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Heimatblätter statt Bomberjacke und Springerstiefel


Fach­ta­gung in Neu­rup­pin wid­mete sich neuen Ten­den­zen im Rechtsextremismus /
Beispiele aus Wol­gast überzeugten

(MAZ, Andreas Vogel) NEURUPPIN Für Polizei, Behör­den und Schulen wird es immer schw­er­er, Recht­sex­treme zu
erken­nen. Denn Bomber­jacke und Springer­stiefel sind ein Auslaufmodell,
berichtete gestern Jür­gen Kanehl, Bürg­er­meis­ter von Wol­gast. Die neue
Strate­gie sei, ganz harm­los als der nette, junge Mann von nebenan
aufzutreten. “Man muss mit den Leuten sprechen und zweimal hin­guck­en, wem
man die Schule oder den Club für eine Feier über­lässt”, appel­lierte Kanehl
an die gut 20 Vertreter von Kom­munen im Land­kreis OPR

Die hat­ten sich gestern zu ein­er beson­deren Fach­ta­gung in Neuruppin
einge­fun­den, die sich den neuen Erschei­n­ungs­for­men und Strate­gien der
Recht­sex­tremen wid­mete und gle­ichzeit­ig nach den Auswirkun­gen auf die
Kom­mu­nalpoli­tik forschte. Von Kanehl ver­sprach sich der Kreis, dessen
Jugen­damt die Tagung organ­isiert hat­te, einige Tipps. “Wol­gast hat es damals
gewagt, seinen Skan­dal Recht­sex­trem­is­mus öffentlich zu machen”, betonte
Wol­fram Hülse­mann, Leit­er des Mobilen Beratung­steams Tol­er­antes Brandenburg,
der die Tagung mod­erierte. Kanehl wink­te ab. Von 1995 bis 2001 sei die
Auseinan­der­set­zung ver­gle­ich­sweise ein­fach gewe­sen. “Es gab ein klares
Feind­bild, wie Skin­heads mit Kampfhun­den.” Kanehl besprach sich damals aller
zwei Wochen mit der Polizei, die Stadt erhöhte die Steuer für gefährliche
Hunde. Skins, die an Einkauf­szen­tren lungerten und Kun­den verunsicherten,
wurde mit Hausver­bot gedro­ht. Gle­ichzeit­ig ver­stärk­te die Stadt die
präven­tive Arbeit an den Schulen. Zu Kanehls Über­raschung waren und sind
auch Gym­nasi­as­ten nicht vor rechtem Gedankengut gefeit. 

Inzwis­chen haben die Recht­sex­tremen ihre Tak­tik verän­dert. Sie verbreiten
ihre Ide­olo­gie beispiel­sweise über Blättchen, die “Stimme der Heimat”
heißen. “Ihre Ideen sind sehr, sehr gut ver­packt”, warnte Kanehl. 

Indes unter­schied Michael Kohlstruck vom Zen­trum für Antisemitismusforschung
an der TU Berlin in min­destens vier Bere­iche des Rechtsextremismus:
poli­tis­chen Recht­sex­trem­is­mus, frem­den­feindliche Gewalt, das Wahlverhalten
für recht­sex­treme Parteien sowie das alltägliche Ver­hal­ten der Leute auf der
Arbeit und am Bier­tisch. Experten gin­gen davon aus, dass ein Fün­f­tel bis ein
Vier­tel der Bevölkerung von ihrer Ein­stel­lung her rechts sind, so
Kohlstruck. 

Es sei wichtig, Jugendlichen viele Ange­bote zu unter­bre­it­en, mah­nte Kanehl.
In Wol­gast gibt es etwa regelmäßig Mit­ter­nachtss­port, bei dem Jugendliche
bis nach 0 Uhr ihrem sportlichen Hob­by frö­nen kön­nen. Zudem organ­isiert die
Polizei ein­mal im Jahr die Ver­anstal­tung “Sport statt Gewalt”. “Man muss
sich was ein­fall­en lassen”, so Kanehl. Hinge­gen forderte Gabriele Schlamann
vom Mobilen Beratung­steam mehr Ein­satz von den Lehrern und Anerken­nung von
der Poli­tik. “Engage­ment ist kein Selbstläufer.” 

Mod­er­a­tor Hülse­mann war zufrieden mit der Tagung. Sie habe stattgefunden,
ohne dass es zuvor einen spek­takulären Zwis­chen­fall mit Recht­en gegeben
habe. Zudem sage heute keine Kom­mune mehr, dass es keine Prob­leme mit
Recht­sex­trem­is­mus habe.

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