Monatelang hat in Bornstedt die bekannteste deutsche Neonazi-Band “Landser” geprobt. In den Potsdamer Stadtteil kam sie vermutlich im Frühjahr, nachdem das “Clubhaus der Vandalen” in Berlin-Weißensee dicht gemacht worden war, sagt ein Szenekenner vom Zentrum Demokratische Kultur (ZDK) in Berlin der MAZ. Zwischen 30. September und 5. Oktober verhaftete der Berliner Staatsschutz für die Bundesstaatsanwaltschaft das Quartett samt Produzent; gestern kamen zwei wieder auf freien Fuß.
Offiziell saßen Sänger Michael R. “Lunikow” (36) und Bassist André M. (34), Christian W. (26) und Jean-René B. (34) sowie Produzent Jan W. (26) in Moabit in U‑Haft, gesehen hat sie dort keiner. “Entweder waren sie extrem abgeschirmt”, sagt der ZDK-Mann, der “gute Drähte” in den Knast hat, “oder waren woanders”.
In einem Bornstedter Keller hatte sich die Band nach “Spiegel”-Angaben immer sonntags um 13 Uhr getroffen. Die Fahnder hörten stets mit, hatten monatelang die Autos und Telefone der Band verwanzt.
Die bislang vier CDs sind weit verbreitet. “In Berlin kennt man die Landser auf jedem Schulhof”, sagt der Experte: “Die CD kostet rund 30 Mark, auf dem flachen Land bis zu 50.” Eingespielt wurden die Titel bei Resistant Records, dem größten US-Produzenten rechtsextremer Musik. Die Bänder wurden in Polen bei 30 bis 40 Pfennig Herstellungskosten zu CDs gebrannt, nach Dänemark geschickt zur Skandinavien-Filiale des vor einem Jahr in Deutschland verbotenen Neonazi-Netzwerks “Blood and Honour” (Blut und Ehre) — bis zu seinem Tode geführt vom Brandenburger Marcel Schilf, jetzt von einem Berliner. In Werder/Havel hatte “Blood and Honour” ein Postfach, das es unter dem Adressaten “Hate Records” immer noch gibt. “Hass-Platten” sind auch die Landser-Werke: Sie rufen zu Gewalt, Mord und Krieg auf. Zitate: “Ran an den Feind, Bomben auf Israel”, “die BRD ist viel zu klein, mein Vaterland muss größer sein”, “Brot für die Welt, ihr könnt mich mal, ob andere hungern, ist mir egal”.
Über Hamburg kamen die Platten nach Deutschland, zuletzt “Ran an den Feind” (2000). Rund 8000 Stück seien gepresst, schreibt “Der Spiegel”. Beim ZDK aber glaubt man, dass es wie schon bei “Landser — Rock gegen Oben” (1998) eher “sechsstellige Stückzahlen” gibt. “8000 findet man schon, wenn man zwei grenznahe Polenmärkte abgrast”, so der ZDK-Experte.
Die “Landser” sind Ost-Berliner, der Produzent ein Sachse. Die ersten Demo-Bänder nahmen sie 1991 auf, als sie noch “Endlösung” hießen — gegründet von der “ariogermanischen Kampfgemeinschaft — Vandalen”, die es in der DDR seit 1982 gab. “Lunikow” ist der “dienstälteste” der seit 1998 bestehenden Besetzung. Sie arbeitet konspirativ mit Kenn- und Codewörtern, tritt selten und nur vor kleinstem Publikum auf, stets maskiert und zuweilen vom Lkw aus, von dem nur für vier, fünf Titel die Plane gezogen wird.
Bekannt waren lange nur Jean-René B. und “Lunikow”, der 1998 verhaftet worden war, weil er für die Nationalrevolutionären Zellen ein Scharfschützengewehr besorgte.
Laut ZDK wollte man mit der Verhaftung der “Landser” ein Exempel statuieren — offenbar nicht sehr nachhaltig.
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