Altglietzen (ulg/MOZ) Für die MOZ-Leser hat Heinz Prügel aus Altglietzen seine bereits niedergeschriebenen Erinnerungen an den Krieg erneut aufbereitet. Er hatte bereits vor zehn Jahren, zum 50. Jahrestag des Kriegsendes, eine Serie mit Erinnerungen in der MOZ veröffentlicht. “Aber es sind ja wieder neue Generationen herangewachsen, die selbst von ihren Großeltern nichts Selbsterlebtes mehr erfahren”, sagt der Altglietzener.
“Ich muss immer wieder an den Satz denken, den vor Jahren einmal der Freienwalder Schriftsteller Siegfrid Schumacher gesagt hat: Der Krieg war kein Abenteuer. Es ist gut und wichtig, die Erinnerung daran nie verblassen zu lassen”, betont Heinz Prügel. Und auch seine Frau Giesela hat noch die lebhaftesten Erinnerungen an die Kriegstage. Anders als ihr Mann hatte sie die Zeit auf der Flucht erlebt. Am 6. Februar 1945 hate die Familie ihr Haus in Altglietzen verlassen müssen. Jenes Haus in der Wiesenstraße 28, in welchem Prügels heute leben. Von dort ging es zunächst zu Bekannten nach Bergfelde bei Oranienburg. Und als der Krieg auch dorthinzog, am 20. April, ging es weiter nach Herford in Westfalen.
Heinz Prügel schreibt: “Krieg ist das Allerschlimmste, was es auf der Welt gibt. Er wird von Menschenhand ausgelöst und kostet viel Blutvergießen (Tote): Eine Tante von mir sagte einmal: “Den Krieg wollen die Reichen, weil: der Mittelstand soll weichen und die Armen sind die Leichen.”
Ich war 15 und nicht sehr groß, aber als Kanonenfutter groß genug. Es war der 28. Januar, als ich vom Ortsgruppenleiter den Befehl erhielt, mich mit meinem Freund als Melder in der Gaststätte Tharun bei den Panzerjägern zu melden. Beide meldeten wir uns bei einem Leutnant, er schickte uns aber wieder nach Hause und sagte, ihr Pimpfe könnt am Nachmittag wiederkommen.
Die Zellstofffabrik hatte Anfang Januar die Produktion eingestellt. Somit war meine Lehre im Labor unterbrochen und wir Jungen harrten auf die Dinge, die da auf uns zukommen.
Spät nachmittags meldeten wir uns nochmals im Stab. Ein Unteroffizier sagte uns, legt euch noch ein wenig aufs Ohr, bis ihr gebraucht werdet. Wir schauten uns aber erst noch die drei Panzerspähwagen (SPW) an, die gegenüber auf der anderen Straßenseite standen. Heinz und ich hatten den gleichen Gedanken ob wir hier auch mal drin sitzen könnten? Die Lanzer saßen an den Tischen in der Gaststätte und quatschten blödes Zeug. Wir verweilten bis zum Abend in einem anderen Raum und wurden auf einmal hellhörig, als eine Meldung durchdrang: drei Russische T 34 sind auf der Strecke zwischen Bärwald und in Richtung Zäckerick gesichtet. Das löste sofortigen Alarm für das Panzerjagdkommando aus. Wir mussten sofort Panzerfäuste aus einem Raum zu den SPW schleppen. Als alles verladen war, kam der Befehl zum Aufsitzen. Ein Feldwebel fragte: “Na ihr Pimpfe, wollt ihr mit?” Ein Jawohl war die Antwort. “Na denn rauf mit euch!”
Sehen konnten wir nichts, aber wir wussten, dass es am Oderdamm entlang ging. Erst an der “Fasaneriebrücke” machten alle drei SPW Halt. Alle waren ausgestiegen, nur wir mussten die Panzerfäuste rausgeben. Sie wurden in die ersten beiden SPW verstaut, die auch sofort über die Brücke fuhren. In den Bergen bei Zäckerick (Schweinepfeife) wurden die drei T 34 aufgespürt und nach langer Zeit hörte man in der Ferne Detonationen und sah auch weit weg Feuerschein. Wir fuhren alsbald zum Stab zurück, und da saßen die anderen schon und feierten den Sieg. Sie waren auf die andere Seite der Oder gefahren. Heinz und ich mussten nun die Soldaten mit Getränken versorgen. Es war noch genügend Wein im Keller vorhanden. Aber es dauerte nicht sehr lange und wir hatten vom Genuss des Weines nicht mehr die Kraft, die Treppe rauf zu steigen. Die Lanzer holten uns rauf und legten uns beide ins Stroh. Es war meine erste Alkoholtaufe. Ich verabscheue den Krieg und jegliche Gewaltauseinandersetzung.”