WITTSTOCK Die Jugendarbeit in der Wittstocker Region steht auf dem
Prüfstand. Alle sechs über das so genannte 610-Stellen-Programm des Landes
besetzten Stellen, mit der ein Teil der Jugendarbeit abgedeckt wurde, sollen
neu ausgeschrieben werden. Das hat der Jugendhilfeausschuss des Kreises bei
seiner jüngsten Sitzung beschlossen (wir berichteten). Die Ausschreibung
werde Ende Februar oder Anfang März erfolgen, so Kreisjugendamtsleiterin
Annemarie Hefenbrock gestern auf MAZ-Nachfrage.In die Ausschreibung sollen
auch die Ergebnisse einer Sozialraumanalyse für Wittstock einfließen, die
derzeit aber noch in Arbeit ist. Die Analyse wird die Richtung für die
künftige Jugendarbeit vorgeben. “Sie sollte besser ausgerichtet sein”, so
Annemarie Hefenbrock. Eine Besetzung der Stellen werde voraussichtlich erst
im September erfolgen. Denn auch dem “in Verantwortung stehenden Träger”
solle Zeit gegeben werden, sich neu zu orientieren. Es gebe auch
vertragliche Bindungen, die berücksichtigt werden müssten. Die Stellen
werden nach folgenden Schwerpunkten neu ausgeschrieben: Zwei Stellen offene
Kinder- und Jugendarbeit, zwei Stellen mobile Jugendarbeit, eine Stelle
offene Jugendarbeit im Sport und eine Stelle Sozialarbeit in der Schule.
Träger von fünf 610-er-Stellen ist derzeit der Wittstocker
Jugendförderverein “Nanü”. Der Verein werde die Ausschreibung abwarten, so
Vorstandsvorsitzende Sandra Steier. Dann erst soll die Entscheidung fallen,
auf welche Stellen sich der Verein neu bewerben wird. Hintergrund für die
Diskussion um die Vereinsarbeit waren Probleme mit rechtsextremen jungen
Leuten in Wittstock. Auch nach der Gewalttat an zwei Aussiedlern nach einer
Disco Anfang Mai in Alt Daber wurde die Jugendarbeit zum Thema. An den
Folgen der Tat war einer der Aussiedler gestorben, fünf junge Angeklagte
müssen sich deshalb zurzeit vor Gericht dafür verantworten. Die Jugendarbeit
kam in die Kritik. Vom Kreis-Jugendausschuss wurden an der Wittstocker
Arbeit Mängel festgestellt. Die Angebote entsprächen nicht mehr der
“besonderen Situation in der Stadt”, hieß es. So habe sich das Jugendamt
gegenüber dem Förderverein geäußert, sagt Sandra Steier. Der Verein Nanü
kann jedoch zahlreiche Projekte im vergangenen Jahr aufzählen, die sich mit
den Themen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit sowie Integration und
Toleranz beschäftigten. So war der Verein Mitorganisator und Teilnehmer bei
den “Rock gegen Rechts”-Konzerten, bei Toleranzprojekten wie “Die Welle” und
dem “Baff-Projekt”, beim Integrationssportfest und bei einer
Integrationsdisco. Außerdem habe es kontinuierliche Mitarbeit in jedem
Gremium gegeben, das sich mit Integration und dem Thema Fremdenfeindlichkeit
befasst hat, beteuert die Vereinsführung. Schon im Sommer vergangenen Jahres
sei im Jugendhilfeausschuss darüber beraten worden, wie es mit der
Jugendarbeit in Wittstock weiter gehen soll. Der Ausschuss, so dessen
Mitglied Anke Richard, sprach sich damals für eine Sozialraumanalyse
Wittstocks und die Schaffung einer zusätzlichen Stelle für einen
Stadtjugendpfleger aus. Gleichzeitig wurde das Jugendamt vom Ausschuss
beauftragt, die “Zielvereinbarungen” der in Wittstock arbeitenden 610-er-
Stellen der aktuellen Situation entsprechend zu präzisieren. Nun fragt sich
der Nanü-Vorstand, wie es plötzlich zur Stellenausschreibung kommt, anstatt
mit den Trägern die Ziele für Jugendarbeit zu überarbeiten. Eine
Trägervielfalt, so heißt es, soll eine gute Jugendarbeit in der Stadt
garantieren. Der Jugendförderverein leiste seit zehn Jahren gute Jugend- und
Jugendsozialarbeit für Wittstock, sagt der Vorstand. Nun aber bangen fünf
Nanü-Mitarbeiter um ihre Stellung.
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