Tag des Flüchtlings: Keine Isolation und Ausgrenzung von Geflüchteten in Lagern!
Zum bundesweiten Tag des Flüchtlings warnen PRO ASYL und die landesweiten Flüchtlingsräte vor Ausgrenzung und Isolation von Geflüchteten in Lagern, AnkER-Zentren und anderen Orten der Stigmatisierung und Entwürdigung.
In Großlagern kann es keine fairen Asylverfahren geben. Mit Isolation und Restriktionen wie etwa Residenzpflicht und Arbeitsverbot wird die Integration von Geflüchteten fast völlig unterbunden. Entrechtete und ihrer Perspektiven beraubte Schutzsuchende sind die Folge. Geplant sind unter anderem:
- Zwangsaufenthalt bis zu 18 Monaten in isolierten Großlagern von bis zu 1.500 Personen
- Statt fairer und gründlicher Überprüfung der Fluchtgründe: 48-Stunden-Verfahren und vorzeitige, zur Rückkehr drängende Beratungen
- Zugang zu AnwältInnen oder einer unabhängigen Asylverfahrensberatung wird verhindert
- Kaum Möglichkeiten gegen Bescheide zu klagen, der Rechtsweg wird versperrt
Auch wenn die Erstaufnahmeeinrichtung in Brandenburg nicht „AnkER-Zentrum“ heißt, erfüllt sie schon heute den isolierenden und abschottenden Zweck und ist jetzt schon die Abschiebungseinrichtung, für die das AnkER-Zentrum steht.
Der Zugang zum Rechtsschutz und zu unabhängiger Beratung ist bereits heute stark erschwert. Asylsuchende fahren zum Teil hunderte Kilometer, um zu einer unabhängigen und qualifizierten Beratungsstelle zu kommen. Ob sie gegen fehlerhafte Bescheide des BAMF klagen können, hängt unter anderem von ihrer finanziellen Situation ab. Von fairen Asylverfahren kann in der Erstaufnahmeeinrichtung und ihren Außenstellen keine Rede sein.
Bereits jetzt verbleiben Flüchtlinge im Dublin-Verfahren rechtswidrig immer wider weit über sechs Monate in der Erstaufnahmeeinrichtung, mit dem Ziel, sie zu zermürben und zur Ausreise zu drängen oder direkt aus der Erstaufnahmeeinrichtung abzuschieben. In den Unterkünften herrscht eine Atmosphäre der Angst, der Alltag ist von nächtlichen Abschiebungen geprägt. Es gibt keinen freien Zugang zu Fachärzt*innen, der Gesundheitszustand kranker und traumatisierter Menschen verschlechtert sich in der Erstaufnahmeeinrichtung oft dramatisch.
Unter dieser Situation leiden insbesondere Kinder und Jugendliche. In Brandenburg besteht nach drei Monaten die Schulpflicht für geflüchtete Kinder. Kinder in der Erstaufnahmeeinrichtung sind jedoch davon ausgenommen und werden ihres Rechts auf Bildung und kindgerechte Umgebung beraubt.
PRO ASYL startet gemeinsam mit den landesweiten Flüchtlingsräten und weiteren Organisationen zum Tag des Flüchtlings die Kampagne #NichtMeineLager http://www.nichtmeinelager.de/. Die zentrale Forderung ist, die Politik der Inhaftierung und Festsetzung als Maßnahmen zur Abschreckung und Abwehr von Flüchtlingen zu beenden. Der Zugang zu Schutz und das Recht auf Asyl müssen gesichert sein.
Nicht nur die Landes- und Bundesregierung, auch die EU setzt auf Lagermodelle. PRO ASYL befürchtet die systematische Verhinderung des Zugangs zum Asylrecht in Deutschland und in der Europäischen Union. Hinter technokratisch klingenden Begriffen wie »Hotspots«, »kontrollierte Zentren«, »Ausschiffungsplattformen« etc. verbirgt sich der Versuch Europas, sich zunehmend aus dem Flüchtlingsschutz zu verabschieden.
Mit den Konzepten von »Ausschiffugsplattformen« will die EU die Verantwortung für Asylsuchende nach Nordafrika verlagern – denn Flüchtlingsschutz auf europäischem Boden soll am besten verhindert werden.
Der Flüchtlingsrat fordert grundsätzlich die Abschaffung von Wohnverpflichtungen, Residenzpflicht und Wohnsitzauflage. Geflüchtete längerfristig in Sammelunterkünfte einzuweisen, ist mit der allen Menschen nach Art. 2 Abs. 2 GG zugesicherten Handlungsfreiheit nicht vereinbar. Die hohe Belegungsdichte, das erzwungene Zusammenleben mit fremden Menschen, fehlende Privatsphäre und Rückzugsmöglichkeiten und die erheblich reduzierte Infrastruktur führen zu einer drastischen Verschlechterung von Krankheiten und Traumata, verhindern Teilhabe und fördern Desintegration.
Der Flüchtlingsrat Brandenburg fordert gemeinsam mit den Landesflüchtlingsräten, PRO ASYL und anderen Organisationen, dass Flüchtlinge und Migrant*innen nicht entrechtet und in Lagern isoliert oder gar inhaftiert werden dürfen – ob in Deutschland, der Europäischen Union oder außerhalb der EU.
Alle Forderungen und Infos zur Kampagne gibt es unter http://www.nichtmeinelager.de/