“Sometimes the bear gets you and sometimes you get the bear.” An dieses englische Sprichwort müssen in diesen Tagen wohl die Mitglieder der brandenburgischen Volksinitiative zur Stärkung der Grund- und Bürgerrechte gegenüber der Polizei denken. Heute saßen zwei von ihnen im Potsdamer Amtsgericht auf der Anklagebank.
Im Jahr 2001 druckten die Mitglieder der Initiative, die sich damals noch Bündnis gegen das Polizeigesetz nannten, ein satirisches Plakat, das Innenminister Schönbohm gar nicht so lustig fand. Waren auf dem Plakat doch die Worte: „Achtung, dieser Platz wird noch nicht videoüberwacht! Leinen Sie ihr Kind an, sorgen Sie für ausreichende Bewaffnung und führen sie kein Bargeld mit sich. Straftaten können hier nicht ausgeschlossen werden. Wir wollen das Sie sich leben. Ihr Jörg Schönbohm“ auf leuchtend gelbem Untergrund und mit farbiger Schrift zu lesen. Der Text und die Machart des Werkes, würden den Anschein erwecken, so das Innenministerium, dass es sich hier um eine amtliche Veröffentlichung handle. Völlig unverständlich für Beate Netzler, Sprecherin der Initiative: „Ganz eindeutig ist dies ein satirisches Plakat. Vielmehr erweckt die Klage den Eindruck, dass hier wieder einmal kritische Stimmen zum Schweigen gebracht werden sollen. Satire ist von je her ein gesellschaftliches Mittel gewesen um Kritik an den Verhältnissen zu äußern. Das muss ein Staat wie dieser einfach vertragen können.“
Die Staatsanwalt argumentierte, dass es erst auf den zweiten Blick erkennbar sei, dass es sich um eine Satire handle. Auf dem Plakat war nämlich am unteren rechten Rand in kleiner Schrift das „ViSdP“, sprich der Presseverantwortliche vermerkt. Damit sei das Plakat dann auch endgültig als nicht amtlich zu erkennen, so die Anwälte, von denen die Volksinitiative gleich zwei ins Rennen schickte.
Die Verhandlung kreiste dann aber nicht um die Frage, ob es sich offensichtlich um Satire handele oder nicht, sondern ob die Beklagten tatsächlich vorsätzlich ein Amt vorgetäuscht hätten. Im Plädoyer des Staatsanwaltes bezog dieser auch politisch Stellung, was für einige Aufregung im Gerichtssaal sorgte. Der Staatsanwalt bezeichnete es als „Intellektuell abgehoben“ sich nicht darüber zu freuen, dass nun am Potsdamer Hauptbahnhof die Kriminalität nach aktuelle Pressemitteilung des Innenministeriums auf Null reduziert sei. Dem erwiderten beide Angeklagten, dass sich durch den Verdrängungseffekt Straftaten nur örtlich verschöben. Leidtragende seinen die ärmeren Bevölkerungsschichten, in deren Wohnbezirke keine Kameras aufgehängt würden, weil es kein Interesse zur Lebensqualitätserhöhung durch die Politik gäbe. Der Volksinitiative gehe es aber nicht um eine flächendeckende Überwachung, sondern um die generelle Ablehnung.
Am Ende der Verhandlung beantragte der Staatsanwalt dann 15 Tagessätze zu je 30 Euro für jeden der Angeklagten. Diese baten darum, wenn ihr Antrag auf Freispruch nicht entsprochen wäre, einen höheren Tagessatz anzusetzen, denn damit sei das Urteil hoch genug um für eine Berufung zugelassen zu werden. „Wir werden notfalls bis vor das Bundesverfassungsgericht gehen“ sagte einer der Angeklagten in der Verhandlung.
Die Richterin sprach dann auch ein deutlich Urteil. Freispruch. Das Gericht folgte der Ansicht der Verteidigung, dass ein Wille zur Anmaßung nicht erkennbar sei. Ansonsten hätten die Beklagten auch nicht die Presse eingeladen um das Plakat des Bündnisses der Öffentlichkeit vorzustellen. Auch wenn, wie dargelegt wurde, sich Personen dieses Plakat in den Büros der Initiative abholten, wäre ja erkennbar, dass nicht das Ministerium hier Herausgeber sei. Außerdem würde das Plakat mit seiner leuchtende Aufmachung nicht wie eine amtliche Bekanntmachung aussehen.
Die Kosten des Rechtsstreit trägt zu einhundert Prozent die Staatskasse. „Ein teures Vergnügen für die Rachegelüste von Schönbohm“, so Netzler. Befragte Juristen waren sich im Vorfeld einig, dass die Klage der Staatsanwalt keine Aussicht auf Erfolg hatte.
„Wir hoffen uns nun wieder intensiver unserer inhaltlichen Arbeit widmen zu können“, sagte eine sichtlich fröhliche Beate Netzler. Doch eine eventuelle Berufung im Streit um die Domain www.polizeibrandenburg.de, den die Initiative noch unterhält, steht eventuell noch aus. Bis dahin kann das besagte Plakat noch angesehen bzw. bestellt und an anderer Stelle als Protestpostkarte verschickt werden.