15. Februar 2013 · Quelle: residenzpflicht.info

Landgericht verurteilt Bisso G.

Potsdam - Das Landgericht Potsdam hat heute Bisso G. wegen eines Verstoßes gegen die ‘Residenzpflicht’ im Jahre 2009 verurteilt. Alle Anträge zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der ‘Residenzpflicht’ wurden abgelehnt. Die Verteidigung prüft, ob Revisionsgründe vorliegen.

Ent­ge­gen ihrer Ankündi­gung, am 5. März das Urteil zu sprechen, machte die Vor­sitzende Rich­terin Eibisch heute kurzen Prozess. Der 35-jähri­gen Kameruner wurde zu ein­er Geld­strafe von 15 Tagessätzen à 2 Euro verurteilt. Das Amts­gericht Rathenow hat­te gegen ihn im Mai 2011 eine Strafe von 150 Euro verhängt.

 

Abgelehnt wur­den alle Anträge der Vertei­di­gung, u.a. zur Frage der Ver­fas­sungsmäßigkeit der ‘Res­i­den­zpflicht’. Dies war das erk­lärte Ziel von Bis­so G. und seines Vertei­di­gers, des Recht­san­walts Volk­er Gerloff, gewesen.

  • Ein Beweisantrag, dass „die Zustände in der Gemein­schaft­sun­terkun­ft Rathenow […] und in Rathenow selb­st zum Tatzeit­punkt der­art men­sche­nun­würdig für den Angeklagten waren, dass es für den Angeklagten unzu­mut­bar war, sich ständig in Rathenow aufzuhalten“.
  • Ein Antrag auf Aus­set­zung des Ver­fahrens und Vor­lage zum Bun­desver­fas­sungs­gericht, mit der Begrün­dung, dass „durch die räum­liche Beschränkung des Aufen­thalts […] das Recht auf Freizügigkeit nahezu voll­ständig aufge­hoben und unter einen ver­wal­tungsrechtlichen Erlaub­nisvor­be­halt gestellt [wird].“ Die ‘Res­i­den­zpflicht’ sei ein Ver­stoß gegen Art. 11 Grundge­setz („Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im ganzen Bun­des­ge­bi­et.“). Art. 11 gelte auch für Nicht-Deutsche, denn Art. 3 Abs. 3 GG ver­bi­ete eine Diskri­m­inierung wegen der Abstam­mung. Außer­dem ver­stoße die ‘Res­i­den­zpflicht’ gegen das Vierte Zusatzpro­tokoll zur Europäis­chen Men­schen­recht­skon­ven­tion (Art. 2. Abs. 1: „Jed­er­mann, der sich recht­mäßig im Hoheits­ge­bi­et eines Staates aufhält, hat das Recht, sich dort frei zu bewe­gen und seinen Wohn­sitz frei zu wählen.“), gegen die Bran­den­bur­gis­che Lan­desver­fas­sung (Art. 17: „Alle Men­schen haben das Recht auf Freizügigkeit.“) sowie gegen weit­ere Nor­men des Völkerrechts.
  • Ein Antrag auf Aus­set­zung des Ver­fahrens und Vor­lage zum Gericht­shof der Europäis­chen Union, mit der Begrün­dung, die Beschränkung des Aufen­thalts von Gedulde­ten auf das Bun­des­land ver­stoße gegen die Auf­nah­merichtlin­ie der EU. Denn diese fordere eine Einzelfall­prü­fung, ob das zugewiesene Gebi­et die unveräußer­liche Pri­vat­sphäre nicht beein­trächtigt und hin­re­ichend Spiel­raum geboten ist, dass Gewähr für eine Inanspruch­nahme der Vorteile aus dieser Richtlin­ie gegeben ist. Des Weit­eren sei die Straf­barkeit eines Ver­stoßes gegen die ‘Res­i­den­zpflicht’ gemein­schaft­srechtswidrig, denn die Aufen­thalt­srichtlin­ie sehe für solche Ver­stöße nur ver­wal­tungsrechtliche Sank­tio­nen vor.

Das Urteil und die pauschale Ablehnung aller Anträge erschüt­terten Bis­so G., der jedoch ankündigte, weit­er gegen das Unrecht der ‘Res­i­den­zpflicht’ kämpfen zu wollen. Dazu werde derzeit geprüft, ob Revi­sion­s­gründe vor­liegen. Würde das Ober­lan­des­gericht diesen stattgeben, würde das Ver­fahren erneut ans Landgericht Pots­dam ver­wiesen, dieses Mal aber an eine andere Kam­mer, die für die Fra­gen der Ver­fas­sungsmäßigkeit offen­er ist, so die Hoff­nung von Bis­so G.

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