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Los Wochos: Die Entscheidung

(Polizeikon­troll­stelle) Trotz der Zwangspause unser­er Inter­net­seite wegen des Umzugs auf einen anderen Serv­er haben uns doch einige Zuschriften zu den Bran­den­burg­er Daten­wochen erre­icht. Obwohl uns in den let­zten Wochen immer noch Briefe erre­ichen, möcht­en wir die Aktion nun auch offiziell abschließen. 

Am besten haben uns die fol­gen­den drei Ein­sendun­gen gefall­en. Sie geben präg­nant und unmißver­ständlich wieder, was die von uns betreuten Polizei‑, Strafver­fol­gungs- und Geheim­di­en­st­be­hör­den vom Grun­drecht auf Aktenein­sicht und Infor­ma­tions­frei­heit halten. 

In den näch­sten Tagen ver­trauen wir der Post die Preise an die Einsender/innen der veröf­fentlicht­en Fälle an: 

— einen Verkehrsstab der Volkspolizei,

— ein Paket mit Fach­lit­er­atur zum Polizeirecht sowie

— eine Medaille “25 Jahre Helfer der Volkspolizei” 

Fall 1: Auskun­ftsver­schlep­pung aus Datenschutzgründen

Frau A beantragte bei der Gen­er­al­staat­san­waltschaft in Brandenburg/Havel Auskun­ft über die zu ihrer Per­son dort gespe­icherten per­sön­lichen Dat­en. Die Behörde forderte sie daraufhin auf, ihre Iden­tität unter Vor­lage von Per­son­alausweis oder Reisep­aß in der Gen­er­al­staat­san­waltschaft in deren Sprechzeit­en nachzuweisen. Zur Begrün­dung ver­wies sie auf “die beson­dere Sen­si­bil­ität der Dat­en”. Frau A. erkundigte sich daraufhin, ob ihr Fahrtkosten und Ver­di­en­staus­fall erstat­tet wer­den, wenn sie aus ihrem Wohnort Bernau extra nach Bran­den­burg reist, um dort ihren Ausweis vorzuzeigen. Sie legte dem Brief eine Kopie ihres Per­son­alausweis­es bei und regte an, die Dat­en per Ein­schreiben zuzusenden. Doch auch damit war die Besorg­nis der Gen­er­al­staat­san­waltschaft um die sen­si­blen Dat­en noch nicht aus­geräumt. Sie teilte Frau A mit: “Die Übersendung der Kopie des Per­son­alausweis­es reicht deshalb als Nach­weis Ihrer Iden­tität nicht aus, weil jeden­falls die Möglichkeit, dass eventuell auch eine unberechtigte Per­son die Gele­gen­heit hat­te, in den Besitz Ihres Per­son­alausweis­es zu gelan­gen und sich davon Kopi­en zu fer­ti­gen.” Auf die Möglichkeit, die Dat­en per Ein­schreiben mitzuteilen, ging die Behörde nicht ein. Allerd­ings bot sie nun an, daß der Ausweis auch bei den Staat­san­waltschaften in Franfurt/Oder oder Pots­dam vorgelegt und die Auskun­ft vom dor­ti­gen Behör­den­leit­er erteilt wer­den kön­nte. Frau A. schlug daraufhin vor, die Dat­en an die Bernauer Polizei­wache zu schick­en, wo sie sie per­sön­lich abholen kann. 

Fall 2: Die Tak­tik der Notlüge

Herr B. hat­te vor eini­gen Jahren vor dem Ver­wal­tungs­gericht Pots­dam Klage gegen den Ver­fas­sungss­chutz erhoben, um die Löschung sein­er dort gespe­icherten per­sön­lichen Dat­en zu erhal­ten. Der Ver­fas­sungss­chutz teilte daraufhin mit, daß die strit­ti­gen Dat­en gelöscht wor­den seien. Daraufhin stellte das Gericht das Ver­fahren ein und erlegte Her­rn B. die Kosten des Ver­fahrens auf.

