Cottbus. Die für 2006 vorgesehenen Kürzungen in der Jugendarbeit und
Jugendsozialarbeit gefährden die Angebots-Vielfalt in der Stadt und sind
deshalb nicht hinzunehmen. Das sagt Babette Hub, Vorsitzende des
Unterausschusses Jugendhilfeplanung. Nach dem Willen der Verwaltung sollen
zehn Prozent der Ausgaben für freie Träger in diesem Bereich wegfallen.
Gleichzeitig will die Kämmerei nach dem Rückzug des Diakonischen Werkes aus
dem Comics die Mittel für diese einzige innerstädtische
Jugend-Freizeiteinrichtung ganz streichen. Das bedeute, dass im Bereich der
Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit 11,2 Stellen nicht mehr finanziert
werden könnten.
Mit den im Haushaltsentwurf 2006 vorgesehenen Kürzungsvorschlägen will die
Stadt nach Auskunft von Sozialdezernent Berndt Weiße in diesem Bereich
insgesamt 409 000 Euro einsparen, davon 220 000 Euro für das Comics. Auch
für die im Haushaltssicherungskonzept festgeschriebenen 189 000 Euro
Minderausgaben sollen allein die freien Trägern aufkommen.
“Warum müssen die freien Träger allein dafür sorgen, dass der öffentliche
Haushalt in Ordnung kommt”, fragt Babette Hub, “und die städtischen
Einrichtungen sind davon ausgenommen.” Mit dem Beschluss der
Stadtverordnetenversammlung, alle nichthoheitlichen Aufgaben nach
Möglichkeit auszugliedern, sei das nicht zu vereinbaren.
Die Sozialarbeiterin erinnert an die 24 Erzieherinnen, die im Jahr 2003 aus
Kitas zur Jugendarbeit gewechselt sind. Mit der Begründung eines ungedeckten
Bedarfs in diesem Bereich. Auch heute sei der Stellenbedarf in der
Jugendarbeit keineswegs gedeckt. Babette Hub: “Gilt dann nicht auch heute
der gleiche Rechtsgrundsatz?”
Selbst der niedrig angesetzte Versorgungsgrad von zehn Prozent der Zwölf-
bis 21-Jährigen ist keineswegs überall in Cottbus gesichert. Während in
Sachsendorf, wo die Kinderzahl bei relativ stabiler Angebotsstruktur in den
letzten Jahren dramatisch gesunken ist, 17 von 100 Jugendliche ein
Freizeitangebot vorfinden, sind es im Cottbuser Osten lediglich drei
Prozent.
In Sandow soll die Zahl der Stellen nach dem Vorschlag des Unterausschusses
Jugendhilfeplanung von derzeit 2,8 auf 5,3 fast verdoppelt werden.
Gravierende Einschnitte werde es hingegen in Sachsendorf geben. Für den
Cottbuser Süden nehmen die Planer 10,2 Stellen ins Visier. 15,9 Stellen gibt
es hier derzeit. Babette Hub: “Das ist keinesfalls zu viel. Aber wir müssen
das Angebot den begrenzten Möglichkeiten anpassen.” Rein “rechnerisch” gebe
es überhaupt kein Budget für das “House Prior”, wo nach der Sanierung 5,8
städtische Stellen angesiedelt sind.
“Wenn wir uns so große Einrichtungen auch künftig leisten wollen”, sagt
Babette Hub, “heißt das, dass viele kleine schließen müssen.” Die nach und
nach geschaffene Angebotsvielfalt sei in Gefahr. “Es wird in der Verwaltung
offenbar nicht gesehen, was für ein Potenzial die freien Träger haben und
was sie an Ideen mitbringen.” Jüngstes Beispiel dafür sei die Zirkuswoche
Ende Juli im Strombad gewesen. Vier Vereine hätten zwei Jahre
Vorbereitungszeit in ein Projekt gesteckt, von dem alle, die dabei waren,
noch in vielen Jahren sagen würden: “Das war ein ganz toller Sommer.”
Ehemals funktionierende Strukturen sieht Babette Hub auch bei der
Sozialarbeit in Gefahr. “Das Streetwork droht wegzubrechen, weil alle
Ressourcen für die Schulsozialarbeit gebraucht werden.” Die Stadt hatte sich
dazu bekannt, die Sozialarbeit an Schulen unabhängig von Sparzwängen in
gleicher Höhe zu erhalten. Babette Hub: “Konsequenz ist die Frage: Schließen
wir das Fanprojekt oder das Wohnprojekt ‚Löwenzahn´?”
All diese Fakten, die hinter den Zahlen stehen, hätten die Stadtverordneten
bei ihrer Entscheidung über den Haushalt 2006 zu bedenken. Aus ihrer Sicht
gebe es nur eine Konsequenz. Babette Hub: “Diese Kürzungen sind so nicht zu
verabschieden.”
Hintergrund
Kosten der Jugendarbeit
Das städtische Budget für die Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit beträgt
rund 3,5 Millionen Euro. Damit werden 71 Stellen, davon 46 bei freien
Trägern finanziert.
Für 2006 sieht die Verwaltung ein Budget von rund 3,1 Millionen Euro vor.
Das bedeutet eine Reduzierung um 11,2 Stellen.