11. Juni 2012 · Quelle: Flüchtlingsrat Brandenburg

Gegen das Gutscheinsystem in Oberhavel

Hennigsdorf - Wir gratulieren Tannaz Bidary und Patrick Kizito aus Hennigsdorf, die heute für ihr Engagement gegen das Gutscheinsystem in Oberhavel mit dem „Band für Mut und Verständigung 2012' ausgezeichnet werden.

Wir sehen diese Preisver­lei­hung nicht nur als Anerken­nung ihres Engage­ments, son­dern auch als Ermu­ti­gung für alle Flüchtlinge und Ini­tia­tiv­en in Ober­hav­el, die sich für eine sol­i­darische Gesellschaft ohne Ras­sis­mus einsetzen.

Eine der großen Stärken des Protests gegen das Gutschein­sys­tem in Hen­nigs­dorf waren die Kom­mu­nika­tions- und gemein­samen Lern­prozesse unter den beteiligten Akteur_innen. Sie schlossen dauer­hafte Bünd­nisse, in denen Flüchtlinge, die sich für ihre Rechte ein­set­zen, und Ini­tia­tiv­en, die sich seit Jahren für Flüchtlingsrechte engagieren, gemein­sam agieren und auf Augen­höhe zusam­me­nar­beit­en. Zum Beispiel in der Ini­tia­tive u.r.i., in der sich Tan­naz Bidary, Patrick Kiz­ito, andere Flüchtlinge und anti­ras­sis­tis­che Grup­pen gemein­sam gegen das diskri­m­inierende Gutschein­sys­tem engagieren.

Dies und die über­wälti­gende Unter­stützung, die der Boykott erfuhr, hat­te Auswirkun­gen im ganzen Land Bran­den­burg: Zum Beispiel starteten Flüchtlinge in Cot­tbus im Som­mer 2011 eine Unter­schrifte­nak­tion gegen das Gutschein­sys­tem, Flüchtlinge aus der Uck­er­mark, aus dem Land­kreis Ober­spree­wald-Lausitz und aus anderen Kreisen demon­stri­erten in Oranien­burg mit und zum Beispiel in der Uck­er­mark wurde mit Ver­weis auf die Proteste in Hen­nigs­dorf auf Bargeld umgestellt.
Dass aus­gerech­net Min­is­ter­präsi­dent Matthias Platzeck Bidary und Kiz­ito diese Ehrung über­re­icht, sehen viele Engagierte gegen das Gutschein­sys­tem als Ironie des Schick­sals: “Wir fra­gen uns oft, ob die Lan­desregierung außer Presserk­lärun­gen und ‘Empfehlun­gen’ nichts zur Abschaf­fung des Gutschein­sys­tems in Bran­den­burg beitra­gen kon­nte oder nicht wollte.” So Tobias Beck­er, von der Ini­tia­tive u.r.i. (Unit­ed against Racism and Iso­la­tion). “Wir hof­fen, dass die Lan­desregierung die Preisver­lei­hung zum Anlass nimmt, ihre halb­herzige Rolle zu über­denken und endlich Anstren­gun­gen untern­immt, durch einen ein­deuti­gen Erlass das Gutschein­sys­tem im ganzen Land abzuschaffen.”

Die Sit­u­a­tion in Ober­hav­el, in Havel­land und Ober­spree­wald-Lausitz, den let­zten drei Land­kreisen in Bran­den­burg, in denen noch Gutscheine aus­gegeben wer­den, doku­men­tiert aber auch die undemokratis­che Macht von Lan­dräten in Bran­den­burg. Absurd lange Amt­szeit­en bieten Men­schen wie zum Beispiel Lan­drat Schröter die Möglichkeit, sich eine loyale Ver­wal­tung aufzubauen und insti­tu­tionellen Ras­sis­mus in seinem kleinen Kön­i­gre­ich auszuleben. Für die ‘Ver­wal­tungskom­man­dan­tur’ in Oranien­burg scheint jed­er human­itäre Aufen­thalt eine per­sön­liche Nieder­lage zu sein, jede Abschiebung ein Erfolg.
Eine demokratis­che Zivilge­sellschaft muss solche Lan­dräte nicht nur abwählen. Sie muss auch auf eine demokratis­che Umgestal­tung der Kom­mu­nalver­wal­tung drän­gen, sowie – natür­lich – auf die Abschaf­fung des Asyl­be­wer­ber­leis­tungs­ge­set­zes. Bis dies erre­icht ist, wer­den Tan­naz Bidary und Patrick Kiz­ito, zahlre­iche Flüchtlingsaktivist_innen, Men­schen-und Bürg­er­rechtsini­tia­tiv­en und der Flüchtlingsrat Bran­den­burg sich weit­er für die Abschaf­fung des diskri­m­inieren­den Gutschein­sys­tems ein­set­zen. Nicht nur in den Land­kreisen, son­dern auch von der Lan­desregierung wer­den wir gemein­sam und laut fordern: Gutscheine abschaf­fen! Gle­iche soziale Rechte für alle !

Der Flüchtlingsrat hat anlässlich der Preisver­lei­hung eine Doku­men­ta­tion des Gutschein­boykotts her­aus­gegeben, die hier herun­terge­laden wer­den kann: http://www.fluechtlingsrat-brandenburg.de/materialienabschiebungen/leistungen/gutscheine

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