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Antifaschismus

Nauen?: Glitzer-Party gegen Neonazi-Kundgebung zum 20. April

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Eine „Antifaschis­tis­che Glitzer Aktion“ hat am Mittwochabend in Nauen gegen eine Ver­samm­lung von NPD und „Freien Kräften“ demon­stri­ert. An dem kreativ­en Protest gegen die jährliche Neon­azikundge­bung beteiligten sich unge­fähr 60 Men­schen. Sie forderten u.a. „Par­ty statt Patri­o­tismus“, schwenk­ten pinke Fah­nen, war­fen Glitzer-Staub und tanzten zu Trash-Musik aus den 1990er Jahren. Damit hat­ten sie die volle Aufmerk­samkeit auf sich gezo­gen, während die Neon­azis mit ihrer immer gle­ichen Chore­ografie: stramm ste­hen, Ban­ner zeigen und wahlweise sich von Wag­n­er oder der Ton­ban­dansage berieseln zu lassen, den Par­ty-Men­schen auf der andere Seite wenig ent­ge­gen­zuset­zen hat­ten. Entsprechend ger­ing wurde auch deren Ver­samm­lung fre­quen­tiert. Weniger als 25 Neon­azis aus dem Havel­land und dem Land­kreis Ost­prig­nitz-Rup­pin hat­ten sich demzu­folge am frühen Abend in Nauen eingefunden.
Tol­er­anzfest deplatziert Neonazi-Kundgebung
Neben den Protesten in Hör- und Sichtweite gab es mit dem „Tol­er­anzfest“ in der Garten­straße auch noch eine weit­ere Ver­anstal­tung, die sich gegen die alljährlichen neon­azis­tis­chen Ver­samm­lun­gen zum 20. April richtete. Das bunte Pro­gramm aus Fam­i­lien­fest und Büh­nen­musik wurde von mehreren hun­dert Men­schen wahrgenom­men und begeis­terte vom frühen Nach­mit­tag bis zum späteren Abend. Auch der Bürg­er­meis­ter, Vertreter_innen des Land­kreis­es und der regionalen Poli­tik nah­men am Tol­er­anzfest teil. Organ­isiert wurde die Ver­anstal­tung aber haupt­säch­lich von der lokalen Zivilge­sellschaft, ins­beson­dere dem Human­is­tis­chen Frei­denker­bund Havel­land eV und dem Mika­do eV. Das Fest find­et seit 2012 statt und hat seit­dem die neon­azis­tis­che Kundge­bung aus der Stadt­mitte verdrängt.
Vorge­blich­es Erin­nern an Bombardierung
Die Neon­azis, die sich 2010 und 2011 noch in bester Lage präsen­tieren kon­nten, blieb so nur noch der etwas abgele­gene Gedenkstein in der Nähe des Fried­hofs für ihr ver­meintlich­es Gedenken. Inten­sion der jährlichen Ver­samm­lung zum 20. April soll näm­lich vorge­blich die Erin­nerung an die Bom­bardierung Nauens im zweit­en Weltkrieg sein. Entsprechend gestal­tete Ban­ner und Ton­ban­dansagen soll­ten dieses Ansin­nen auch am Mittwochabend unter­mauern. Allerd­ings hat der 20. April für Neon­azis noch eine andere Bedeu­tung. Es ist näm­lich der Geburt­stag von Adolf Hitler. Ein Datum das bere­its zu Lebzeit­en des NS Ver­brech­ers mit pom­pösen Aufmärschen began­gen wurde. Auch für Neon­azis gehört es seit Jahrzehn­ten zur fes­ten Tra­di­tion an diesem Tag an Hitler zu erin­nern. Um die Tang­ierung von Strafge­set­zen zu ver­mei­den, wer­den der­ar­tige Fes­tiv­itäten aber kaum noch in der Öffentlichkeit durchge­führt. Ein neon­azis­tis­ch­er Auf­marsch am 20. April ste­ht deshalb stets unter dem Ver­dacht als Ersatzver­anstal­tung für die „Geburt­stags­feier­lichkeit­en“, zumin­d­est aber als Pro­voka­tion mit diesem Hin­ter­grund, zu dienen.
Organ­isierte Neonazistrukturen
Die feste Tra­di­tion der Neon­azis sich per­ma­nent in Nauen zu posi­tion­ieren hat­te in der jüng­sten Ver­gan­gen­heit übri­gens auch noch weit­ere, fatalere Auswirkun­gen. In der havel­ländis­chen Kle­in­stadt hat sich näm­lich ein gut organ­isiertes neon­azis­tis­ches Milieu entwick­elt, das im ver­gan­genen Jahr durch gezielte Stör-Aktio­nen, pro­voka­tive Ver­samm­lun­gen und let­z­tendlich gezielte Anschläge ein Kli­ma der Angst erzeugt hat­te. Stadtverord­nete sowie mut­maßliche poli­tis­che Gegner_innen soll­ten eingeschüchtert und Flüchtlinge erst gar nicht in die Stadt gelassen wer­den. Höhep­unkt der Eskala­tion war der Bran­dan­schlag auf die als Notun­terkun­ft für Asyl­suchende gedachte Sporthalle im Nauen­er Gewer­bege­bi­et. Damit war dann anscheinend auch das Maß voll. Die Polizei kon­nte im März diesen Jahres mehrere Tatverdächtige dingfest machen. Der mut­maßliche Haupt­täter, der Nauen­er NPD Stadtverord­nete Maik Schnei­der, sitzt seit­dem in Unter­suchung­shaft. Schnei­der hat­te nach­weis­lich übri­gens auch sehr enge Kon­tak­te zu den „Freien Kräften Neu­rup­pin / Osthavel­land“, nahm von 2010 bis 2013 regelmäßig an deren Ver­samm­lun­gen zum 20. April teil und führte viele Aktio­nen des ver­gan­ge­nes Jahres gemein­sam, min­destens aber im Ein­klang mit Per­so­n­en aus dieser Vere­ini­gung durch. Diese Zusam­me­nar­beit zwis­chen NPD und „Freien Nationalen Struk­turen“ set­zte sich auch am Mittwochabend weit­er fort. An der Kundge­bung der „Freien Kräften Neu­rup­pin / Osthavel­land“ beteiligten sich beispiel­sweise so auch nation­aldemokratis­che Kom­mu­nalpoli­tik­er aus Briese­lang (Land­kreis Havel­land) und Neu­rup­pin (Land­kreis Ostprignitz-Ruppin).
Fotos: hier

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