Bad Saarow (MOZ) Die Diskussion um die antisemitische Entgleisung des Saarower PDS-Vize-Bürgermeisters Dr. Bernd Gestewitz (53) hat jetzt auch strafrechtliche Konsequenzen: Ein anonymer Anrufer bedrohte am Sonnabend Elke Teske (63). Die Rentnerin und Vorsitzende des Saarower Vereins Kunstraum hatte in einem Leserbrief in der MOZ vom 2. September Gestewitz‘ Rücktritt gefordert.
“Ich war fassungslos, dass so etwas möglich ist”, sagte Elke Teske am Montag der MOZ. Gegen 10 Uhr habe ihr Telefon geklingelt: “Sind Sie der Schmierfink, der das über Gestewitz geschrieben hat?”, gibt sie die Worte des männlichen Anrufers, vermutlich mittleren Alters, wider. “Auf meine Frage nach dessem Namen kam zur Antwort: ‚Sie werden schon sehen, was Sie davon haben. Leute wie Sie hauen wir zusammen.‘”
Wie berichtet, hatte Bernd Gestewitz am 16. August im Gemeinderat seine besondere Verbindung zum Ortsteil Strand ausdrücken wollen, wo er 40 Jahre gelebt habe, “bis die Juden uns rausgeschmissen haben”. Diese Bemerkung ging in dem Gremium kommentarlos unter. Tage später distanzierte sich Bürgermeisterin Gerlinde Stobrawa (PDS), und Stellvertreter Gestewitz entschuldigte sich in aller Form. Während der nicht öffentlichen Gemeinderatssitzung am 30. August soll der Fall besprochen worden sein mit dem Fazit: ein schlimmer Fehler, na gut.
Elke Teske und ihr Kunstraum-Vorstandsmitglied Christian Pietà hatten in ihrem Leserbrief geschrieben: “Die nachgereichten Entschuldigungen und Erklärungen…, auch der Bürgermeisterin, sind beschämend und haben das Problem nicht aus der Welt geschafft. Im Interesse des Kurortes… muss Dr. Gestewitz zurücktreten. Vom Gemeinderat, einschließlich der Bürgermeisterin, ist eine entsprechende Aufforderung zu erwarten.”
Elke Teske hat den anonymen Anrufer angezeigt. Vielleicht sei so ein Vorfall auch deshalb erst möglich, weil noch niemand die jüdische Vergangenheit in Saarow aufgearbeitet habe. Gleichzeitig erinnert sie an eine Anmerkung aus dem Bürgermeister-Wahlkampf, wonach die Saarower in den 30er Jahren stolz gewesen seien, als einer der ersten Orte Deutschlands judenfrei zu sein. Bisher sind Grundstücke von 51 jüdischen Eigentümern in Bad Saarow rückübertragen worden, sagte gestern eine Sprecherin der Jewish Claims Conference auf MOZ-Anfrage.
Derweil versicherte Bürgermeisterin Gerlinde Stobrawa Elke Teske ihre “volle Solidarität”. “Sie hat ihre Meinung zum Auftreten eines Gemeindevertreters und über die Haltung der Bürgermeisterin geäußert, und dieses Recht hat ihr niemand zu verwehren.” Dr. Gestewitz habe eine Aussage getroffen, “die von allen Gemeindevertretern und mir aufs schärfste verurteilt wird”. Derweil weist die Bürgermeisterin darauf hin, dass die Gemeindevertretung die Entschuldigung angenommen habe, weil fast alle akzeptierten, “dass das nicht der Geisteshaltung von Dr. Gestewitz entspricht.”
Dr. Peter Grabley, Vorstandsmitglied des Kurort-Fördervereins, betont indessen: Mit der telefonischen Bedrohung “weitet sich der Eklat aus der Gemeinderatssitzung zu einem handfesten Skandal aus”. Grabley registriert, dass bis heute fast alle Gemeindevertreter in der Öffentlichkeit geschwiegen haben und auch die Erklärung der Bürgermeisterin anscheinend nicht ausreiche für eine gründliche Diskussion über Ursachen und Bedingungen der Rückgabe jüdischen Eigentums. “Nur eine Auseinandersetzung dazu wird weiter helfen, in der alle Gemeindevertreter und Parteien Position beziehen. Es ist ein Unterschied, ob ein anonymer Anrufer eine einzelne Leserzuschrift angreift oder mit der mehrheitlichen Meinung der Saarower Öffentlichkeit konfrontiert ist.”