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(Anti-)Rassismus Flucht & Migration

Memorandum von Geflüchteten an den Brandenburger Landtag

Wir sind schutz­suchende Men­schen, die direkt von Ital­ien nach Deutsch­land über ein Relo­ca­tion­pro­gramm gekom­men sind. Wir ver­bracht­en zwei Tage auf offen­er See, bevor uns das Ret­tungss­chiff Open Arms ret­tete. Da Ital­ien das Ein­fahren des Schiffs block­ierte, ver­bracht­en wir weit­ere 20 Tage zwis­chen dem 1. und 20. August 2019 auf dem Mit­telmeer. Nun leben wir in Pots­dam, in ein­er Stadt, die sich „Sicher­er Hafen“ nen­nt. Aber unser Asylge­such ist abgelehnt worden!

Pots­dam ist kein Sicher­er Hafen für uns. Die deutsche Poli­tik hat uns unser Recht auf eine Aufen­thalt­ser­laub­nis beraubt! Bevor wir in Deutsch­land angekom­men sind, führte das Europäis­che Unter­stützungs­büro für Asyl­fra­gen (EASO) ein­schließlich des deutschen Inlands­ge­heim­di­en­stes in Poz­za­lo in Ital­ien unser Asylver­fahren durch. Unser Asylge­such wurde von der deutschen Bun­desregierung nach eini­gen Monat­en akzep­tiert: Die von dem Seenotret­tungss­chiff Open Arms geretteten Migrant*innen unter­schrieben ein Doku­ment, das die deutsche Regierung zuvor an ital­ienis­che Ein­wan­derungs­beamte schickte.

Eben­falls unter­schrieb die ital­ienis­che Ein­wan­derungs­be­hörde in Cro­tone Ital­ien dieses Doku­ment, aber uns wurde das Recht ver­weigert, die Kopie des Doku­ments zu erhal­ten. In Ital­ien sagten sie, dass die deutsche Regierung mit diesem Doku­ment unser Asyl akzep­tiert. Als wir in Deutsch­land anka­men, ver­langte das Bun­de­samt für Migra­tion und Flüchtlinge (BAMF) erneut einen Asy­lantrag, was aber nahezu für alle der 132 Migrant*innen aus der Relo­ca­tion abgelehnt wurde!

Es scheint uns, dass die deutsche Regierung uns “relo­cat­ed” hat, um uns in eine Falle für eine mögliche Abschiebung zu lock­en, denn einige von uns haben mehrmals Dul­dun­gen und Abschiebebeschei­de erhal­ten, weshalb viele auf­grund der Sit­u­a­tion Deutsch­land ver­lassen haben und in andere Zuflucht­slän­der geflo­hen sind. Wir entwick­eln Trau­ma­ta und andere gesund­heitliche Prob­leme. Das ist kein Leben in einem Sicheren Hafen!

Wir haben vor, eine bessere Zukun­ft aufzubauen! Aber wo ist unser Recht, diese Zukun­ft zu begin­nen? Dies ist ein bar­barisch­er Akt, um unsere Zukun­ft durch die deutsche Regierung zu beenden.

Hört auf, unser Bleiberecht und unser Recht auf Schutz zu verweigern!

Hört auf, ras­sis­tisch zu uns zu sein!

Wir brauchen unser Bleiberecht, wir sind ver­wirrt, wie kann die Regierung uns umsiedeln, während sie uns gle­ichzeit­ig auf­fordert, zu gehen? Wohin? Nach Ital­ien oder ins Mittelmeer?

Die Men­schen in Pots­dam sagen, dass sie ein Sicher­er Hafen sein wollen. Warum sollen wir dann abgeschoben werden?

Das Wichtig­ste, was über allem ste­ht, ist: Wir brauchen eine Per­spek­tive, um in Deutsch­land zu bleiben.
Wie kann sich Deutsch­land offiziell ein sicheres Land nen­nen, wenn wir keine Sicher­heit­en haben?

Wenn wir eine Dul­dung nach der anderen erhal­ten, wenn wir jedes Mal mit einem mul­mi­gen Gefühl zur Aus­län­der­be­hörde gehen, mit der Angst, abgeschoben zu wer­den. Stattdessen erwarten wir jedes Mal einen Auf­schrei aus dem Par­la­ment, wenn Abschiebun­gen stat­tfind­en — neuerd­ings sog­ar mit­tenin der Nacht. Der Zus­tand des prekären Aufen­thalts dauert für viele Schutz­suchende 5 oder 6 Jahre, ver­lorene Jahre im Leben eines Men­schen. Das zähe Ver­fahren zeigt, wie restrik­tiv die Aus­län­der­be­hörde mit Aufen­thalts­genehmi­gun­gen umgeht.

Wir fordern daher, dieses Sys­tem der Ket­ten­dul­dun­gen zu been­den, Abschiebun­gen zu ver­mei­den und stattdessen alle beste­hen­den Bleiberecht­sregelun­gen zu nutzen, um Bleibeper­spek­tiv­en zu schaffen!

Wir fordern vom Bran­den­burg­er Landtag:

• Abschiebun­gen sind Ent­führun­gen! Wir wollen einen Abschiebestopp durch die Lan­desregierung, nicht nur in Corona-Zeiten!

• Weisen Sie Ihre Aus­län­der­be­hör­den an: Wir wollen Empow­er­ment- und Bleiberecht- Vere­in­barun­gen statt Abschiebun­gen! Die Aus­län­der­be­hör­den sollen durch eine Anweisung der Lan­desregierung uns eine mehrjährige Zeit garantieren, in der wir einen Weg zum sicheren Aufen­thalt gezeigt bekom­men und nutzen kön­nen, wie wie z.B. über Deutschkurse und Aus­bil­dungs- und Jobmöglichkeiten.

• Set­zen Sie sich dafür ein, dass die Kom­munen wie Pots­dam selb­st­ständig geflüchtete Men­schen aufnehmen kön­nen! Weg mit dem Veto-Recht der Bun­desregierung gegen eine selb­st­bes­timmte Aufnahme!

Wir fordern von der Pots­damer Stadtregierung:

• Geben Sie nie­man­den zur Abschiebung frei! Pots­dam ist kein Sicher­er Hafen, wenn abgeschoben wird!

• Weisen Sie Ihre Aus­län­der­be­hörde an: Wir wollen Empow­er­ment- und Bleiberecht-Vere­in­barun­gen statt Abschiebun­gen! Die Aus­län­der­be­hörde Pots­dam soll durch eine Anweisung der Stadtregierung uns eine mehrjährige Zeit garantieren, in der wir einen Weg zum sicheren Aufen­thalt gezeigt bekom­men und nutzen kön­nen, wie wie z.B. über Deutschkurse und Aus­bil­dungs- und Jobmöglichkeiten.

Wir danken für Ihr Verständnis!

King­gs­ley Anok­wute, Sylvester Ochuko und Sun­day Endurance
c/o Refugees Eman­ci­pa­tion e.V. Dor­tus­tr. 46, 14467 Potsdam
Email: info@refugeesemancipation.com  Tel: 017636266043

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