Der Zwiespalt vorm Aufzug der Rechten
Polizeichef Olaf Fischer im RUNDSCHAU-Gespräch
(LR) Übermorgen, am Vortag des dritten Advents, wird die Stadt Cottbus Schauplatz einer Demonstration der deutschen Ultra-Rechten gegen die EU-Osterweiterung. Gemeinsam haben alle Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung zur
Teilnahme an einer «Besendemonstration» aufgerufen, um «den braunen Unrat hin- auszukehren» . Viele Organisationen und Bürger haben sich diesem Appell angeschlossen und wollen mit der Besendemonstration ein deutliches Zeichen
gegen die Neonazis setzen. Cottbus steht ein aufreibendes Wochenende bevor. Die RUNDSCHAU sprach mit dem Leiter des Polizeischutzbereichs Cottbus, Olaf
Fischer.
Welche Erwartungen haben Sie, wenn Sie an den 13. Dezember in Cottbus denken?
Die Stadt Cottbus wird am Samstag eine der größten Demonstrations-Lagen in
der Geschichte der Stadt erleben. Gegen 15 Uhr ist ein rechter Aufzug durch
den bundesweit bekannten Rechtsextremisten Christian Worch angemeldet.
Dieser Aufzug wird sich am Bahnhof beginnend durch das Stadtgebiet bewegen.
Es wird parallel dazu durch antifaschistische Linke und bürgerliche Gruppen
Gegendemonstrationen geben, die sich — so ist unsere Erwartung — friedlich
durch das Stadtgebiet bewegen und ein Zeichen gegen die rechte Gesinnung
setzen werden.
Erwartet werden die Ultras vom äußersten rechten Rand. Im Internet kann man, wie zu erwarten war, aber auch Aktivitäten der linken Szene verfolgen. Wie wahrscheinlich ist es denn, dass das am Samstag friedlich vonstatten
gehen kann?
Wir gehen davon aus, dass rechte und linke Demonstranten friedlich bleiben
werden. Es gibt keine konkreten Erkenntnisse, dass gewalttätige Teilnehmer
zu erwarten sind. Trotzdem ist die Polizei natürlich auch auf unfriedliche
Aktionen eingestellt und bereit, solche Aktionen zu verhindern oder
kurzfristig zu beenden.
Welche Polizeipräsenz wird Cottbus am Wochenende erleben?
Die Polizei wird schon früh präsent sein, schon am Freitagabend. Sie wird
alle Kundgebungsorte sichern und die Demonstrationszüge begleiten. Sie wird
den Verkehr regeln. Und sie wird natürlich auch versuchen, die Auswirkungen
der Demonstrationen auf das öffentliche Leben, also auf die Unbeteiligten,
so gering wie nur möglich zu halten. Wir haben ein einkaufsoffenes
Adventswochenende vor uns. Wir haben den Weihnachtsmarkt und all die anderen
Aktivitäten, die möglichst unbeeinflusst bleiben sollen.
Durch welche Kollegen wird die Cottbuser Polizei dabei verstärkt?
Wir werden sowohl mit einer großen Anzahl eigener Kräfte als auch mit
Unterstützungskräften aus dem gesamten Polizeipräsidum Frankfurt/Oder den
Einsatz bewältigen, haben aber auch Unterstützung von geschlossenen
Einheiten der Bereitschaftspolizei des Landes Brandenburg hier in Cottbus.
Außerdem arbeiten wir eng zusammen mit den benachbarten Polizeidienststellen
in Sachsen, weil es am Vormittag in Hoyerswerda eine von Worch angemeldete
Demo gibt. Außerdem werden Kollegen vom Bundesgrenzschutz im Einsatz sein.
Welche Straßen nimmt der Demonstrationszug?
Betroffen wird der Bereich des Hauptbahnhofs, die Bahnhofsstraße,
Breitscheidstraße, die Straße der Jugend bis zum Breitscheidplatz, die
Karl-Liebknecht-Straße, Teile der Berliner Straße, die Lausitzer Straße und
die Külz-Straße. In diesem Bereich wird es zwischen 14 und 19 Uhr zu
zeitweiligen Verkehrseinschränkungen kommen. Wir empfehlen den Kraftfahrern,
diesen Bereich im genannten Zeitraum weiträumig zu umfahren und zu meiden.
Welche Empfindungen hat ein Polizeibeamter, wenn er auf Grund des
Demonstrationsrechts Angehörige der extremsten Sorte der Neonazi-Szene
gegebenenfalls im Konfliktfall schützen muss?
