Der Landtagsabgeordnete Gerd-Rüdiger Hoffmann (Linkspartei) wollte sich in Sachsenhausen zeigen lassen, wie über die zweifache Vergangenheit als faschistisches Konzentrationslager und als sowjetisches Speziallager berichtet wird. Der Streit darum flammte im vergangenen Jahr wieder einmal auf – angeheizt von Innenminister Jörg Schönbohm (CDU). Genossen warnten Hoffmann vor dem Direktor der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, Günter Morsch. »Der zieht dich über den Tisch«, sagten sie. Gestern nun besuchte die komplette Linksfraktion Sachsenhausen, schaute sich dort vor allem den Ausstellungsteil zum Speziallager an.
Eine »differenzierte Darstellung dieses schwierigen Ortes deutscher Geschichte wahrzunehmen«, das sei eine »wichtige Erfahrung« gewesen, sagte Vizefraktionschefin Gerrit Große anschließend. Viele Fraktionskollegen, darunter ausgebildete Geschichtslehrerinnen, hatten sich die Speziallager-Ausstellung vorher noch nie angesehen, erzählte Große. Was nicht heiße, dass sie sich nicht mit dem Thema auseinandersetzten.
Die faschistischen Verbrechen dürfen nicht relativiert werden, verlangte Große. Dafür zu sorgen, habe die Linkspartei eine besondere Verantwortung. Das Speziallager dürfe andererseits nicht bagatellisiert werden. »Das Gedenken kann nur getrennt erfolgen.« Das Konzept der Gedenkstätte gehe von einem mündigen Bürger aus, der sich selbst ein Urteil bilden könne, lobte Hoffmann, der sich von Morsch gut informiert fühlt.
Im Speziallager Sachsenhausen saßen von 1945 bis 1950 insgesamt 60 000 Menschen, mindestens 12 000 von ihnen starben. Unter den Häftlingen befanden sich etliche Kriegsverbrecher, zum Beispiel ehemalige Aufseherinnen des KZ Ravensbrück. Der Anteil der eingesperrten Nazi-Täter lässt sich Morsch zufolge beim gegenwärtigen Forschungsstand nicht beziffern. Man wisse aber, dass sich unter den von sowjetischen Militärtribunalen ab 1947 Verurteilten nur 17 Prozent Nazi-Belastete befanden, jedoch 18 Prozent SED-Mitglieder. Das Speziallager sei auch Folge des »sowjetischen Terrorapparates« gewesen.
Morsch verwies allerdings darauf, dass die Rote Armee nur deswegen bis Berlin marschieren musste, weil die Nazis nicht von ihrem Vernichtungskrieg lassen wollten. »Sonst wären die Russen hier gar nicht hergekommen.«