Solchen Andrang gabs im Glad-House schon lange nicht mehr: 750 Besucher rockten am Freitagabend Laut gegen rechte Gewalt. Acht Bands spielten fünf Stunden lang, unter ihnen die Gruppen Sportfreunde Stiller und Such a Surge.
Die Bands erhalten keine Gage, alle Eintrittsgelder werden für Anti-Rechts-Initiativen gespendet.
Vor dem Eingang herrscht ab 19 Uhr dichtes Gedränge; Fans versuchen, noch eine Karte für den Abend zu ergattern. Doch Fehlanzeige: Alles war bereits im Vorverkauf weggegangen. Drinnen füllt sich der Konzertsaal, als die Gitarren erklingen: 4Lyn, Emil Bulls, NTS, FreiTag und Herzer spielten jeweils eine Viertelstunde laut gegen Rechts, ebenso wie die Bremer Band Kungfu mit ihrem melancholischen Hardrock.
Kallas, Spitzname des Kungfu-Sängers, versucht nach dem Auftritt das Tour-Engagement der Band zu erklären. Einfach zeigen, dass wir dagegen sind. Gegen Rechts. Die Leute sollen nicht wegschauen, sondern dummen Sprüchen sofort was entgegensetzen, sagt der 26-Jährige. Nicht ohne hinzuzufügen, dass die wenigsten Bands politische Lieder schreiben. Wir auch nicht. Aber Musik strahle positive Energie aus. Und so, gestikuliert der rothaarige Bandleader, wolle man zeigen, dass Aggressionen nicht nur durch Zuschlagen abgebaut werden könnten, sondern einfach durchs Tanzen.
Dies beherzigt das Publikum. Spätestens kurz nach 22 Uhr, als die Hitze im Konzertsaal auf tropische Werte steigt und Sportfreunde Stiller in die Gitarrenseiten greifen. Am Mikrofon singt Peter Brugger vom Wellenreiten, und einige Besucher nehmen ihn beim Wort.
Sie schwimmen über der Menschenmasse, lassen sich von Armen in der Höhe halten. Zum gefälligen Gitarren-Pop der Sportfreunde, die bereits nach 30 Minuten die Bühne verlassen. Umbaupause. Zeit für die Vereine und Initiativen, die gegen Rechts kämpfen, sich näher vorzustellen. Zeit für die Fans, sich bei kühlem Getränk zu erfrischen. Super Abend, strahlt Charlotte Wagner (17), die gerade vom Tanzen kommt. Das Motto find ich gut, und das Staraufgebot ist klasse. Außer Atem kommt ihre Freundin Sabine Gereke (18) hinzu. Ihr sei das Thema egal, schließlich verändere sich ja doch nichts. Aber Hauptsache, die Party stimmt, resümiert sie.
Dann ist es halb zwölf, der Bühnennebel wird dicker, die Anspannung steigt. In gleißendem Scheinwerferlicht erklingen die ersten Takte von Such a Surge und ihrem HipHop-Rock-Stilmix. Der halbe Saal beginnt, im Takt mitzuspringen, der Boden des Glad-Houses bebt. Bei den ruhigeren Titeln Tropfen und Jetzt ist gut ragt ein Meer von Armen empor, silhouettenhaft im lilafarbenen Gegenlicht. Eine Stunde lang präsentierte die Band einen emotionalen Mix aus schweißtreibender Energie und wilder Aggressivität.
Die Hamburger Agentur Büro-Lärm veranstaltet die Benefiz-Tournee, die neben Cottbus auch in Hamburg, Berlin, Halle und Jena gastiert. Wir haben Städte für die Auftritte gewählt, in denen es Probleme mit Rechten, aber auch Gegeninitiativen gibt, sagt Veranstalterin Sarah Strohbein. Ein deutliches Zeichen solle mit der Tour gesetzt werden, dass nämlich rechte Gewalt in diesem Land keinen Platz hat.
Such a Surge haben mittlerweile ihre Zugabe gespielt, zum Abschluss versammeln sich Bands und Anti-Rechts-Initiatoren auf der Bühne. Packt euch in Gruppen zusammen, denn da draußen gibts immer noch genug Nazis, wird skandiert.
Fazit des Abends: Der Rockpop-Himmel strahlte unverdrossen gute Laune aus, der Stern der Zivilcourage schien schwach dazu.
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