POTSDAM. Brandenburgs Justizministerin Barbara Richstein (CDU) hat
Vorermittlungen gegen die Potsdamer Staatsanwaltschaft eingeleitet. Es solle
geprüft werden, ob aus der Behörde heraus Dienstgeheimnisse verraten wurden,
sagte die Ministerin am Mittwoch nach einem mehrstündigen Gespräch mit
Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg der Berliner Zeitung. Richstein entzog
der Staatsanwaltschaft am Mittwoch zudem die Zuständigkeit, Auskünfte zum
Ermittlungsstand in der V‑Mann-Affäre an die Presse zu geben. Diese
Pressehoheit liege jetzt beim Generalstaatsanwalt, sagte Richstein.
Rautenberg war in der Vergangenheit wiederholt mit Schönbohm aneinander
geraten, weil er dessen Auffassung, V‑Leute dürften auch Straftaten begehen,
widersprochen hatte.
Den Vorwurf des Geheimnisverrats hatte am Montag Innenminister Jörg
Schönbohm (CDU) im Zusammenhang mit den Ermittlungen in der V‑Mann-Affäre
erhoben. Er hatte sich über Medienberichte empört, nach denen im Zuge der
V‑Mann-Affäre auch Ermittlungen gegen den Chef des Landeskriminalamtes, Axel
Lüdders, geprüft werden. Weil Lüdders den Verrat einer Polizeirazzia durch
einen V‑Mann des Verfassungsschutzes nicht bei der Staatsanwaltschaft
angezeigt haben soll, wird von den Potsdamer Ermittlern der Vorwurf der
Strafvereitelung untersucht. Dass dies publik wurde, sagte Schönbohm, grenze
an den Verrat von Dienstgeheimnissen.
Richstein sagte am Mittwoch, es sei “misslich”, dass die Informationen über
die Untersuchungen zu Lüdders an die Presse geraten seien. Es sei aber
völlig offen, ob die Quelle tatsächlich die Staatsanwaltschaft gewesen sei.
Im vergangenen November erst richteten sich ähnliche Vorwürfe gegen die
Staatsanwaltschaft in Frankfurt (Oder). Die hatte damals ein
Ermittlungsverfahren gegen den ehemaligen Wirtschaftsminister Wolfgang
Fürniß (CDU) wegen zweifelhafter Millionenzahlungen auf sein Potsdamer Konto
aus den Arabischen Emiraten bereits eingestellt. Der Verdacht der Geldwäsche
ließ sich nicht bestätigen. Als kurz darauf Fürniß Millionen-Geschäfte
öffentlich wurden, musste der Minister trotzdem seinen Hut nehmen. Das
Kabinett beauftragte daraufhin Justizministerin Richstein, Ermittlungen
wegen des Verdachts des Verrats von Dienstgeheimnissen zu veranlassen. Auch
SPD- Regierungschef Matthias Platzeck klagte: “Es macht mich außerordentlich
unruhig, dass offenbar aus der Staatsanwaltschaft oder dem Landeskriminalamt
Akten öffentlich gemacht wurden.” Daraufhin prüfte die Staatsanwaltschaft
Neuruppin, ob ein Anfangsverdacht des Verrats von Dienstgeheimnissen
vorliege. Das eingeleitete Vorermittlungsverfahren sei am 28. Januar aber
eingestellt worden, sagte Behördensprecher Jürgen Schiermeyer am Mittwoch
auf Anfrage. Es habe kein Verdacht vorgelegen.
Weniger zügig gehen dagegen die Ermittlungen gegen Staatskanzleichef Rainer
Speer und Regierungssprecher Erhard Thomas voran. Ihnen wirft der im
vergangenen Sommer zurückgetretene Justizminister Kurt Schelter (CDU) vor,
Privatgeheimnisse verraten zu haben. Er macht Speer und Thomas dafür
verantwortlich, dass Pfändungsbeschlüsse für sein Gehaltskonto publik
wurden. Diese Details hatten das politische Ende des bereits wegen
zweifelhafter Immobiliengeschäfte unter Druck stehenden Ministers rasant
beschleunigt. Die Potsdamer Staatsanwaltschaft ermittelt darüber schon ein
Jahr — ohne Ergebnis. Auch Details über den Stand der Untersuchungen sind
bislang nicht bekannt geworden.