Mit einem Fest „für eine demokratische, freie und tolerante Stadt Nauen, für Fröhlichkeit und kulturelle Vielfalt“ hat die Stadt Nauen heute „gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Ausländerfeindlichkeit“ demonstriert. Die Veranstaltung, die vom Mikado e.V. und vom Humanistischen Freidenkerbund organisiert wurde, findet seit 2012 jährlich statt, um Neonazis am 20. April nicht die Innenstadt zu überlassen. Seit 2010 führt nämlich der NPD Stadtverband Nauen mit Unterstützung von „Freie Kräften“ an diesem Tag eine so genannte Mahnwache durch. Seit dem das Fest allerdings den Bereich Lindenplatz / Gartenstraße für sich beansprucht, mussten die Neonazis ihre Kundgebung außerhalb der historischen Altstadt verlegen. Seit dem findet deren Veranstaltung an einem Denkmal für die Gefallenen des ersten Weltkrieges statt.
Mahnwache von NPD und Freien Kräften
Auch in diesem Jahr formierte sich die Mahnwache, mit der vorgeblich an die Bombardierung der Stadt Nauen während des zweiten Weltkrieges gedacht werden soll, an der üblichen Stelle. 25 Personen aus den Landkreisen Havelland, Potsdam-Mittelmark und Ostprignitz-Ruppin nahmen daran teil, darunter auch zwei Abgeordnete der NPD aus Neuruppin und Brieselang. Der Großteil der Veranstaltungsteilnehmer_innen gilt allerdings als Sympathisant_innen der „Freien Kräfte Neuruppin / Osthavelland“. Eine Tonbandaufnahme, die mehrfach während der Kundgebung abgespielt wurde, machte dies ebenso deutlich. Auf dieser waren Marvin und Beatrice Koch sowie Dave Trick aus Neuruppin zu hören, die Texte zum Bombenangriff auf „ihre“ Stadt Nauen vorlasen. Dass die Bombardierung aber nicht aus heiterem Himmel kam, wurde erwartungsgemäß nicht erwähnt. Auch sonst wurde während der Mahnwache nicht viel gesprochen. Lediglich Wagners Walkürenritt wurde noch über die Musikanlage abgespielt, passend zur Zurschaustellung von mitgebrachten schwarzen Bannern und Fahnen. Parteifahnen waren hingegen aber anscheinend nicht erwünscht, so dass die drei zugereisten Mitglieder und Sympathisanten der Partei des „dritten Weges“ aus Potsdam-Mittelmark ihre Standarten wieder einrollten bzw. durch Ortsfahnen ersetzten. Stattdessen erlaubt waren aber offenbar die Fahnen des Landes Brandenburg und der Bundesrepublik Deutschland. Letztere wurde von einer Gruppe junger Frauen und Männer beigesteuert, die erstmals an dieser Veranstaltung teilnahmen. Sie waren bereits in der vergangenen Woche beim „Nein zum Heim“ Aufmarsch mitgelaufen. Offenbar war die Gruppe aber noch nicht mit dem Reglement der Mahnwache vertraut, so dass rumgealbert, Bier getrunken, geraucht und mit dem Handy gespielt wurde. In den Gesichtern der erfahrenen Kader war deutlich Distanz zu diesen neuen Interessenten zu entdecken. „Wenn das der Führer wüsste“ mögen sie gedacht haben, noch dazu an seinem Geburtstag. Bleiben durften sie dennoch, schließlich geht es ja bei derartigen Versammlungen auch um vermeintliche Bürgernähe.
Toleranzfest und Proteste gegen Mahnwache
Gegen die Versammlung von NPD und „Freien Kräften“ hatte eine Einzelperson übrigens auch noch eine Gegenveranstaltung unter dem Motto „Gegen Neofaschistische Wahnmache, Rassismus und rechte Gewalt! Flüchtlinge schützen, Nazis ausbremsen! 20.04.2015 – Kein Grund zu feiern, kein Grund zu trauern!“ angemeldet. Sie fand direkt gegenüber der neonazistischen Kundgebung statt. Allerdings nahmen daran nur 15 Personen teil.
Zuvor sollen allerdings in der Zeit von 14.00 bis 18.30 Uhr, gemäß Angaben der Veranstalter_innen, bis zu 750 Menschen das Toleranzfest frequentiert haben – ein Erfolg für Gestalter_innen einer bunten Stadt.
Gegen 18.00 Uhr waren zumindest noch ungefähr 70 Personen dort, die das dortige Imbiss‑, Informations- und Spielangebot nutzten oder mit den dort präsenten zivilgesellschaftlichen Initiativen in Dialog treten wollten.
Fotos: hier
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