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Hohe Haftstrafen wegen Totschlags an Kajrat Batesov


Alko­hol und große Wut

(MAZ) NEURUPPIN Im Prozess um die Tötung eines Rus­s­land­deutschen in Witt­stock (Land­kreis Ost­prig­nitz-Rup­pin) hat das Landgericht Neu­rup­pin heute langjährige Haft­strafen gegen drei Män­ner ver­hängt. Der 22-jährige Hauptverdächtige Patrick S. soll nach dem Willen der Richter wegen
Totschlags, ver­sucht­en Totschlags und gefährlich­er Kör­per­ver­let­zung zehn Jahre hin­ter Git­ter. Zwei Kom­plizen im Alter von 22 und 21 Jahren müssen wegen Totschlags bzw. ver­suchter Kör­per­ver­let­zung sieben und sechs Jahre
Haft ver­büßen. Zwei weit­ere Angeklagte erhiel­ten zwei Jahre und sechs Monate sowie ein Jahr Haft auf Bewährung. Damit blieb das Gericht unter den Forderun­gen der Staatsanwaltschaft. 

In dem Prozess waren fünf junge Deutsche im Alter zwis­chen 20 und 23 Jahren angeklagt. Sie hat­ten laut Anklage im Mai ver­gan­genen Jahres zwei Aussiedler vor ein­er Diskothek in Witt­stock bru­tal attack­iert und unter anderem auf den
am Boden liegen­den 24-jähri­gen Kajrat Batesov einen 17 Kilo­gramm schw­eren Stein geschleud­ert. Er starb drei Wochen später im Koma. Sein Begleit­er über­lebte den Angriff schw­er ver­let­zt. Das Gericht sah eine recht­sex­treme Moti­va­tion der Täter für nicht erwiesen an, kon­nte aber nach eigenen
Angaben das eigentliche Motiv nicht aufk­lären. Die Staat­san­waltschaft hat­te für die drei Haupt­täter acht, neun und zwölf Jahre Haft gefordert. 

Gewalt­samer Tod eines Rus­s­land­deutschen in Wittstock

(MOZ) Neu­rup­pin (ddp-lbg). Im Prozess um die Tötung eines kasachis­chen Aussiedlers in Witt­stock wur­den am Mon­tag die Urteile gesprochen. Die Nachricht­e­na­gen­tur ddp doku­men­tiert die Geschehnisse seit der Tat im Mai 2002: 

4. Mai 2002 — In den Mor­gen­stun­den wer­den zwei kasachis­che Aussiedler vor ein­er Tanz­gast­stätte im Witt­stock­er Ort­steil Alt Daber zusammengeschlagen.
Auf den schon am Boden liegen­den 24-jähri­gen Kajrat Batesov wird ein 17 Kilo­gramm schw­er­er Feld­stein gewor­fen. Sein Begleit­er kommt mit leicht­en Ver­let­zun­gen davon. 23. Mai — Batesov erliegt im Kranken­haus seinen inneren Ver­let­zun­gen. 7. Juni — Schweige­marsch von 200 Men­schen zum Gedenken
an den Getöteten durch Wittstock. 

4. Okto­ber — Die Staat­san­waltschaft erhebt Anklage wegen Totschlags gegen vier Beschuldigte und wegen gefährlich­er Kör­per­ver­let­zung gegen einen fün­ften Mann. 

8. Jan­u­ar 2003 — Prozess­be­ginn vor dem Landgericht Neu­rup­pin. Die fünf Angeklagten machen an den ersten Ver­hand­lungsta­gen keine Aus­sagen darüber, wer den Stein gewor­fen hat. 

20. Feb­ru­ar — Wende im Prozess: Der in der Anklage als Steinew­er­fer benan­nte Marko F. erk­lärt, dass Patrick S. den Stein gewor­fen habe. 

24. Feb­ru­ar — Der Staat­san­walt fordert vier bis zwölf Jahre Haft für vier Angeklagte und eine anderthal­b­jährige Bewährungsstrafe für den fün­ften Beschuldigten. Einen Tag später plädieren die Vertei­di­ger auf Freispruch
oder geringe Strafen. 

