­chen Beiträ­gen ist der Kampf gegen Nazis, Staat, Nation und Kap­i­tal aktueller denn je!

Wir wollen den öffentlichen Raum nicht den Neon­azis über­lassen! Cot­tbus soll keine Neon­azi-Home­zone wer­den. Kommt Alle zur Bünd­nis-Demo — Lasst uns gemein­sam am 12. Mai gegen ras­sis­tis­che Ide­olo­gie und Nazi­auf­marsch auf die Straße gehen! Die Neon­azis richtig ein­heizen! Nazi­auf­marsch sabotieren – block­ieren – verhindern!

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