(dpa, MOZ vom 15.02.05) Frankfurt (Oder) Wegen eines Brandanschlages auf einen Obdachlosen müssen sich seit Dienstag ein 19- und ein 23-Jähriger vor dem Landgericht Frankfurt (Oder) verantworten. Sie sollen im Sommer 2004 in Beeskow (Oder-Spree) einen auf einer Parkbank schlafenden Mann überfallen haben. Die Angeklagten durchsuchten ihr Opfer zunächst nach Bargeld. Da sie kein Geld fanden, sollen sie beschlossen haben, den Mann zu töten. Sie zündeten seine Jacke an und entfernten sich. Der Mann überlebte den Überfall, wurde aber schwer verletzt.
In der richterlichen Vernehmung schilderten die beiden Angeklagten den Tatablauf unterschiedlich. Der 19-Jährige behauptete, sein früherer Freund habe den Obdachlosen mit einem Schraubendreher abstechen wollen. Um dies zu verhindern, habe er vorgeschlagen, den schlafenden Obdachlosen nur “ein bisschen zu ärgern” und seine Jacke anzuzünden. Nach seiner Aussage hätten das beide Angeklagte auch gemeinsam getan und anschließend den Tatort verlassen.
Der 23-Jahre alte Mitangeklagte widersprach dieser Schilderung. Ihm zufolge spazierten die beiden Männer gemeinsam mit einem Hund nach einem längeren Fernsehabend mit viel Alkoholgenuss durch das nächtliche Beeskow. Dabei seien sie im Park auf den schlafenden Obdachlosen gestoßen. Der 23-Jährige nahm nach eigener Darstellung eine neben dem Mann stehende Plastiktüte mit zwei Bierflaschen an sich; der 19-Jährige soll die Jacke des Opfers durchsucht haben.
Anschließend will der 23-Jährige nach eigener Aussage mit dem Hund durch die Straßen gezogen und erst später wieder an den Tatort zurückgekehrt sein. Dort habe er selbst noch Brandstellen ausgetreten und mit der Zeugin gesprochen, die den Obdachlosen gerettet hatte. Was sein Mitangeklagter in der Zwischenzeit machte, wisse er nicht.
Der Obdachlose erlitt bei dem Überfall schwerste Verbrennungen. Die hinzukommende Zeugin hatte dem Mann die brennende Jacke ausziehen und das Feuer löschen können. Anschließend wurde der Mann in eine Unfallklinik gebracht. Er schwebte längere Zeit in Lebensgefahr. 35 Prozent der Haut seines Oberkörpers sind seit dem Brand verunstaltet. Der Prozess wird am 22. Februar mit Zeugenvernehmungen fortgesetzt.
Obdachlosen erst beraubt und dann angezündet
(Frank Jansen, PNN) Frankfurt (Oder) – Der Angeklagte nuschelt monoton, als sei ihm alles gleichgültig. Doch was Steven G. von sich gibt, ist schrecklich. Der 19 Jahre alte Arbeitslose mit dem Pferdeschwanz und den Piercings im Gesicht legt gleich zu Beginn des Prozesses am Landgericht Frankfurt (Oder) ein Geständnis ab – und belastet den mitangeklagten Stefan K. (23) schwer. Sie hätten beide ihre Feuerzeuge an den schlafenden Obdachlosen gehalten, “eener rechts, eener links”. Als das Opfer brannte, seien sie weggerannt. Aus etwa 100 Metern Entfernung hätten sie die Flammen gesehen, “so einsfuffzich hoch”. Der betrunkene Obdachlose Jürgen W. regte sich nicht. Dass er überlebt hat, ist ein Wunder.
Staatsanwältin Anette Bargenda wirft den beiden jungen Männern versuchten Mord vor. Sie hätten versucht, in der Nacht zum 16. Juni 2004 im Park der Kleinstadt Beeskow “heimtückisch, grausam und aus niedrigen Beweggründen” Jürgen W. zu töten. Die beiden Männer hätten sich geärgert, kein Geld bei W.gefunden zu haben. Es gibt auch Hinweise, dass Steven G. den Obdachlosen für einen minderwertigen “Penner” hielt. Der unter dem Spitznamen “Jesus” stadtbekannte Obdachlose erlitt schwere Verbrennungen am Oberkörper. Wochenlang schwebte er in Lebensgefahr, nur mit Notoperationen konnten ihn die Ärzte retten. Jürgen W. bleibt allerdings laut Staatsanwältin Bargenda dauerhaft entstellt.
Stefan K. bestreitet wortreich den Mordversuch. Ja, er sei mit Steven G. am Tatort gewesen und habe Jürgen W. die Bierflaschen wegnehmen wollen. “Aber dann bin ich irgendwann losgelaufen, det war mir zu viel”, sagt K. Nach Informationen der PNN haben allerdings mehrere Zeugen gegenüber der Polizei ausgesagt, K. habe vom Anzünden des Obdachlosen erzählt.
Jürgen W. verdankt sein Leben auch einer jungen Frau. Sie riss ihm mit bloßen Händen die brennenden Reste seiner Jacke vom Leib. Der Prozess wird am kommenden Dienstag fortgesetzt.