3. März — Das Landgericht Neu­rup­pin verurteilt den 23-jähri­gen Patrick S. als Steinew­er­fer wegen Totschlags zu 10 Jahren Haft. Weit­ere zwei Mit­täter müssen wegen Totschlags oder ver­sucht­en Totschlags für sechs und sieben Jahre hin­ter Git­ter. Ein viert­er Angeklagter erhält wegen Voll­rauschs zweiein­halb Jahre. In einem Fall spricht die Kam­mer eine ein­jährige Bewährungsstrafe aus. 

Zehn Jahre Haft für Steinew­er­fer von Wittstock

Hohe Strafen im Prozess um Tod eines Aussiedlers

(Berlin­er Zeitung) NEURUPPIN. Regungs­los und mit gesenk­tem Blick vern­immt Patrick S. das
Urteil: Für zehn Jahre muss der 23-jährige Witt­stock­er hin­ter Git­ter. Das
Neu­rup­pin­er Landgericht verurteilte ihn am Mon­tag wegen Totschlags und
ver­sucht­en Totschlags. Nach Überzeu­gung der Kam­mer war er es, der in der
Nacht zum 4. Mai 2002 vor ein­er Diskothek im Witt­stock­er Ort­steil Alt-Daber
einen 17 Kilo­gramm schw­eren Stein auf zwei kasachis­che Aussiedler warf. Er
und seine vier Kumpane, die Strafen zwis­chen einem und sieben Jahren
erhiel­ten, hat­ten die bei­den Män­ner zuvor zusammengeschlagen.
Die Tat hat­te wei­thin für Entset­zen gesorgt. Zunächst war von einem
recht­sex­trem­istis­chen Hin­ter­grund aus­ge­gan­gen wor­den. Doch die fünf Männer
sind keine Skin­heads. Dass “nor­male, intel­li­gente junge Men­schen” so eine
Tat bege­hen, habe die Öffentlichkeit beson­ders erschüt­tert, sagte die
Vor­sitzende Rich­terin Gisela Thaeren-Daig. Freilich habe unter­schwellig auch
eine “dif­fuse Frem­den­feindlichkeit” mitgeschwungen.
Ein echt­es Motiv für die Tat kon­nte die Kam­mer aber nicht aus­machen. Nach
der Disko habe sich zwis­chen den heute 20 bis 23 Jahre alten Angeklagten und
den bei­den Rus­s­land­deutschen ein Stre­it entwick­elt, sagte die Richterin.
Mehrere der Beschuldigten hät­ten die späteren Opfer dann angegriffen,
geschla­gen und — als die Män­ner schon am Boden lagen — noch immer
zuge­treten. Patrick S. habe dann den Gesteins­brock­en genom­men und in
Tötungsab­sicht nacheinan­der auf die Opfer gewor­fen. Den 24-jähri­gen Kajrat
Batesov traf der Stein auf Brust oder Bauch und zer­riss Magen und Leber. Der
Mann erlag drei Wochen später seinen Ver­let­zun­gen. Sein drei Jahre jüngerer
Fre­und Max­im K. hat­te mehr “Glück”, er kam mit ein­er Hüft­prel­lung davon.

Die Angeklagten und auch die zahlre­ichen Zeu­gen vor der Disko baut­en eine
“Mauer des Schweigens” auf. So war in der Anklage noch Marko F. (21) als
Steinew­er­fer beschuldigt wor­den. Erst am zwölften Prozesstag benan­nte Marko
F. seinen Fre­und Patrick als den wahren Täter. Die Kam­mer hielt die Aussage
für glaub­würdig, hat­te doch der Prozessver­lauf schon einige Indizien in
diese Rich­tung gebracht.

Das Gericht hielt Patrick S. vor, er habe sich immer wieder in Widersprüche
ver­wick­elt sowie Zeu­gen und seine Mitbeschuldigten zu bee­in­flussen versucht.
Min­destens fünf der Zeu­gen warf Rich­terin Thaeren-Daig zudem Falschaussage
vor.
Patrick S. bestritt bis zulet­zt seine Schuld. Sein Anwalt kündigte
unmit­tel­bar nach der Urteilsverkün­dung Revi­sion an. 

