In diesem schönen Sommermonat gab es gleich 3 Vorfälle, die einem durchschnittlichen Eisenhüttenstädter das Gruseln lehren könnte. Wir hatten ja eigentlich gedacht, wir können uns in Sicherheit wiegen, der rechte Mob ist zurückgedrängt und alle Welt hat gelernt, tolerant mit seinen Mitmenschen umzugehen.
Aber Irren ist menschlich. So passierte es zum Beispiel, daß ein Jugendlicher aus der Punkszene am 03.07.02 zu einem von der Stadt und dem freien Träger PeWoBe organisierten Kulturevent namens Jugendspektakel ging um sich die Bravopunker von S‑PNX anzusehen. Aber irgendwie kam er nicht dazu. Grade als die Band so richtig am rocken war, kam irgendein kurzhaariger Unmensch und schlug ihm die Mütze vom Kopf. Als er sie wieder aufheben wollte, fing der Skinhead an, auf ihn einzuschlagen. Das ganze mit der allseits beliebten Begründung: „Ey, du Zecke, du hast meine Freundin angemacht…“
Aber zum Glück gibts ja Ordner auf solchen Veranstaltungen. Es ist allerdings bedauerlich, wenn solche Streitschlichter als NPD-Sympatisanten bekannt sind. Anstatt dem Opfer zu helfen, zog der Ordner ihn hinter eine Klobaracke und dort wurde er noch mal so richtig zusammengelegt, von dem Ordner, dem Täter, dessen Freundin, und wer weiß wer da noch alles mal zutreten durfte.
Das alles ist bis dahin eigentlich fast normaler, aus alten Zeiten bekannter Brandenburger Alltag, obwohl es schon fragwürdig ist, daß Stadtbekannte Rechte den Ordnerdienst übernehmen dürfen. Aber ist ja auch nichts Neues. In den Vorjahren hat noch die stadtbekannte Hooliganclique EH-Chaoten dort den Einlaß gemanagte. Auch die waren nicht fein. Der eigentliche Hohn dabei ist, dass einer der Organisatoren (der zu aller Ironie noch im Bürgerbündnis gegen Rechtsextremismus vertreten ist) den Faschos noch dabei hilft, in der Presse eine ganz andere Version davon zu veröffentlichen, die da lautete: der Punker hätte den Streit angefangen und wäre, mit einem Messer, das er aus dem Stiefelschaft zog, auf den Täter losgegangen (hat der zuviel Western gekuckt?). Der Ordner hatte dann angeblich Mühe, den linksradikalen Haudegen unter Kontrolle und letztendlich nach draußen zu bekommen.
So begann eine städtische Schlammschlacht um den Fall, die es den Organisatoren wieder einmal ermöglichte sagen zu können, sie würden ja mit den Rechten arbeiten um sie wieder in die Mitte der Gesellschaft zu integrieren. Außerdem ist es den Verantwortlichen auch ein leichtes sich mit Alibiveranstaltungen wie dem „Technotanz für Toleranz“ am 20.07.02 wieder aus der Affäre zu ziehen.
Blöd ist dagegen dann doch wenn eine Woche später in der Zeitung steht, daß es am 19.07.02 ein Konzert mit drei Gymnasiastenpunkbands im Trockendock geben sollte, von denen aber nur die erste spielen konnte. Dann fingen die Lokalpatrioten-Nazis, die sonst immer in diesem Club ein und ausgehen, schon einen Schlägerei an. Die Bands packten daraufhin ihre Sachen und verschwanden. Carola Fechner (ABM-Kraft im Trockendock) erklärte gegenüber der MOZ, es hätte schon während des Aufbaus Spannungen zwischen den Bands gegeben. Siehe dazu auch den Artikel in der Lausitzer Rundschau.
Komisch, die verstehen sich alle ganz gut untereinander -
und sowieso seien ja nicht die Nazis das Problem gewesen, sondern der „extensive“ Tanzstil der Fans. Aber es gab ja eh keinen ernst zu nehmenden Konflikt.
Und sowieso soll das rechtsradikale Image des Trockendock durch solche Thesen nur gefördert werden. Bei ihren teilweise rechts orientierten Jugendlichen passen sie schließlich genau auf das diese nicht gewalttätig werden, sie arbeiten ja schließlich mit ihnen.
Wie sich das im Endeffekt äußert und wohin das führt, wenn Rechten die Möglichkeit gegeben wird, wieder in die Mitte der Gesellschaft einzutauchen, zeigt wahrscheinlich der nächste Fall vom 25.07.02.
An diesem Tag gab es einen Einbruch in die Imbißbude „Döneria“ am Busbahnhof, die danach abgefackelt wurde. Laut Polizeiaussagen wurde der Imbißwagen in Brand gesteckt um die Spuren des Einbruchs zu verwischen. Obwohl der Imbißbudenbesitzer A.K. Isik einen rechtsextremen Hintergrund vermutet, liegen dafür laut Aussagen von Dienstgruppenleiter R.I. Barzik keine Indizien vor. Die BORG (Beratung für Opfer rechter Gewalt) konnte noch keinen Kontakt zu Isik aufnehmen. Dieser sieht seine wirtschaftliche Existenzgrundlage vernichtet. „Ich kann es mir nicht leisten einen neuen Imbiß aufzubauen“, sagte er gegenüber der MOZ.
Es ist doch immer wieder schön von solchen Angriffen zu erfahren, was würde das für uns bedeuten wenn wir kein Feindbild mehr hätten? So hat das Leben doch wenigstens einen Sinn.
(Inforiot) “Kein Platz für Rassismus” lautet die Selbstverpflichtung und ‑Einschätzung der Stadt Eisenhüttenstadt. Angesichts der ständigen Übergriffe von Rechts sowie der Behandlung von Flüchtlingen in der ZAST kann das Motto nur als schlichtweg falsch bezeichnet werden. Hier eine (unvollständige) Chronologie der Ereignisse seit 1996.
Aus der Feder der AutorInnen dieses Beitrags stammt übrigens auch eine Broschüre, die ebenfalls den Titel “Kein Platz für Rassismus” trägt. Das 44-seitige Heft kann hier heruntergeladen werden. Für drei Euro kann die Broschüre auch über die Alternativen Gruppen (PF 07, 15890 Eisenhüttenstadt) bestellt werden.