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Neuer Film über Frankfurt (Oder) sorgt im Drehort für Diskussionen

FRANKFURT (ODER) Ein großer Trans­porter quält sich über einen Tram­pelp­fad in
den nebelver­hangenen Wiesen am pol­nis­chen Oderufer. Plöt­zlich hält der LKW,
ein Mann treibt verängstigte Men­schen von der Lade­fläche. “Ihr müsst da
hin­ten hin, wo die Lichter sind”, erk­lärt der Mann hastig auf Rus­sisch. “Ist
dort hin­ten Berlin?”, fragt ein­er der ukrainis­chen Flüchtlinge zurück. “Ja,
ja”, ver­sichert der Men­schen­schmug­gler , bevor er in der Nacht verschwindet.
Natür­lich hat er gel­o­gen, sind die orts­frem­den Ukrain­er noch nicht ein­mal in
Deutsch­land, son­dern in der pol­nis­chen Gren­zs­tadt Slu­bice an einem
unüber­wind­baren Fluss.

 

Doch die Lichter am Hor­i­zont bedeuten Hoff­nung. Immer wieder spielt
Regis­seur Hans-Chris­t­ian Schmid in seinem neuen Film “Lichter” mit diesem
Ele­ment, während er mehrere Episo­den rings um den Schmelztiegel
Frank­furt-Slu­bice erzählt.

 

30 Herb­st-Tage lang hat Schmid mit seinem jun­gen Team 2002 in Frank­furt und
Slu­bice gedreht. Nach sein­er erfol­gre­ichen Urauf­führung auf der diesjährigen
Berli­nale ist das Pub­likum an der Oder der zweite Prüf­stein für den jungen
Regis­seur. Hier muss er sich dem Ver­gle­ich mit der äußerst erfolgreichen
Frank­furt-Komödie “Halbe Treppe” von Andreas Dresen stellen.

 

Während let­zter­er auch auf­grund der humor­vollen Darsteller ein begeistertes
Pub­likum fand, spal­tet “Lichter” im vollbe­set­zten größten Frankfurter
Kinosaal die Gemüter. Zu lachen gibt es angesichts von verzweifelten
Gren­zgängern, die am Ende doch auf der Ver­lier­er­seite bleiben, schließlich
nur wenig.

 

Während der scheit­ernde Wes­si-Matratzen­verkäufer mit seinem Unverständnis
für ost­deutsche Men­tal­ität noch ein schaden­fro­hes Kich­ern aus­löst, macht das
Schick­sal der ukrainis­chen Flüchtlinge schweigsam betrof­fen. “Im täglichen
Leben reg­istri­ert man das gar nicht mehr”, kon­sta­tiert Stu­dentin Julia
Jor­dan grü­bel­nd. “Lichter” müsse man sich mehrmals anschauen, um zu
ver­ar­beit­en und zu begreifen, fügt ihre Fre­undin Stef­fi hinzu. Viele
Zuschauer ärg­ern sich über die über­wiegend düsteren Bilder von der
Grenz-Dop­pel­stadt. “Warum ist alles so neg­a­tiv, Frank­furt hat doch auch
schöne Seit­en”, bringt Ronald Schürg die Kri­tik auf den Punkt. Jeder
Zuschauer des Films, der die Stadt nicht kenne, reduziere sie auf
Gren­zkrim­i­nal­ität und Depres­sion, fügt eine andere Frank­fur­terin hinzu.

 

“Man kann die Prob­leme ein­er Region wegleug­nen oder aber man kann
hin­guck­en”, kon­tert Regis­seur Schmid. Er habe sich mit der The­matik an der
EU-Außen­gren­ze auseinan­der­set­zen wollen, fügt der 37-Jährige hinzu, der vor
zwei Jahren von München nach Berlin zog. Schmid, mit Kino­er­fol­gen wie ”
Crazy” deutsch­landweit bekan­nt gewor­den, hat­te einen Zeitungs­beitrag über
geschmuggelte Flüchtlinge zum Anlass seines neuen Streifens genom­men. Und
dass macht so manchem Frank­furter Angst. “Wenn man Lichter in ganz
Deutsch­land zeigt, ist das schlecht für das Image unser­er Stadt”, will nicht
nur eine Frank­fur­terin vorausah­nen. Die Stadt habe nun mal die wichtigsten
Straßen-Verbindun­gen nach Polen, sei Drehscheibe zwis­chen Ost und West, hält
der Regis­seur dagegen.

 

Dabei ist von der Oder­stadt und von der “Stadt­brücke” nur wenig zu sehen.
Haup­tak­tions­felder sind ein 24-Stun­den-Restau­rant auf pol­nis­ch­er Seite,
Plat­ten­baut­en, ein Bruch­bu­den-Gehöft, ein trost­los­es Kinderheim,
Gren­z­abfer­ti­gungsan­la­gen. “Lichter kön­nte über­all an der Gren­ze spielen,
Frank­furt ist dafür nur ein Sym­bol”, lautet das Faz­it ander­er Zuschauer.

 

Die Dop­pel­stadt an der Oder sei höch­stspan­nend, lautet für Uni-Präsidentin
Gesine Schwan die Film-Botschaft. Ger­adezu begeis­tert zeigt sich Krzysztof
Wojchiechows­ki, Direk­tor der Uni-Forschung­sein­rich­tung Col­legium Polonicum
in Slu­bice. Als Pole sei man geübt, diese Art von Kun­st mit allem Negativen,
dem Lei­den und den Schat­ten der Gesellschaft zu genießen. “Es ist geradezu
mys­tisch, dass sich nun auch deutsche Filmemach­er mit ungewohnter
Sen­si­bil­ität dieser Kun­st wid­men, die die tief­er­en Schicht­en der Seele
berühren”, lobt er.

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