Mehrere junge Frauen möchten die Szene-Kneipe „Olga“ ab morgen einmal monatlich ohne Kerle erleben
(Henri Kramer) Wer als Junge morgen in das alternative Café Olga kommt, dort ein Bier trinken und wie jedes Wochenende vielleicht noch am Rand der Charlottenstraße sitzen will, dürfte eine Überraschung erleben: Er wird nicht reinkommen. „Wir werden keine Türsteher haben, aber Männern schon freundlich erklären, dass wir unter uns sein wollen“, sagt Nora. Die 24-Jährige möchte mit ihrer sechs Jahre älteren Freundin „Mütze“ ein ungewöhnliches Projekt wagen: Einmal im Monat die Olga als Kneipe nur für Mädchen und Frauen. Und ohne Jungs. Morgen.
Die Erklärung dafür hört sich wie ein mit Fachbegriffen durchsetztes Manifest für eine aufgeklärte und emanzipierte Frauenbewegung an. Die beiden wehren sich gegen ihnen vorgesetzte „Rollenbilder“, gegen ein „binäres“ Geschlechtersystem mit nur zwei vorgefertigten Rollen, so Nora: „Leider lassen sich selbst in alternativen Räume wie der Olga Verhaltensmuster finden, die Frauen ausgrenzen.“ Etwa Männer, die „laut, dominant und mit großen Gesten“ redeten, mit Bier in der Hand und selbst von sich überzeugt. Die Summe solcher Erfahrungen hätte bei ihr und den anderen Beteiligten die Überzeugung geschaffen: Wir brauchen einen Raum für uns. Einmal im Monat.
Die Initiative selbst ist noch lose organisiert, viele kommen aus dem Umfeld des links-alternativen Chamäleon-Vereins in der Hermann-Elflein-Straße. Ähnlich vage beschreiben Nora und „Mütze“ auch die erwarteten Änderungen des morgigen Abends in der Olga. „Es wird sich nicht sofort der totale Knall-Effekt eintreten“, sagt „Mütze“. Aber sie denke schon, dass sich mit der Zeit die Redeweisen der Frauen verändern würden, auch ihre Bewegungen, des Freiraums wegen. „Sozialisiertem Verhalten wird man sich nur allmählich bewusst.“ Nora nickt. Nicht nur die Männerseite sei dominant, auch die Frauen aus ihrer anerzogenen Rolle heraus oft zu passiv. „Mit unserer regelmäßigen Aktion möchten wir für solche alltäglichen Machtverhältnisse sensibilisieren, damit sich Menschen von ihren Rollenklischees verabschieden.“ Deshalb schreiben die beiden in Aufrufen für ihr Projekt auch „mensch“ statt „man“ – als Zeichen im Alltag, wie es viele Linke verwenden..
Das Projekt „Olga — ohne Jungs“ hat ihnen jedoch nicht nur Freunde eingebracht. In Internetforen beschweren sich Olga-Besucher: Über Ausgrenzung, über Diskriminierung. Doch wer sich ausgeschlossen fühle, könne auch einmal anderswo über Rollenbilder nachdenken, so Nora. Es gehe in erster Linie um ein Experiment: Wie ist es in einer Bar ohne Männer? Deshalb seien auch Transgender willkommen, also Menschen, die sich mit ihrer Geschlechtsrolle und ihren Geschlechtsmerkmalen nur unzureichend oder gar nicht beschrieben fühlen – etwa Transsexuelle. Nora: „Die Männer haben die Olga immer – und für den einen Tag gibt es genug andere Räume.“