Die Wahrheit von Seb­nitz heißt Wittstock

(Berlin­er Zeitung) Erin­nert sich noch jemand, was vor ein paar Jahren in Seb­nitz nicht
geschehen ist? Weiß noch ein­er, dass damals ein klein­er Junge nicht vor den
Augen der Gäste eines Freibads von ein­er Horde Neon­azis ermordet wurde,
son­dern unbe­merkt ertrunk­en ist? Wer das noch weiß, der erin­nert sich auch
an die Erle­ichterung, die nach der Aufk­lärung des ver­meintlichen Verbrechens
als Unfall die Gesellschaft erfasste: Die Schande von Seb­nitz war in
Wahrheit eine Schande der Medi­en, die für wirk­lich erk­lärten, was in
Deutsch­land unmöglich ist — die Hin­rich­tung eines Men­schen durch tobsüchtige
Jugendliche in aller — teil­nahm­slosen — Öffentlichkeit. Aber Seb­nitz hat
tat­säch­lich stattge­fun­den, nur heißt es Witt­stock. Ertränkt wurde kein Kind,
mit einem 17 Kilo­gramm schw­eren Feld­stein wurde der 23 Jahre alte
Rus­s­land­deutsche Kajrat Batesov zer­schmettert. Nicht Badegäste haben
schweigend zuge­se­hen, son­dern einige Dutzend Diskothekenbesucher.

“Es kann nicht sein, wie uns hier eine ganze Stadt wie gedruckt belügt und
auf der Nase herum­tanzt.” Doch eben so — wie es die Anwältin der Mutter
Batesovs beklagte — ist es während des gesamten Prozess­es gegen die fünf
angeklagten Jugendlichen gewe­sen. Gestern hat das Landgericht Neu­rup­pin die
Täter zu teil­weise langjähri­gen Frei­heitsstrafen wegen Totschlags
verurteilt. Die Jus­tiz kann nur die Täter belan­gen. Was aber soll mit den
ver­schwiege­nen Bewohn­ern Witt­stocks geschehen, was mit den
Diskothekenbe­such­ern, die ungerührt die Tötung Kar­jat Bate­sows verfolgten?
Soweit die neuesten Nachricht­en aus der deutschen Zivilges
ellschaft. 

Die “sozial angepassten” Män­ner haben bru­tal zugeschlagen

Gericht verurteilt Haupt­täter wegen der Tötung eines jun­gen Aussiedlers in
Witt­stock zu zehn Jahren Haft

(Frank­furter Rund­schau) Für die Tötung eines Rus­s­land­deutschen im bran­den­bur­gis­chen Witt­stock sind
fünf junge Män­ner zu Haft­strafen bis zu zehn Jahren verurteilt worden.
Obwohl die Täter ihr Opfer als “Scheiß-Russe” beschimpft hat­ten, sah das
Gericht Frem­den­feindlichkeit nicht als zen­trales Tat­mo­tiv an. Mehrere
Vertei­di­ger kündigten Revi­sion an.

Das Neu­rup­pin­er Landgericht hat den Totschlag an dem
24-jähri­gen Aussiedler Kajrat Batesov vom vorigen Mai aufgek­lärt, obwohl
zahlre­iche Zeu­gen die Täter zu deck­en ver­sucht­en. Der 23-jährige frühere
Dachdeck­er-Lehrling Patrick Sch. wurde am Mon­tag als Haupt­täter zu zehn
Jahren Haft verurteilt. Er soll nach den Erken­nt­nis­sen des Gerichts einen
fast 18 Kilo­gramm schw­eren Feld­stein auf den bere­its am Boden liegenden
Batesov gewor­fen haben. Der Aussiedler starb drei Wochen später an seinen
schw­eren inneren Ver­let­zun­gen. Sch. warf den Stein auch auf Batesovs Freund
Max­im K., der am Leben blieb. 

Drei der Angeklagten hat­ten die bei­den Aussiedler nach einer
Dis­co-Ver­anstal­tung bere­its kranken­haus­reif geschla­gen und getreten, ehe
Sch. den Stein her­an­schleppte. Sie erhiel­ten Haft­strafen zwischen
zweiein­halb und sieben Jahren. Der fün­fte Angeklagte hat­te ver­sucht, eines
der Opfer zu schla­gen, und die Mit­täter nicht aufge­hal­ten. Er kam mit einem
Jahr Haft auf Bewährung davon und muss 500 Euro an Max­im K. zahlen.
Min­destens zwei der Verurteil­ten wollen beim Bun­des­gericht­shof in die
Revi­sion gehen. 

