Am (Samstag)Vormittag haben am Schulplatz in Neuruppin ungefähr 30 Menschen aus dem Umfeld des linksalternativen Jugendwohnprojektes Mittendrin an die brutale Tötung von Emil Wendland in der Nacht vom 1. Zum 2. Juli 1992 erinnert. Eine dreiköpfige Gruppe Naziskins hatten den auf einer Parkbank schlafenden Wohnungslosen vor 24 Jahren zunächst mit Schlägen und Tritten malträtiert. Dann wurde eine Bierflasche auf seinem Kopf zerschlagen und abschließend mit einem Messer auf ihn eingestochen. Wendland verstarb kurze Zeit später an inneren Blutungen.
Die Tat stellte lokal den Höhepunkt neonazistischer Exzesse Anfang der 1990er Jahre da. „Es gab nur wenige Tage ohne Meldungen in den Zeitungen von rechten Übergriffen, Anschlägen auf Asylsuchendenheime, Treffen von 200+ Nazis, rechten Parolen, Sprühereien“, wie das JWP Mittendrin in einem Aufruf zu dessen heutiger Gedenkkundgebung schrieb. Trotzdem geriet der brutale Gewaltakt über die Jahre lang ins Abseits der Lokalgeschichte. Bereits seit 1993 wurde die Tat nicht mehr in der Statistik des Innenministeriums zu Todesopfern extrem rechter Gewalt geführt. Ein offizielles Andenken an den Getöteten blieb jahrelang aus. Erst die Aufarbeitung der jüngsten Geschichte Neuruppins durch das JWP Mittendrin führte zur Schaffung eines kleinen Ortes der Erinnerung in der Nähe des Schulplatzes. Durch Recherchen des Moses Mendelsohn Zentrums in den ehemaligen Prozessakten zum Verfahren gegen die damaligen Täter wurden 2015 zudem auch eindeutige Belege für einen Gewaltakt mit extrem rechter Motivation gefunden. Das Bundesinnenministerium ergänzte daraufhin seine Statistik. Emil Wendland wurde somit auch offiziell als Todesopfer rechter Gewalt anerkannt.
Neuruppin zählt auch heute noch zu den Hauptaktionsräumen des neonazistischen Milieus im Land Brandenburg. Im vergangenen Jahr veranstalteten lokale Neonazis eine Großdemonstration zum Tag der so genannten „deutschen Zukunft“. Gestern (Freitag) versammelten sich Sympathisant_innen der neonazistischen „Freien Kräfte Neuruppin – Osthavelland“, um den Tod von Emil Wendland für propagandistische Zwecke zu missbrauchen. Die Tötung des Wohnungslosen wurde als „subkulturelle Perspektivlosigkeit“ relativiert und neonazistische Weltanschauungsmuster als Grundlage für die Tat verleugnet.
Fotos von der Gedenkkundgebung des JWP Mittendrin: hier
Fotos von der Neonazikundgebung am Freitag: hier
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