Für das Jahr 2003 registrierte der Verein Opferperspektive bisher 116 gewaltsame Angriffe mit rechtsextremen oder fremdenfeindlichen Hintergrund in Brandenburg. 51
davon waren fremdenfeindlich motiviert, 53 richteten sich gegen nicht-rechte Jugendliche. Betroffen waren insgesamt 151 Opfer. Eine traurige Spitze mit 19 Angriffen verzeichnete der Landkreis Havelland, gefolgt von der Uckermark und der Stadt Potsdam mit jeweils 15 Angriffen. Besonders besorgniserregend ist die Serie von zehn Brandstiftungen an türkischen und vietnamesischen Imbissständen, deren ökonomische Existenz bedroht ist. Nicht einbezogen ist hier der Mord an einem Punk
in Frankfurt (Oder) am 29. März, bei dem auch das Gericht die Motivation der rechten Skinheads nicht klären konnte.
Die Frage, ob es im Jahr 2003 einen Anstieg oder eine Abnahme der rechten Gewalt gegenüber dem Vorjahr gab, ist nicht zu beantworten. Anfang Januar 2003 hatte die
Opferperspektive von 106 rechtsextremen Angriffen im Jahr 2002 gesprochen; später
wurden weitere 22 Angriffe bekannt. Doch ein detaillierter Vergleich der Angaben
beim LKA und bei der Opferperspektive ergab erhebliche Abweichungen. Von den 81 vom
LKA genannten waren der Opferperspektive 35 nicht bekannt. Umgekehrt fehlten auf der
Liste des LKA 73 Gewalttaten, die der Opferperspektive als rechtsextrem motiviert
eingestuft hatte, darunter auch mindestens zehn Angriffe, die der
Generalbundesanwalt als rechtsextrem bewertete.
Diese Abweichungen legen den Schluss nahe, dass beide Statistiken, die der
Opferperspektive und die des LKA, ein nur unzureichendes Abbild des wirklichen
Ausmaßes der rechten Gewalt in Brandenburg darstellen. Das LKA hat gegenüber der
Opferperspektive angekündigt, den Ursachen der Abweichungen auf den Grund zu gehen
und die von Karlsruhe als rechtsextrem eingestuften Angriffe erneut zu untersuchen.
Kay Wendel vom Verein Opferperspektive bemerkt dazu: “Die Zahl von 116 rechten
Gewalttaten im Jahr 2003 ist ein Indikator eines erschreckend hohen Levels der
Gewalt. Diese Zahl ist aber ein sehr unzuverlässiger Indikator. Sie sagt wenig aus
über das Ausmaß der Angst der Opfer, der Einschüchterung, die ganze Gruppen wie
Asylbewerber oder alternative Jugendliche befällt. Doch darin liegt das
Hauptproblem, in der alltäglichen Bedrohung und Ausgrenzung von Minderheiten. Nur
durch eine breite gesellschaftliche Solidarisierung mit den Opfern kann dem begegnet
werden.”