Potsdam — Man muss kein Freund von Uniformen sein, um an dem kleinen Reiseführer »Potsdamer Gehschichte – Eine Stadt und ihr Militär« Interesse zu finden. Inwieweit Soldaten die Entwicklung der Kommune prägten, lässt sich dort ganz gut nachlesen. Ein Beispiel: Da die meisten Soldaten sogar noch bis 1820 zur Untermiete in Bürgerhäusern wohnten, musste Potsdam erweitert werden, als der König die Bataillone der Leibgarde hierher holte. Große Kasernenanlagen entstanden erst später. In dem Buch erfährt man, welche Einheiten wann und wo untergebracht waren, etwa das Kavallerieregiment Garde du Corps, das bis zu seiner Auflösung 1919 eine in den Jahren 1891 bis 1893 errichtete Kasernenanlage an der Berliner Straße hatte.
Gut zu wissen auch, dass schon wenige Jahre nach der Eröffnung des Militärwaisenhauses, das heutzutage gelegentlich als Segnung gepriesen wird, die Insassen unter schlechter Ernährung litten. Es grassierten Krankheiten. Und 5 bis 15 Prozent der Kinder starben in jedem Jahr. Mit solcherlei Fakten ausgestattet, lässt sich trefflich manch Legende widerlegen.
Trotzdem ist das Buch mit einiger Vorsicht zu genießen, entspringt es doch einer bedenklichen Kooperation der Universität Potsdam mit dem Militärgeschichtlichen Forschungsamt. Die Verlegung des Forschungsamtes aus Freiburg im Breisgau nach Potsdam hatte 1992 der damalige Bundesverteidigungsminister Volker Rühe (CDU) angeordnet.
Nicht von ungefähr wird der umstrittene Wiederaufbau der Garnisonkirche im Vorwort indirekt unterstützt. Es sei tragisch und grotesk, dass die Nazi-Propaganda des »Tags von Potsdam« (Hitler schüttelt Hindenburg die Hand) bis heute nachwirke. Außerdem mahnt man tatsächlich, es solle nachdenklich stimmen , wenn Kommunalpolitiker fordern, Potsdam müsse wegen seiner Geschichte dauerhaft vom Militär befreit werden.
e Thomsen, Carmen Winkel (Hrsg.): »Potsdamer Gehschichte – Eine Stadt und ihr Militär«, be.bra-Verlag, 120 Seiten (brosch.), 9,90 Euro.