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Familie aus Forst soll zurück in den Kosovo

Die seit zehn Jahren in Forst lebende sech­sköp­fige Fam­i­lie Cikaj aus dem
Koso­vo will weit­er in Deutsch­land leben, doch am 4. Sep­tem­ber soll sie nach
Pristi­na abgeschoben werden. 

Nach­dem das Bun­de­samt für die Anerken­nung aus­ländis­ch­er Flüchtlinge den
Asy­lantrag der Fam­i­lie endgültig abgelehnt hat­te und auch das zuständige
Ver­wal­tungs­gericht die Anträge auf Abschiebeschutz zurück­wies, sind alle
rechtlichen Mit­tel für einen Verbleib ausgeschöpft. 

“Meine Heimat ist hier. Meine Mut­ter­sprache ist Deutsch”, sagt die
14-jährige Mir­lin­da und hofft, vielle­icht doch noch in Forst bleiben zu
kön­nen. Ihr sech­sjähriger Brud­er Jet­mir, der hier geboren ist und heute in
Forst eingeschult wird, weiß nicht, wie lange er hier noch zur Schule gehen
kann. Vater Iljaz (42): “Wir ste­hen vor dem Nichts.” 

Vor der Abschiebung noch zum Schulanfang

Koso­vo-Albaner sollen zurück in ein Land, das die Kinder kaum kennen

Für Jet­mir ist heute ein beson­der­er Tag. Der Sech­sjährige ist ein­er der
Abc-Schützen, die in der ersten Grund­schule Forst-Mitte eingeschult werden.
Wie lange der Junge die Schule besuchen wird, ist jedoch ungewiss. Gemeinsam
mit seinen drei Geschwis­tern und seinen Eltern soll er am 4. Sep­tem­ber nach
Pristi­na im Koso­vo abgeschoben wer­den — in ein Land, das er noch nie zuvor
gese­hen hat. Die Aus­län­der­be­hörde sieht für die im Forster Asylbewerberheim
lebende Fam­i­lie Cikaj keine andere Möglichkeit. 

Bei Cika­js liegen die Ner­ven blank. Zehn Jahre, nach­dem Vater Iljaz (42)
vorm Krieg auf dem Balkan nach Deutsch­land flüchtete, und sieben Jahre,
nach­dem ihm Ehe­frau Dusha (40) mit ihren damals drei Kindern Jeton (18),
Mir­lin­da (14) und Rexh (10) nach Berlin fol­gte, sollen sie zurück in den
Koso­vo. «Da ist kein Platz für uns» , sagt Mir­lin­da. Sie war sieben Jahre
alt, als sie das Land ver­ließ. «Wenn wir auf dem Flughafen in Pristina
ankom­men, sind wir völ­lig ori­en­tierungs­los. Wir ste­hen vor dem Nichts» ,
befürchtet die 14-Jährige. «Wir haben dort keine Woh­nung, kein Geld — gar
nichts. Für mich gibt es keine Arbeit. Es ist weit­er ein unsicheres Land» ,
fügt Vater Iljaz an. Hinzu käme, dass es im Koso­vo wed­er für ihn noch für
seine Frau die notwendi­gen Medika­mente gegen ihre Krankheit­en gebe. «Ich
kann kaum noch schlafen» , gibt der 42-Jährige zu. Je näher der Tag rückt,
desto öfter müsse sie weinen, geste­ht Mir­lin­da ein. Ursprünglich sollten
sich die Cika­js schon am 4. August in Schöne­feld in den Flieger set­zen. Sie
sind nur deshalb noch in Forst, weil ihnen der Abschiebeter­min zu
kurzfristig mit­geteilt wor­den sei. 

«Meine Heimat ist hier» , hofft Mir­lin­da darauf, dass ihrer Fam­i­lie die
Abschiebung erspart bleibt. In Forst habe sie Fre­unde und Bekan­nte. «Meine
Mut­ter­sprache ist Deutsch.» Sie könne zwar noch Alban­isch sprechen, «aber
nicht lesen und schreiben» . Mir­lin­das Realschul-Zeug­nis (Durch­schnitt 2,3)
kann mit denen Gle­ichal­triger gut mithalten. 

«Unsere Kinder ken­nen ihren Geburt­sort nicht. Für sie ist Forst der zweite
Geburt­sort» , ergänzt Vater Iljaz. Der zehn­jährige Rexh, der wie sein Bruder
Jeton in Forst Fußball spielt — bei SV Rot-Weiß und Keune, hat eine einzige
Erin­nerung aus dem Koso­vo: «Ich musste weinen, als ich sah, wie ein Schaf
geschlachtet wurde.» Rexh war damals drei Jahre alt. 

«Kaum Exis­ten­z­grund­lage im Kosovo»

«Die Dra­matik beste­ht darin, dass die Fam­i­lie im Koso­vo kaum eine Grundlage
für den Auf­bau ein­er Exis­tenz hat» , schätzt auch Asyl­heim-Leit­er Andreas
Hal­la ein. Anson­sten will er sich zum Fall nicht weit­er äußern, dies sei
Sache der Ausländerbehörde. 

Die wiederum erk­lärt: «Mit den ablehnen­den Beschei­den des Bun­de­samtes für
die Anerken­nung aus­ländis­ch­er Flüchtlinge wur­den die Antrag­steller nicht als
Asyl­berechtigte anerkan­nt. Mit den Beschei­den wurde gleichzeitig
fest­gestellt, dass kein Abschiebungsver­bot für poli­tisch Ver­fol­gte und auch
keine Abschiebung­shin­dernisse vor­liegen. … Die ein­gere­icht­en Anträge auf
Abschiebungss­chutz wur­den vom zuständi­gen Ver­wal­tungs­gericht unanfechtbar
abgelehnt. Spätestens seit März 2002 ist die gesamte Fam­i­lie vollziehbar
ausreisepflichtig.» 

Schu­la­b­schluss ermöglicht

Cika­js hät­ten nur deshalb noch bleiben kön­nen, weil dem ältesten Sohn Jeton
der Abschluss der 10. Klasse ermöglicht wer­den sollte. «Eine Neuankündigung
der Fam­i­lie (im Koso­vo, Anm. d. Red.) zwecks Rück­führung erfol­gte am 5.
August. Die Antwort der zuständi­gen Behör­den bleibt abzuwarten.» 

Hin­ter­grund Asyl­be­wer­ber­heim Forst

Im Forster Asyl­be­wer­ber­heim leben derzeit rund 100 Kinder und Erwach­sene aus
etwa 30 Natio­nen in dem Haus an der Guben­er Straße. Das Heim wird im Auftrag
des Land­kreis­es Spree-Neiße von ein­er pri­vat­en Gesellschaft betrieben. Nach
Angaben von Heim­leit­er Andreas Hal­la sind weit­ere vier Fam­i­lien in der
gle­ichen Sit­u­a­tion wie die Cikajs.

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