Ein Gespräch mit Karin Weber (Mitglied im Sprecherrat des Aktionsbündnisses gegen Naziaufmärsche und Heldengedenken in Halbe)
Am 11. März wollen Neofaschisten erneut im brandenburgischen Halbe marschieren. Um das zu verhindern, haben Mitglieder des Aktionsbündnis gegen Naziaufmärsche und Heldengedenken Strafanzeige gegen die Organisatoren gestellt. Worauf bezieht sich die Anzeige?
Anmelder des Neonaziaufmarsches ist der »Freundeskreis Halbe«. Ebenso unverdächtig wie ihr Name klingt der formale Titel ihrer Veranstaltung. Das Motto lautet »Die Vergangenheit strömt in hundert Wellen in uns fort«. Am sogenannten »Tag der Ehre« wollen sie angeblich der Gefallenen des Ersten Weltkrieges gedenken. Auf der Internetseite des Freundeskreises kann man dann aber Klartext lesen. Dort wird für den Aufmarsch mobilisiert, und es werden sogenannte Pflichtlieder festgelegt. Die Teilnehmer sollen diese Lieder auswendig lernen und singen können. Die Texte, die da gelernt werden sollen, erfüllen nach unserer Ansicht eindeutig den Tatbestand der Volksverhetzung.
Um welche Lieder handelt es sich?
Ich habe die Texte nicht parat, aber zumindest in einem Lied wird Bezug auf den Führer genommen. Es handelt sich um Landserlieder aus dem Jahr 1940, die den Krieg verherrlichen.
Das Polizeipräsidium Frankfurt/Oder hat den Neonaziaufmarsch allerdings schon Ende Februar erlaubt. Meinen Sie, daß die Strafanzeige dennoch ein Verbot erwirken kann?
Wir haben ja keine Schaufensteranzeige gestellt, sondern hoffen natürlich, daß das Gericht den Sachverhalt gründlich prüft. Unserer Meinung nach liegt darin ein Grund, den Aufmarsch zu verbieten. Sein Charakter wird durch das Liedgut, das von den Teilnehmern erlernt und wiedergegeben werden soll, eindeutig belegt.
Erlaubt ist bisher auch eine antifaschistische Gegenkundgebung. Allerdings mit der Auflage, daß sie nicht dort stattfinden soll, wo die Neonazis sind.
Das ist richtig. Wir hatten eigentlich einen Teil der Lindenstraße, wo sich die Neonazis versammeln, für unseren Protest beantragt. Wir sind aber in eine Nebenstraße, die Schweriner Straße, verwiesen worden. Wir haben gegen diesen Bescheid Widerspruch eingelegt. Wir wehren uns auch gegen die Auflage, daß wir einen Abstand von mindestens 100 Metern zur Lindenstraße einhalten sollen. Das würde unser Recht, akustisch und optisch unseren Protest deutlich zu machen, erheblich einschränken.
Das letzte Mal haben die Neonazis im November letzten Jahres versucht, durch Halbe zu marschieren. Damals ist das in einem breiten Bündnis verhindert worden. Wie läuft die Mobilisierung jetzt?
Im November haben wir gemeinsam mit dem Landesbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit eine Meile der Demokraten mit einem großen Kulturprogramm auf der Lindenstraße organisiert. Zusätzlich gab es direkten Protest gegen den rechten Aufzug. Dieses Mal haben wir als lokales Aktionsbündnis eine Kundgebung angemeldet und auf den Festcharakter einer Meile der Demokratie verzichtet. Unsere Veranstaltung soll sich deutlich gegen die Neonazis richten und eine Gegenkundgebung zu ihrem Aufmarsch sein. An Breite verlieren wir dadurch nicht. In unserem Aktionsbündnis gegen Heldengedenken und Naziaufmärsche in Halbe sind alle demokratischen Parteien des Landkreises, viele Vereine und Bürgerinnen und Bürger vertreten.
Der Aufmarsch im November wurde durch eine Blockade verhindert. Ist ähnliches für den 11. März geplant?
Die Blockade im November war die Folge einer spontanen Demonstration. So etwas läßt sich vorab nicht planen. Man kann im Vorfeld auch nicht dazu aufrufen. Unser Aktionsbündnis will gewaltfrei und friedlich gegen die Neonazis protestieren. Wie sich der Tag konkret gestalten wird, hängt letztlich auch von den räumlichen Bedingungen ab, die wir haben werden. Das ist ja noch nicht vollständig entschieden. In jedem Fall rufen wir aber alle Brandenburgerinnen und Brandenburger auf, am 11. März nach Halbe zu kommen, und mit uns zu protestieren.