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Harter Kampf um Härtefälle

(MAZ, 10.07., Stephan Brei­d­ing) POTSDAM In Bran­den­burg ist nach der Entschei­dung des Bun­desrates zum
Zuwan­derungs­ge­setz erneut Stre­it um die Ein­führung ein­er Härte­fal­lkom­mis­sion ent­bran­nt. Bran­den­burgs Aus­län­der­beauf­tragte Almuth Berg­er und der recht­spoli­tis­che Sprech­er der PDS-Land­tags­frak­tion Ste­fan Sar­rach setzen
sich dafür ein und fordern zudem einen Abschiebestopp bei umstrit­te­nen Fällen bis Jahresende. 

Der Stre­it um die Grün­dung ein­er Härte­fal­lkom­mis­sion tobt schon seit Jahren.
Bis­lang hat­te Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm (CDU) dies mit Ver­weis auf die
fehlende Rechts­grund­lage abgelehnt. Laut Zuwan­derungskom­pro­miss haben die
Län­der nun die Möglichkeit, eine solche Kom­mis­sion einzuführen — wenn sie es
wollen. Der Innen­min­is­ter will nicht. Er begrüße zwar die neue
Härte­fall­regelung, auf deren Grund­lage man Einzelfal­l­entschei­dun­gen treffen
kann. Doch eine Kom­mis­sion sei unnötig, so Schön­bohm. “Ein solches
Mis­strauensvo­tum haben die Richter nicht ver­di­ent.” Diese wür­den bereits
jet­zt ver­ant­wor­tungsvoll über Einzelfälle entscheiden. 

Eine Absage erteilte das Innen­res­sort auch der Forderung nach einem
pauschalen Abschiebestopp. Das beste­hende Aus­län­derge­setz gelte weit­er, so
Min­is­teri­umssprech­er Wolf­gang Brandt, “und zwar bis zum 31. 12., null Uhr”.
Bis zum Jahre­sende werde man prüfen, ob die Kreise und kre­is­freien Städte
auch weit­er­hin für alle Aspek­te des Aus­län­der­rechts ver­ant­wortlich bleiben
sollen. 

Die schnelle Ein­führung ein­er Härte­fal­lkom­mis­sion scheit­ert nicht nur an
Schön­bohm, son­dern auch am Zeit­man­gel: Entsprechende Pläne habe man für
diese Leg­is­laturpe­ri­ode, die mit der Land­tagswahl am 19. Sep­tem­ber endet,
bere­its zu den Akten gelegt, so Regierungssprech­er Man­fred Füger. “Das wird
Gegen­stand von neuen Koali­tionsver­hand­lun­gen sein.” Allerd­ings habe
Min­is­ter­präsi­dent Matthias Platzeck (SPD) grund­sät­zlich sein Einverständnis
erklärt. 

Andreas Kuh­n­ert, aus­län­der­poli­tis­ch­er Sprech­er der SPD-Frak­tion, rechnet
fest mit ein­er Härte­fal­lkom­mis­sion. Schön­bohm habe die Ein­führung immer von
ein­er rechtlichen Grund­lage abhängig gemacht. “Und die gibt es jet­zt.” Und
falls es nach den Wahlen zu Rot-Rot kommt, “gibt es erst recht keine
Prob­leme”. Keine Prob­leme wird es auch mit den Grü­nen geben. Deren
Spitzenkan­di­datin für die Land­tagswahl, Cor­nelia Behm, forderte sog­ar, dass
die Vor­bere­itun­gen für die Ein­rich­tung ein­er Härte­fal­lkom­mis­sion sofort
begin­nen müssten. 

Im Land gebe es derzeit rund 7000 Asyl­be­wer­ber oder Flüchtlinge mit einer
Dul­dung, so die Aus­län­der­beauf­tragte Berg­er. Der im März von Kirchen,
Ver­bän­den sowie von SPD‑, PDS- und Grü­nen­poli­tik­ern gegrün­dete und von der
CDU kri­tisierte Härte­fall­beirat beschäftige sich derzeit mit zehn Fällen,
die “sehr unter­schiedlich gelagert” seien. Allerd­ings habe der Beirat nur
bera­ten­den Charakter. 

Härte­fal­lkom­mis­sio­nen gibt es derzeit in Berlin, Schleswig-Holstein,
Meck­len­burg-Vor­pom­mern und Nor­drhein-West­falen. Die Berlin­er Kommission
wurde 1990 ein­gerichtet. Deren Mit­glieder wür­den Empfehlun­gen abgeben, über
die dann die Innen-Sen­atsver­wal­tung entschei­de, so Sen­atsmi­tar­beit­er Michael
Ham­pel. Das Sys­tem habe sich bewährt, so Ham­pel. “Eine Kom­mis­sion kann sich
für Einzelfälle mehr Zeit nehmen als Gerichte oder die Ausländerbehörde.”
Die Erfol­gsquote: Für die Hälfte der jährlich etwa 100 Fälle find­et die
Kom­mis­sion eine Über­gangslö­sung, bilanziert Ham­pel, “und für zehn bis 15
Prozent gibt es sog­ar eine dauer­hafte Lösung”.

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