Netzwerk ruft für Sonnabend zu Aktionen gegen einen Aufmarsch an der Bernauer Einrichtung »Dosto«
(ND, 22.1., Andreas Fritsche) An diesem Sonnabend wollen in Bernau Neonazis aufmarschieren. Ihre Parole: »Gegen die Neufinanzierung des Dosto, keine Kohle für Chaoten, fördert die deutsche Jugend«.
Hintergrund ist eine Entscheidung der Stadtverordnetenversammlung vom 25. November zum Umzug des Jugendklubs Dosto, der bisher in einer maroden Baracke hinter dem Kulturhof an der Breitscheidstraße 43a untergebracht ist. Als neues Objekt ist der nebenan gelegene Sozialtrakt einer alten Fahrzeugfabrik ins Auge gefasst. Kostenpunkt: 250000 Euro. Das Parlament entschied auf eine Initiative der PDS hin mit 28 Ja-Stimmen bei nur zwei Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen, die Stadtverwaltung solle die Standortfrage bis zum 1. März klären und die notwendigen Gelder im Nachtragshaushalt berücksichtigen.
Das Dosto ist ein in der Region rund um Berlin bekannter Treffpunkt linker Jugendlicher. Im Umfeld des Clubs bewegt sich die Alternative Jugendliste Bernau, die mit Christina Wendt eine Vertreterin ins Stadtparlament entsandte.
Die Neonazis möchten eine Runde durch Bernau drehen und dabei provokativ am Dosto vorbeiziehen. Das örtliche Netzwerk für Toleranz und Weltoffenheit lässt sich das nicht bieten und organisiert gemeinsam mit anderen Aktionen unter dem Motto »Bernau pflegt die Kultur als Schatz– für Nazi-Blödheit bleibt kein Platz«. Angemeldet ist eine Gegenveranstaltung von 9 bis 11.30 Uhr auf dem Steintorplatz. Am Sammelplatz der Rechtsextremisten– dem Bahnhofsvorplatz– sollen Transparente aufgehängt werden.
Außerdem werden Zweiergruppen des Netzwerkes den Aufmarsch begleiten und Passanten Handzettel zustecken. Die Zettel klären darüber auf, dass es ein Trugschluss wäre, die wahrscheinlich »ordentlich in Reih und Glied« laufenden Rechtsextremen für harmlos zu halten, wie Eva Maria Rebs am Freitag sagte.
Rebs ist Referentin von Bürgermeister Hubert Handke (CDU) und gleichzeitig im Netzwerk für Toleranz und Weltoffenheit aktiv. Brisant ist bei den Gegenaktionen, dass es schon lange Konflikte zwischen Rebs und einigen Dosto-Besuchern gibt. Jene gehören der Autonomen Jugendantifa Bernau (AJAB) an, die teilweise antideutsche Positionen vertritt.
In der antideutschen Szene wird zum Beispiel die Ansicht vertreten, die Deutschen, die für zwei Weltkriege verantwortlich sind, seien an sich schlecht und müssten über die ganze Welt verstreut werden, damit sie keinen Schaden mehr anrichten können. Geleitet von derartigen Überzeugungen skandierten Jugendantifas bei einer Demonstration im vergangenen Jahr: »Bomber-Harris und die Flut, diese zwei tun Deutschland gut.«
Rebs schüttelt mit dem Kopf: »Die Antideutschen blenden naiv die ökonomischen Ursachen von Kriegen aus.« Krieg sei immer da, wo Öl lagere und wo jemand daran verdiene. Allerdings zog die Referentin mit Blick auf die AJAB auch schon einen unpassenden Vergleich, der für einen kleinen Skandal sorgte: Das Rot von deren Fahne erinnere sie an das Rot der Fahne der NSDAP, erklärte sie im Jahr 2004 auf einer Kundgebung.
Dabei bekennt neben Rebs auch Thomas Janoschka, der Vorsitzende des Dosto-Trägervereins b.i.f., dass es eigentlich darum gehen sollte, dass beide Seiten gegen die Neonazis an einem Strang ziehen. Von der AJAB selbst war keine Aussage zu bekommen. Zwar ist Bernau nach Angaben der Polizei mit 55 registrierten rechtsextremistischen Straftaten im Jahr 2003 keine Neonazi-Hochburg. Man dürfte das Problem aber deswegen nicht kleinreden, warnt b.i.f.-Chef Janoschka.
Für Rebs geht es am Sonnabend nicht nur darum, dem Aufmarsch entgegenzutreten. Es müsse den Bernauer Bürgern auch klar gemacht werden, dass Dosto ein guter Jugendklub sei, der eine wichtige Arbeit leiste. So kommen dieser Tage Jugendliche von einer Exkursion zur KZ-Gedenkstätte Auschwitz zurück. »Wir haben nicht Klubs für Linke und Rechte. Wir haben nur Klubs für demokratische Jugendarbeit und die Rechten sind keine Demokraten«, meint Rebs.