Auf 14 Zeu­gen des Prozess­es kom­men Ver­fahren wegen falsch­er Aus­sagen zu.
Ihnen dro­hen Strafen bis zu drei Jahren Haft. Obwohl mehrere Dutzend
Men­schen der Tat zuge­se­hen hat­ten, wollte vor Gericht kein­er der
Dis­cobe­such­er die Stein­würfe beobachtet haben. In ein­er Kneipe namens
“Ali­bi” hat­ten mehrere der Beteiligten sich nach Zeugenaussagen
abge­sprochen, nicht die Wahrheit zu sagen. Erst in der ver­gan­genen Woche
hat­te der 22-jährige Marko F., in dem die Anklage ursprünglich den
Haupt­täter gese­hen hat­te, seinen Fre­und Patrick Sch. vor Gericht belastet.
Bei­de hat­ten an dem Abend Alko­hol und Kokain konsumiert. 

Die Vor­sitzende Rich­terin Gisela Thaeren-Daig nan­nte die Verurteil­ten “im
Wesentlichen intel­li­gente, sozial angepasste, von ihren Fam­i­lien geliebte
Men­schen”. Sie passten nicht in das Bild dumpfer rechter Schläger und hätten
nach dem Ver­brechen gehofft, dass “die Glatzen” ver­ant­wortlich gemacht
wür­den. Die Täter hat­ten sich selb­st als “Tech­no-Clique” beschrieben und
nicht als Teil der recht­sex­tremen Szene, die in Witt­stock von der NPD
dominiert wird. 

Rich­terin Thaeren-Daig sagte, Frem­den­hass liege nicht in dem Sinne vor, dass
niedrige Beweg­gründe berück­sichtigt wer­den müssten. Allerd­ings schwinge bei
der Tat “dif­fuse Frem­den­feindlichkeit” mit. So hät­ten es die Täter “als
Unver­schämtheit emp­fun­den”, dass “aus­gerech­net die Frem­den” sie nach
Zigaret­ten gefragt hätten. 

F. hat­te sein Opfer min­destens zehn Mal hart getreten und gerufen: “Bleib
endlich liegen, Scheiß-Russe”. Im Prozess hat­te er aus­ge­sagt, dies sei
“nicht aus­län­der­feindlich gewe­sen, ich kan­nte ja seinen Namen nicht”. Der
Angeklagte Ralf A. soll, als er auf dem von ihm ver­prügel­ten Batesov saß,
auf ihn gezeigt und etwas über “unser Land” gesagt haben. Der Angeklagte
Mike S., auf dessen beschlagnahmtem Handy die Polizei im Jahr 2001 ein
Hak­enkreuz-Sym­bol fand, hat­te seine Gesin­nung als “nor­mal” beschrieben.
“Dass ich niemals rechts war, will ich nicht sagen”, gab er zu. 

Zehn Jahre Haft für Feld­stein-Attacke auf Aussiedler

Gericht in Neu­rup­pin ver­hängt hohe Strafen gegen weit­ere vier Tatbeteiligte

Die Nacht zum 4. Mai 2002 wird Wern­er Back­haus nicht vergessen. Der Mann aus
Alt Daber bei Witt­stock wurde durch Schreie aus dem Schlaf geris­sen, schaute
aus dem Fen­ster und wurde so zum Zeu­gen der bru­tal­en Tötung eines
24-jähri­gen Rus­s­land­deutschen — mit einem fast 18 Kilo­gramm schweren
Feldstein.

Gestern Vor­mit­tag ver­hängte das Landgericht Neu­rup­pin hohe Freiheitsstrafen
gegen die Haupt­beteiligten der grässlichen Tat. “Herr Back­haus sah den
Steinew­er­fer, seine Beschrei­bung passte let­ztlich nur auf einen — den
23-jähri­gen Haupt­täter”, sagte Rich­terin Gisela Thaeren-Daig in der
Urteils­be­grün­dung. Dieser muss jet­zt wegen Totschlags und gefährlicher
Kör­per­ver­let­zung für zehn Jahre hin­ter Gitter.

