(MAZ, 1.9., Rose Black) BRÜCK/POTSDAM Es muss gegen drei Uhr nachts gewesen sein, als Halil T. von einem lauten
Knall wach wurde. “Ich dachte, ich träume, als ich das Feuer sah.” Im Bistro seines Freundes brannte es. Halil T. griff einen Eimer, füllte ihn
mit Wasser. Es gelang ihm, das Feuer zu löschen. Zurück blieben
Brandblasen an Händen und Schnittwunden an Füßen. Die stammten von den
Splittern der Schaufensterscheibe. Auf der Erde lag eine Flasche mit einem
Tuch darin. Sie hatte den Brand ausgelöst. Es war der 6. Februar dieses
Jahres, ein Freitag. Der 24-Jährige rief seinen Freund Kayan Kutlu an. Der
war an diesem Abend von Brück nach Berlin gefahren und hatte T. gebeten,
in seinem Döner-Imbiss zu übernachten. Nun standen beide vor einem
doppelten Problem: In der Imbisshalle war erheblicher Sachschaden
entstanden. Halil T. aber hätte sich in ihr gar nicht aufhalten dürfen.
Als Asylbewerber darf er sich nicht weiter als 30 Kilometer von seinem
Wohnort entfernen. Beide entschlossen sich zu einer Lüge: Halil T. lief
zum Bahnhof und Kayan Kutlu rief dann erst die Polizei. Er selbst habe,
wie meistens, in seinem Imbiss übernachtet und das Feuer gelöscht,
erklärte er. Als dann aber die Fragen der Polizei immer genauer wurden,
klärte er die Sache auf. Und so standen er und sein Freund am Montag nun
als Zeugen vor dem Potsdamer Landgericht. Angeklagt wegen versuchten
Mordes sind drei junge Männer aus Brück: Fabian Th. (19), Mario H. (20)
und Gregor Ludwig H. (21).
“Am Montag nach der Tat kamen 30 Kinder mit ihren Lehrern. Sie brachten
mir einen Blumenstrauß und sagten, wie leid ihnen all das täte. Sie wollen
weiter zu mir kommen.” Dem 47-jährigen Türken ist die Rührung noch heute
anzumerken. Trotzdem hat er versucht, seinen Imbiss an der Bahnhofstraße
zu verkaufen. Es gelang nicht. Der Umsatz ist zurück gegangen. “Manchmal
habe ich Angst.” Zwei der drei Angeklagten wurden noch am Tattag
verhaftet. Auf ihre Spur gekommen, war man durch die Aussage einer
13-Jährigen, der damaligen Freundin von Gregor H. “An jenem Abend kamen
alle drei zu uns. Sie haben unten gesessen”, so die Mutter des Mädchens,
Beate A. Zuerst sei alles in Ordnung gewesen. Aber als sie dann irgendwann
wieder nachschaute, habe es “wie in einem Schweinestall” ausgesehen. Leere
Flaschen, Getränkelachen, die Hifi-Anlage in Bier ertränkt.
Als die Männer
nicht gehen wollten, rief Beate A. die Polizei. Später habe ihre Tochter
erzählt, dass die drei am Nachmittag einen Überfall auf den Döner-Imbiss
geplant hatten. Auch die inzwischen 14-Jährige wurde am Montag gehört. Da
sie aber mehrmals bedroht worden sei, beantragte die sie begleitende
Rechtsanwältin, dass dies ohne Öffentlichkeit und ohne Beisein der drei
Angeklagten geschehen müsse: “Meine Mandantin hat große Angst. Immer
wieder musste sie hören, dass ihr und ihrer Familie großes Unglück
geschieht, falls sie hier aussagt.”
Am Montag schwiegen die drei Angeklagten. Sie machten von ihrem
Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. Ihre Gesinnung aber zeigten zwei von
ihnen auf andere Art: Ihre T‑Shirts trugen in altdeutscher Schrift den
Aufdruck “Thor Steinar”. Eine Firma, die besonders bei Rechten in
Brandenburg sehr beliebt ist.