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Landgericht verurteilt Bisso G.

Ent­ge­gen ihrer Ankündi­gung, am 5. März das Urteil zu sprechen, machte die Vor­sitzende Rich­terin Eibisch heute kurzen Prozess. Der 35-jähri­gen Kameruner wurde zu ein­er Geld­strafe von 15 Tagessätzen à 2 Euro verurteilt. Das Amts­gericht Rathenow hat­te gegen ihn im Mai 2011 eine Strafe von 150 Euro verhängt.

 

Abgelehnt wur­den alle Anträge der Vertei­di­gung, u.a. zur Frage der Ver­fas­sungsmäßigkeit der ‘Res­i­den­zpflicht’. Dies war das erk­lärte Ziel von Bis­so G. und seines Vertei­di­gers, des Recht­san­walts Volk­er Gerloff, gewesen.

  • Ein Beweisantrag, dass „die Zustände in der Gemein­schaft­sun­terkun­ft Rathenow […] und in Rathenow selb­st zum Tatzeit­punkt der­art men­sche­nun­würdig für den Angeklagten waren, dass es für den Angeklagten unzu­mut­bar war, sich ständig in Rathenow aufzuhalten“.
  • Ein Antrag auf Aus­set­zung des Ver­fahrens und Vor­lage zum Bun­desver­fas­sungs­gericht, mit der Begrün­dung, dass „durch die räum­liche Beschränkung des Aufen­thalts […] das Recht auf Freizügigkeit nahezu voll­ständig aufge­hoben und unter einen ver­wal­tungsrechtlichen Erlaub­nisvor­be­halt gestellt [wird].“ Die ‘Res­i­den­zpflicht’ sei ein Ver­stoß gegen Art. 11 Grundge­setz („Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im ganzen Bun­des­ge­bi­et.“). Art. 11 gelte auch für Nicht-Deutsche, denn Art. 3 Abs. 3 GG ver­bi­ete eine Diskri­m­inierung wegen der Abstam­mung. Außer­dem ver­stoße die ‘Res­i­den­zpflicht’ gegen das Vierte Zusatzpro­tokoll zur Europäis­chen Men­schen­recht­skon­ven­tion (Art. 2. Abs. 1: „Jed­er­mann, der sich recht­mäßig im Hoheits­ge­bi­et eines Staates aufhält, hat das Recht, sich dort frei zu bewe­gen und seinen Wohn­sitz frei zu wählen.“), gegen die Bran­den­bur­gis­che Lan­desver­fas­sung (Art. 17: „Alle Men­schen haben das Recht auf Freizügigkeit.“) sowie gegen weit­ere Nor­men des Völkerrechts.
  • Ein Antrag auf Aus­set­zung des Ver­fahrens und Vor­lage zum Gericht­shof der Europäis­chen Union, mit der Begrün­dung, die Beschränkung des Aufen­thalts von Gedulde­ten auf das Bun­des­land ver­stoße gegen die Auf­nah­merichtlin­ie der EU. Denn diese fordere eine Einzelfall­prü­fung, ob das zugewiesene Gebi­et die unveräußer­liche Pri­vat­sphäre nicht beein­trächtigt und hin­re­ichend Spiel­raum geboten ist, dass Gewähr für eine Inanspruch­nahme der Vorteile aus dieser Richtlin­ie gegeben ist. Des Weit­eren sei die Straf­barkeit eines Ver­stoßes gegen die ‘Res­i­den­zpflicht’ gemein­schaft­srechtswidrig, denn die Aufen­thalt­srichtlin­ie sehe für solche Ver­stöße nur ver­wal­tungsrechtliche Sank­tio­nen vor.

Das Urteil und die pauschale Ablehnung aller Anträge erschüt­terten Bis­so G., der jedoch ankündigte, weit­er gegen das Unrecht der ‘Res­i­den­zpflicht’ kämpfen zu wollen. Dazu werde derzeit geprüft, ob Revi­sion­s­gründe vor­liegen. Würde das Ober­lan­des­gericht diesen stattgeben, würde das Ver­fahren erneut ans Landgericht Pots­dam ver­wiesen, dieses Mal aber an eine andere Kam­mer, die für die Fra­gen der Ver­fas­sungsmäßigkeit offen­er ist, so die Hoff­nung von Bis­so G.

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