Seine bei­den Haup­tkom­plizen im Alter von 22 und 21 Jahren sollen sieben und
sechs Jahre Haft wegen Totschlags beziehungsweise gefährlicher
Kör­per­ver­let­zung ver­büßen; ein 20-Jähriger kam wegen seines damaligen
Voll­rausches mit zweiein­halb Jahren Frei­heitsstrafe davon, ein Fün­fter wegen
ger­ingfügiger Tat­beteili­gung mit einem Jahr Haft auf Bewährung.
Der gesamte Prozess, der seit Jan­u­ar vor dem Landgericht Neu­rup­pin lief,
glich einem riesi­gen Puz­zle. “Eine Gruppe Ein­heimis­ch­er ging aus nichtigem
Anlass auf Aussiedler los — aber kein­er will etwas gese­hen haben”, beschrieb
es die Rich­terin. Der Angriff der Über­ma­cht “aus Imponierge­habe und
Hem­mungslosigkeit nach Alko­hol und Dro­gen” begann mit Schlä­gen und Tritten
und gipfelte darin, dass ein 17,7 Kilo­gramm schw­er­er Feld­stein auf beide
Opfer gewor­fen wurde. Obwohl viele Dis­co-Besuch­er vor dem Lokal stehen,
greift kein­er ein.

Schon kurz nach dem Vor­fall sei den Schlägern offen­bar klar gewor­den, was
sie getan haben, ver­mutet Thaeren-Daig. So kom­men vor Gericht heimliche
Absprachen ans Licht. Und obwohl es ein Großteil der 50 Zeu­gen nicht so
genau mit der Wahrheit zu nehmen scheint, wen­det sich das Blatt.
Denn kurz vor dem Ende des Prozess­es bezichtigt der bisherige
Hauptverdächtige — ein 21-jähriger Mau­r­erlehrling — seinen 23-jährigen
Fre­und als den Steinew­er­fer. “Das hast Du mir doch erzählt”, sagt er ihm im
Gerichtssaal auf den Kopf zu. 

Hohe Strafen im Prozess um Aussiedler-Tod

Bis zu zehn Jahre für junge Män­ner, die Kajrat Batesov nach der Disko
totschlu­gen / Vertei­di­ger will Urteil anfechten

(Tagesspiegel) Neu­rup­pin. Mit teils harten, teils milden Strafen hat das Landgericht
Neu­rup­pin den gewalt­samen Tod des Aussiedlers Kajrat Batesov und die
Mis­shand­lung seines Fre­un­des Max­im Karta­gusov geah­n­det. Der Haupttäter
Patrick Sch. erhielt zehn Jahre Haft wegen Totschlags, ver­sucht­en Totschlags
und zwei weit­er­er Delik­te. Sch. (23) hat­te während der Prügelorgie in der
Nacht zum 4. Mai 2002 vor einem Witt­stock­er Tan­zlokal einen fast 18
Kilo­gramm schw­eren Feld­stein auf die Aussiedler gewor­fen. Der 24-jährige
Batesov starb knapp drei Wochen später im Kranken­haus Pritzwalk an inneren
Verletzungen. 

Den Angeklagten Ralf A. verurteilte die Jugend­kam­mer unter Vor­sitz von
Rich­terin Gisela Thaeren-Daig zu sieben Jahren Haft. Der 22-jährige A. hatte
auf Batesov gesessen und ihm mit bei­den Fäusten ins Gesicht geschlagen.

Marko F. (21), den die Staat­san­waltschaft ursprünglich für den Steinwerfer
hielt und der vor der Tat mit Patrick Sch. Kokain kon­sum­iert hat­te, muss für
seine Schläge und Tritte sechs Jahre hin­ter Git­ter. Der zur Tatzeit
betrunk­ene Mike Sch., der auf Max­im Karta­gusov einge­treten hat­te, wurde
wegen vorsät­zlichen Voll­rauschs zu zweiein­halb Jahren verurteilt. Die Kammer
hob jedoch den Haft­be­fehl auf, Sch. kon­nte den Saal als freier Mann
ver­lassen. Der fün­fte Angeklagte, Michael H., bekam mit einem Jahr auf
Bewährung. Er hat­te ver­sucht, Max­im Karta­gusov einen Faustschlag zu
versetzen. 

Aufgewühlt und offen­bar nicht ein­ver­standen ver­nah­men die Mut­ter und der
Brud­er von Kajrat Batesov sowie Max­im Karta­gusov das Urteil. Die drei
woll­ten sich aber n
icht äußern. Ihre Anwältin­nen hat­ten auf Mord plädiert
und den Angeklagten ein ras­sis­tis­ches Motiv vorge­wor­fen. Die Jugendkammer
kon­nte jedoch bei der Tat nur eine dif­fuse, unter­schwellig mitschwingende
Frem­den­feindlichkeit erken­nen. Die Angeklagten hät­ten wegen einer
ver­meintlichen Unver­schämtheit der bei­den Aussiedler gemeint, sie müssten
“das eigene Revi­er verteidigen”. 