Wenig später beantragte Herr B. beim Ver­fas­sungss­chutz erneut Auskun­ft über gespe­icherte Dat­en. Nach mehreren Monat­en erfol­glosen Wartens, erhob er Untätigkeit­sklage gegen die Behörde. Daraufhin erteilte der Ver­fas­sungss­chutz die ver­langte Auskun­ft. Unter den gespe­icherten Dat­en befan­den sich fast auss­chließlich solche, von denen der Ver­fas­sungss­chutz im ersten Ver­wal­tungs­gerichtsver­fahren behauptet hat­te, daß sie gelöscht wor­den seien.
Inzwis­chen hat Herr B. erneut Klage ein­gere­icht, um die Löschung der gespe­icherten Dat­en durchzuset­zen. In der Klageer­widerung behauptet der Ver­fas­sungss­chutz, daß die Dat­en nicht gelöscht wer­den mußten, weil sie zum Zeit­punkt der Löschungs­bestä­ti­gung nicht zur Per­son gespe­ichert waren und erst später aus all­ge­meinen Sachak­ten in die per­sön­liche Akte Her­rn B.s abgelegt wurden. 

Fall 3: Präven­tive Löschung(sbehauptung)

Herr C hat­te beim Ver­fas­sungss­chutz Auskun­ft über die dort gespe­icherten per­sön­lichen Dat­en beantragt. Nach der Ein­gangs­bestä­ti­gung passierte erst ein­mal gar nichts. Drei Monate später bat der Ver­fas­sungss­chutz um Ver­ständ­nis, daß es “wegen erhöht­en Arbeit­san­falls zu Verzögerun­gen in der zeit­na­hen Bear­beitung” gekom­men sei und kündigte eine baldige Antwort an. Nach weit­eren drei Monat­en erfol­glosen Wartens legte der auskun­ft­shun­grige Bürg­er durch eine Recht­san­wältin beim Ver­wal­tungs­gericht Klage ein, um das Land Bran­den­burg zur Erteilung der Auskun­ft zu verpflicht­en. Dies brachte offen­bar Dynamik in die Sache. Zwei Wochen später kam der Bescheid, der 32 Spe­icherun­gen (darunter die Anmel­dung ein­er Demon­stra­tion und eine Äußerung bei ein­er öffentlichen Podi­ums­diskus­sion) enthielt und einen Dunkel­bere­ich zu dem die Auskun­ft ver­weigert wurde. (Damit war die Klage gegen­stand­los gewor­den. Die Kosten erlegte das Gericht aber dem Ver­fas­sungss­chutz auf, der die Klage voraus­sichtlich ver­loren hätte.) 

Als näch­stes wurde Aktenein­sicht beantragt und gewährt. Die Akte enthielt allerd­ings kaum mehr Infor­ma­tio­nen als der Bescheid. Sie war offen­bar aus anderen Akten eigens für den Ter­min zusam­menge­bastelt wor­den. Teil­weise war ersichtlich, daß die Infor­ma­tio­nen aus dem polizei­in­ter­nen Infor­ma­tions­di­enst oder von der Staat­san­waltschaft stammten. 

Nun wurde der Daten­schutzbeauf­tragte angeschrieben und gebeten, zu prüfen, ob z.B. die Spe­icherung ein­er Demon­stra­tionsan­mel­dung gegen das Recht auf Ver­samm­lungs­frei­heit ver­stößt und auf welch­er Rechts­grund­lage die Spe­icherung von Erken­nt­nis­sen beruht, die jede für sich nicht ver­fas­sungs­feindlich im Sinne des Ver­fas­sungschutzge­set­zes sind, weil sie wed­er den gewalt­samen Sturz der frei­heitlich-demokratis­chen Grun­dord­nung noch den Bestand von Bund und Län­dern bezweck­en. Über­raschen­der­weise schrieb der Lan­des­daten­schutzbeauf­tragte nur wenige Wochen später, daß der Ver­fas­sungss­chutz mit­geteilt habe, daß die gesamte Akte gelöscht wor­den sei. 

Inf­ss zum Hin­ter­grund der “Los Wochos” und eine Doku­men­ta­tion der Behör­den-Briefwech­sel zu den prämierten Fällen gibt es auf den Inter­net­seit­en der Polizeikon­troll­stelle unter www.polizeikontrollstelle.de/

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