MAHLOW Sie blieben weitestgehend unter sich: Zwei Dutzend Gäste aus Mahlow, Blankenfelde und Dahlewitz waren am Sonnabend zum Mahlower Bahnhof gekommen. Dort begann die erste Führung zu den “Blutspuren” in der neuen Großgemeinde.
Drei Stunden lang haben sich junge Leute, Aktivisten aus der Zeit der Arbeitsgemeinschaft Tolerantes Mahlow, Gemeindevertreter und die bündnisgrüne Bundestagsabgeordnete Cornelia Behm diejenigen Orte
angesehen, an denen Menschen ermordet, gequält und diskriminiert wurden. Von “politisch motivierten Straftaten” spricht die offizielle Statistik. Von “rechter Gewalt” sprechen die Organisatoren Cordyline Bartz und Heinz-Jürgen Ostermann, beide aus Mahlow. Ihre Stationen am Sonnabend:
S‑Bahnhof Mahlow: Dort wurde 2000 ein farbiger Bahnarbeiter von rechten Jugendlichen geschlagen, getreten und beschimpft. Sie riefen: “Neger, verpiss dich!”
Der City-Imbiss wenige Meter weiter: Dort wurden Silvester 1997/98 vier Türken von Rechten mit Baseballschlägern traktiert.
Das benachbarte Luisen-Center: In seiner Nähe wurde am 6. Dezember 2003 ein Aussiedler zusammengeschlagen, lebensgefährlich verletzt und liegengelassen.
Der Bahnhof Dahlewitz: Nur wenige Meter entfernt haben fünf
Jugendliche 2001 den Obdachlosen Dieter Manzke gefoltert und ermordet.
Der S‑Bahnhof Blankenfelde: Dort haben rechte Jugendliche 2000 den Angriff auf den Bahnarbeiter fortgesetzt.
Der Glasower Damm in Mahlow: Gegenüber der Grundschule ist 1996 der Wagen des farbigen Engländers Noel Martin gegen einen Baum geprallt. Noel ist seitdem querschnittsgelähmt. Vorausgegangen war eine Attacke rechter Jugendlicher.
“Es kommt nicht auf die genaue juristische Formulierung des
Tatmotivs an”, sagte Heinz-Jürgen Ostermann. “Klar ist, dass es in allen Fällen einen fremdenfeindlichen Hintergrund gibt.” Für den Mahlower beginnt rechte Gewalt bereits in dem Moment, “wo Glatzen den öffentlichen Raum dominieren, wo ihretwegen Menschen einen Umweg machen, wo Menschen sich nicht mehr trauen, nachts ihre Wohnungen zu
verlassen”. Fremdenfeindlichkeit sei tief in der heutigen
Gesellschaft verwurzelt.
Dies dürfe nicht verdrängt werden — eine Einschätzung, in der sich diejenigen einig waren, die den Weg zu den “Blutspuren” gefunden hatten. Unter ihnen auch eine Mahlowerin, die seit 50 Jahren in der Gemeinde lebt. Ihr Kommentar: “Es ist beschämend. Wo sind sie, die normalen Bürger, wenn so etwas vor ihrer Haustür passiert?”