Batesov und Karta­gusov sollen nach dem Ende ein­er Tech­no-Disko in dem
Witt­stock­er Lokal die Täter­clique um Zigaret­ten gebeten haben. Thaeren-Daig
hielt den Angeklagten “Alko­holisierung, Selb­stüber­schätzung und
Imponierge­habe” vor. Scharfe Kri­tik äußerte die Rich­terin auch an den vielen
jun­gen Zeu­gen, die mit den fünf Tätern befre­un­det sind und sie mit falschen
Angaben ent­las­ten woll­ten. Das Ver­hal­ten dieser “lügen­den Mit­täter” sei
“gewis­sen­los, ver­ant­wor­tungs­los und feige”. Die Kam­mer habe aber den­noch den
Tat­ablauf aufk­lären kön­nen. Gegen 14 Zeu­gen ermit­telt die
Staat­san­waltschaft — wegen Falschaussage. 

In seinem Plä­doy­er hat­te Staat­san­walt Kai Clement härtere Strafen gefordert,
aber auf eine Revi­sion wird er ver­mut­lich trotz­dem verzicht­en. Der
Vertei­di­ger von Patrick Sch., der Freis­pruch gefordert hat­te, will das
Urteil anfecht­en. Die gegen Sch. ver­hängten zehn Jahre Haft wer­den sich noch
ver­längern, da der Schläger wegen eines anderen Delik­ts eine Strafe von 14
Monat­en offen hat. Die Haft war zur Bewährung aus­ge­set­zt, sie wird nun
widerrufen. 

Abwe­ichend von der üblichen Prax­is ließ die Jugend­kam­mer im Fall zweier
Angeklagter, die zur Tatzeit noch keine 21 Jahre alt waren, nicht das
Jugend­strafrecht gel­ten. Marko F. und Mike Sch. hät­ten wed­er jugendtypisches
Fehlver­hal­ten gezeigt, noch seien Entwick­lungsrück­stände zu erkennen. 

Kalter Frem­den­hass

Das war ein erschreck­ender Prozess, nicht nur wegen der Bru­tal­ität der
Täter. In dem Ver­fahren zum Tod des Aussiedlers Kajrat Batesov haben viele
junge Zeu­gen vor dem Landgericht Neu­rup­pin bewusst falsch aus­ge­sagt — und
damit das Opfer, seine Ange­höri­gen und den auch in der Tat­nacht verprügelten
Max­im Karta­gusov ver­höh­nt. Es rührte die Fre­unde der Angeklagten nicht, dass
Batesovs Mut­ter weinend schilderte, wie sie und ihre Fam­i­lie leiden.
Kaltschnäuzig logen die Zeu­gen, um die Angeklagten vor der Strafe zu
schützen. Das Erschreck­en nimmt noch zu, schaut man sich die Zeu­gen genauer
an: Es sind keine Neon­azis, son­dern unpoli­tisch wirk­ende Tech­no-Fans. Doch
reichte ihre Ver­ach­tung für die “Russen” aus, um vor Gericht verstockt
aufzutreten wie die Anhänger ein­er Polit­sek­te. So haben die jun­gen Zeugen
demon­stri­ert, woran Bran­den­burg auch 13 Jahre nach der Wende noch immer
lei­det: am ganz nor­malen, chro­nis­chen Fremdenhass. 

Dif­fuse Frem­den­feindlichkeit” verurteilt

Hohe Haft­strafen für fünf junge Män­ner, die einen Rus­s­land­deutschen mit
einem großen Feld­stein töteten

