(LR, 1.6.) «Eine Jugendinitiative, die fünf Jahre lang das politische Klima der Stadt Lauchhammer mit geprägt hat, verabschiedet sich» , lautet das Fazit von Viola Weinert, die als Vorsitzende von Chill out mit den Jugendlichen durch
dick und dünn gegangen ist.
Am 28. Mai feierte der Jugendclub gemeinsam mit seinen Freunden und Förderern in der Friedensgedächtniskirche das fünfjährige Bestehen und gab gleichzeitig seine Auflösung bekannt. Der größte Teil der engagierten Jugendlichen hat gerade sein Abitur in der Tasche und wird nun wegen eines
Studiums, des Zivildienstes oder des Dienstes bei der Bundeswehr die Heimat verlassen. Viola Weinerts Rückblick auf das gemeinsam Erreichte führt noch einmal deutlich vor Augen, wie wichtig die Arbeit der “Chill outs” für das
politische Klima in der Stadt Lauchhammer war.
Chill out ist englisch und bedeutet soviel wie“abhängen” oder “sich entspannen”. Doch das ist längst nicht alles, was die couragierten Schüler dieser Initiative drauf haben.
Gegründet hatte sich “Chill out” 1999 aus einer Hand voll junger Leute, die zu den ausländischen Bürgern ein freundschaftliches Verhältnis aufgebaut und deren Sorgen und Nöte kennen gelernt hatten. Damals wollten sich die jungen
Lauchhammeraner nicht damit abfinden, dass das Heim im Stadtteil Süd geschlossen wird und die Betroffenen nach Bahnsdorf umgesiedelt werden. “Weil wir das dortige Heim kannten, mussten wir etwas unternehmen”, sagen die Chillies heute. Also traten sie im Kreistag und verschiedenen
Fraktionssitzungen der Parteien des OSL-Kreises auf, um für die Interessen der Asylbewerber zu kämpfen. Die Schließung des Heimes in Lauchhammer konnten sie dennoch nicht verhindern. Wohl aber die Umquartierung nach Bahnsdorf. Stattdessen kamen die Ausländer nach Sedlitz. Dort waren sie
jedoch auch nicht recht willkommen. Darum führten die Chill outs viele Gespräche mit den Sedlitzer Einwohnern, um sie über die Situation der Asylbewerber aufzuklären und von ihren positiven Erfahrungen mit ihnen zu
erzählen. Ihr Slogan “Integrieren statt isolieren” trägt heute Früchte. Denn
nach Aussage des Heimleiters gibt es keine nennenswerten Probleme zwischen
den Sedlitzern und den Bewohnern des Asylbewerberheimes. Nicole Pachtmann
hat durch ihre Mitarbeit in der Jugendinitiative verschiedene Kulturen
kennen gelernt, aber auch viele Informationen zum Asylrecht in Deutschland
erhalten. “Dadurch fühle ich mich den Asylbewerbern gegenüber weniger
hilflos”, sagt die Schülerin.
Große Unterstützung fanden die für ihre hervorragenden Leistungen mehrfach
ausgezeichneten Jugendlichen beim Heimleiter, der zu berichten weiß, dass
“für viele Asylbewerber die Zeit in Lauchhammer zu den schönsten Abschnitten
ihres Aufenthalts in Deutschland gehört”. Daniel Folly erinnert sich noch
heute daran, wie sehr die deutschen Freunde ihn beim Schreiben und Lesen von
Behördenbriefen geholfen haben. “Sie unterstützten mich aber auch beim
Möbeltransport. Und wir haben oft zusammen gefeiert. Es sind meine Freunde
geworden.” Afghan Abdul Hamid erinnert sich besonders gern an die
gemeinsamen Sportfeste. “Sogar an einer Weihnachtsfeier haben wir
teilgenommen.”
Als Dankeschön brachten die ausländischen Freunde einen Tulpenbaum und eine
Magnolie mit. “Zwei exotische Gewächse, die etwas Farbe ins Land bringen.
Denn das braucht unser Land”, unterstreicht der Leiter des Heimes die
symbolische Geste.
Noch immer bestehen die intensiven multikulturellen Kontakte. Regelmäßig
besucht man sich gegenseitig, um über die anstehenden Probleme zu reden oder
auch um zu feiern. “Das wird auch in Zukunft so bleiben”, ist man sich
sicher. Leider hat Chill out große Nachwuchsprobleme und muss sich nun erst
einmal auflösen. Aber Viola Weinert weiß: “Irgendwann machen wir etwas Neues
mit unseren Jugendlichen.”