(FRANZISKA MOHR, MAZ) KöNIGS WUSTERHAUSEN Wer noch immer glaubt, dass im Amtsgericht Königs Wusterhausen vor allem Trickbetrüger, Verkehrsrowdys und Diebe vorgeladen werden, irrt. Das Bild des Strafgerichts passt nur bedingt. Weitaus häufiger muss das Gericht familiäre Angelegenheiten regeln, weil die einstigen Partner derart zerstritten sind, dass nur noch eine Amtsperson helfen kann. So bearbeitete allein das Familiengericht 2004 ähnlich wie in den Vorjahren knapp 800 Fälle. Den Löwenanteil bildeten mit etwa 40 Prozent Ehescheidungen.
Aber auch das Anfechten der Vaterschaft sowie Fragen der elterlichen Sorge, wie des Umgangsrechts oder des Unterhalts, gehören zu diesem Bereich.
Bei den Scheidungen ist ein leichter Anstieg zu verzeichnen. Dem Direktor des Amtsgerichts Königs Wusterhausen, Hans-Joachim Pauckstadt, zufolge werden in der Region 35 bis 36 Prozent aller Ehen geschieden. Dabei kristallisieren sich im Wesentlichen zwei Knackpunkte heraus. Zum einen gehen die Partner bereits nach drei oder vier Jahren wieder getrennter Wege. Zum anderen wird die Scheidung erst dann eingereicht, wenn die Kinder allmählich das Haus verlassen. Offenbar ist dies eine Zäsur, wo fast ausnahmslos Frauen entscheiden, dass sie mit diesem Mann nicht mehr bis zum Ende ihrer Tage leben wollen. Pauckstadt: “Viele Frauen wollen auch nach 20 oder 25 Ehejahren noch über ihre Beziehung reden, möglicherweise dieses oder jenes verändern. Ein Wunsch, den viele Männer offensichtlich nur ungenügend nachvollziehen können.” Die Folge sei, dass die Frau schweigt und der Vorrat an Gemeinsamkeit immer weiter schrumpft, bis die Partnerin einen Schlussstrich zieht. “Nicht selten”, so der Amtsgerichtsdirektor, “fallen Männer dann aus allen Wolken, weil für sie alles in bester Ordnung schien.”
In jüngster Zeit kommt noch ein weiteres Phänomen hinzu. Gerade hier in Brandenburg ist ein deutlicher Wandel des Männer-Bildes eingetreten, der viele Partnerschaften belastet. War der Mann bisher fast uneingeschränkt der Hauptverdiener, so sitzt er jetzt möglicherweise arbeitslos mit “Hartz IV” daheim, während seine Frau mitten im Berufsleben steht. Viele Männer werden mit dieser Rolle des “Hausmannes” nicht fertig, ihr Selbstwertgefühl sinkt dramatisch. In einigen Fällen geht dies bis zum Griff zur Flasche. Auch das ist ein zunehmender Scheidungsgrund.
Das Familiengericht spürt aber auch, dass sich das Bild des Mannes in anderer Hinsicht ändert. So haben viele Väter heute ihre Kinder selbst gewindelt und gefüttert. Insofern kämpfen sie weitaus stärker als noch vor einigen Jahren um ihr Umgangsrecht. Dies trifft vor allem dann zu, wenn die Familie bis zur Trennung schon einige Jahre tatsächlich zusammen gelebt hat. Bei den “Zufallsprodukten”, wie Pauckstadt es schmunzelnd nennt, ist dies weitaus seltener.
Das geht so weit, dass das Amtsgericht Königs Wusterhausen erst kürzlich entscheiden musste, ob ein Vater mit seiner Tochter trotz des ausdrücklichen Verbots der Mutter zu einem Flötenkonzert gehen darf oder nicht. Ein häufiger Streitpunkt ist auch, ob und wie lange das Kind mit dem Vater in den Urlaub fahren darf.
Dennoch bildet es nach wie vor die Ausnahme, dass Kinder nach der Scheidung beim Vater aufwachsen. Das geschieht Pauckstadt zufolge bei höchstens zehn Prozent aller Fälle. Dabei zeigt sich, je älter die Kinder sind, desto wahrscheinlicher ist, dass sie im Haushalt des Vaters leben wollen. Ausschlaggebend ist meist aber nicht die besondere Liebe zum Vater, sondern dass er am Ort bleibt, während die Mutter wegzieht. Das Kind will seinen gewohnten Freundeskreis behalten.
Als problematisch bewertet das Amtsgericht die Situation bei den Unterhaltszahlungen für Kinder. Hier fehlt es neben dem Willen häufig auch an der Fähigkeit.
Väter, die mehrere Jahre mit Unterhaltszahlungen von 5000 bis 10 000 Euro in der Kreide stehen, sind keine Seltenheit. Pauckstadt: “Hier hilft auch keineswegs der Hinweis Arbeitslosigkeit, um sich dem Unterhalt zu entziehen oder ihn deutlich zu mindern.” Die Väter sind in jedem Fall verpflichtet, sich €paweit um Arbeit zu bemühen. Zudem gibt es Fälle, wo die fehlende Zahlungsbereitschaft vor allem damit begründet wird, dass man jetzt für die Lebenshaltungskosten der neuen Partnerin und deren Kinder aufkommt. Aber auch das ist nach Angaben des Amtsgerichtes kein ausreichender Grund. In erster Linie ist der Vater für seine leiblichen Kinder verantwortlich.
“Die Erfahrung zeigt”, so Pauckstadt, “dass es dort, wo ein regelmäßiger Umgang mit dem Kind gepflegt wird, auch mit dem Unterhalt klappt.”