WITTSTOCK taz Witt­stocks Bürg­er­meis­ter Lutz Schei­de­mann (FDP) zeigte sich
am Tag der Urteilsverkün­dung im Prozess um den gewalt­samen Tod des
24-jähri­gen Rus­s­land­deutschen Kajrat B. erle­ichtert. Witt­stock sei “nicht
rechter als andere Städte in Bran­den­burg”, verkün­dete der Bürgermeister
flugs im Radio. Es sollte beruhi­gend klingen.
Schon vor Prozessende hat­te Schei­de­mann hohe Haft­strafen für die fünf
Angeklagten gefordert, die gestern im Landgericht Neu­rup­pin das Urteil
regungs­los und mit gesenk­ten Köpfen ent­ge­gen­nah­men. An der Real­ität in
sein­er Stadt ändert das wenig.
Zehn Jahre Haft wegen Totschlags und gefährlich­er Kör­per­ver­let­zung, sieben
und sechs Jahren Haft wegen Totschlags beziehungsweise gefährlicher
Kör­per­ver­let­zung, zweiein­halb Jahre Haft wegen Mis­shand­lun­gen: so endete ein
Prozess gegen fünf junge Tech­no­fans, den Rich­terin Gisela Thaeren-Daig als
“Puz­zle” bezeichnete.

Ein Großteil der über 50 Zeu­gen ver­suchte, die Angeklagten zu schützen. “Die
Män­ner passen nicht ins Bild bru­taler rechter Schläger, aber eine diffuse
Frem­den­feindlichkeit schwang die ganze Zeit unter­schwellig mit”, beschrieb
sie das Ergeb­nis ein­er schwieri­gen Motiv­suche. Eine expliz­it rechtsextreme
Moti­va­tion verneinte das Gericht.

Dominique John vom Pots­damer Vere­in “Opfer­per­spek­tive”, der die
Hin­terbliebe­nen von Kajrat B. unter­stützt, spricht von “fließen­den
Übergän­gen” zwis­chen der organ­isierten Glatzen­szene in Witt­stock und der
Tech­noszene, der sich die fünf Angeklagten und ihre Fre­unde zugehörig
fühlen. “Die Dress­codes und die Musik unter­schei­den sich”, so John.
Ras­sis­tis­che und frem­den­feindliche Ide­olo­giefrag­mente seien inzwischen
jedoch Bestandteil ein­er jugendlichen All­t­agskul­tur, die weit über die
organ­isierte rechte Szene hin­aus­re­iche. John ver­weist auf Zeu­gen im Prozess,
die von mehreren Prügeleien während der Tech­nover­anstal­tung berichteten, an
deren Ende Kajrat B. tödlich ver­let­zt wurde. “Alle anderen Stre­ite wurden
let­z­tendlich geschlichtet. Doch als auf die am Boden liegenden
Rus­s­land­deutschen eingeschla­gen und einge­treten wurde, schritt nie­mand ein”,
so John. Beobach­tun­gen, die von der Polizeis­ta­tis­tik gestützt wer­den. Auf
einen 40-prozenti­gen Anstieg rechter Straftat­en in der Region im Jahr 2001
reagierte das Pots­damer Innen­min­is­teri­um mit der Entsendung einer
Son­derkom­mis­sion “Täteror­i­en­tierte Maß­nah­men gegen extrem­istis­che Gewalt” -
der siebten im Land.
Die Ange­höri­gen von Kajrat B. sind offen­bar nicht davon überzeugt, dass ihre
Sicher­heit in Witt­stock gewährleis­tet ist. Rais­sa B., Mut­ter des getöteten
Kajrat B., und ihr jün­ger­er Sohn, haben Witt­stock ver­lassen und leben nun in
Baden-Würt­tem­berg. Andere Opfer ras­sis­tis­ch­er Gewalt gin­gen vor ihnen. Eine
rus­s­land­deutsche Fam­i­lie zog nach einem schw­eren Angriff auf zwei Söhne ins
nahe Neu­rup­pin. Auch der 19-jährige afrodeutsche Manuel G., der im Mai 2001
in der Woh­nung eines Fre­un­des von einem Dutzend Neon­azis über­fall­en wurde
und sich nur durch einen Sprung vom Balkon ret­ten kon­nte, hat Wittstock
ver­lassen. Kurz nach dem Angriff auf Manuel hat­te sich ein Wittstocker
Bünd­nis für Tol­er­anz gegrün­det. Dessen Ziel, den Exo­dus all der­er, die nicht
ins rechte Welt­bild passen, aus Witt­stock zu stop­pen, wird noch einiges an
Engage­ment erfordern. Der Vere­in “Opfer­per­spek­tive” bit­tet der­weil um
Spenden für einen Grab­stein für den 24-jährin­gen Vater eines Kleinkinds.

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