Für die Kollegen, die verpflichtet sind, das Grundrecht auf Demonstrations- und Versammlungsfreiheit zu schützen, ist ein solcher Einsatz nicht unproblematisch. Aber die persönliche Einstellung zum Demonstrationsinhalt
muss in dem Moment zurücktreten. Wir möchten nicht wegen unserer Pflichterfüllung mit den Inhalten solcher rechten Demonstrationen identifiziert werden. Beobachter und Gegendemonstranten sollten Polizeiaktivitäten nicht mit unserer politischen Einstellung gleichsetzen.
Wir würden uns freuen, wenn es diese rechte Demonstration in Cottbus nicht gäbe.
In Cottbus hat sich eine Vielzahl demokratisch gesinnter Bürger und Organisationen gefunden, um die «Besendemo» auf die Beine zu stellen und ein Zeichen gegen Rechts zu setzen. Wenn es im Umfeld der Rechten zu
Auseinandersetzungen kommt, wie sollten sich die Besendemonstranten
verhalten?
Grundsätzlich muss jeder, der an einer Demonstration teilnimmt, unbewaffnet erscheinen. Auch Gegenstände, die als Waffe genutzt werden könnten, dürfen nicht mitgeführt werden. Ein Handwerksgeselle, der üblicherweise einen
Hammer mitführen könnte, würde sich damit in einer Demonstration strafbar machen. Sollte es zu Auseinandersetzungen kommen, dann sollten sich
Unbeteiligte fernhalten und sich aus dem Bereich entfernen, so dass für die Polizei die Differenzierung zwischen Gewalttätern und Unbeteiligten leichter
wird und wir Gewalttätigkeiten auch beenden können. Man sollte grundsätzlich Anweisungen der Polizei über Lautsprecher Folge leisten.
Ist ein Besen eine Waffe?
Ein Besen ist keine Waffe, kann aber als Waffe verwendet werden. Wir gehen davon aus, dass Besen nur zu dem Zweck verwendet werden, für den sie gedacht sind.
Demo gegen Rechts «Bunt statt Braun»
(LR) Die DGB-Region Südbrandenburg-Lausitz, als Mitglied im Cottbuser Aufbruch,
ruft gemeinsam mit ihren Einzelgewerkschaften ihre Mitglieder auf, sich am
13. Dezember an der Demonstration gegen Rechts «Bunt statt Braun» in Cottbus
zu beteiligen.
«Neonazismus muss politisch bekämpft werden. Nur wenn den Menschen in der
Gesellschaft eine Perspektive angeboten werden kann, werden sie davor
bewahrt bleiben, sich Extremisten anzuschließen, steht im Aufruf. Deshalb
sei es unverantwortlich, wie durch Gesetzgebungsverfahren der
Bundesregierung, wie zum Beispiel den Hartz-Gesetzen, der Druck auf
ArbeitnehmerInnen, Arbeitslose und besonders auf sozial Schwache, ständig
erhöht werde.»
Schüler: «Wir haben Gesicht gezeigt»
Aufruf zu stillem Protest gegen rechts
(LR) Die Stadt macht mobil gegen Neonazis. Gestern übergaben Schüler der Klasse
9m des Lessing-Gymnasiums knapp 5000 gemalte «Hände gegen rechts» an
Bürgermeister Stefan Skora.
Die Zeugnisse gegen Extremismus und Rassismus sollen am Samstag auf dem
Marktplatz aufgehängt werden, wenn um 13 Uhr der stille Protest gegen die
geplante Demonstration von Rechtsradikalen in der Stadt beginnt. «Wir haben
Gesicht gezeigt gegenüber einer Minderheit, die verzichtbar erscheint» ,
erklärte Johannes Rißler, einer der Initiatoren der Aktion vom
Lessing-Gymnasium, und lobte die Kinder und Jugendlichen aus Hoyerswerda,
die ihre Hand symbolisch gegen Rechtsextremismus erhoben haben. Der Schüler
rief wie auch Stefan Skora und RAA-Chefin Helga Nickich noch einmal auf,
sich am Samstag am stillen Protest auf dem Marktplatz zu beteiligen.
Unterdessen gehen Stadtverwaltung und Polizei nach wie vor davon aus, dass
die Neonazis sich am Samstag in Hoyerswerda zur Demo versammeln werden. «Wir
sind vorbereitet und haben ausreichend Kräfte eingeplant» , erklärte Petra
Kirsch, Pressesprecherin der Polizeidirektion Bautzen, gestern auf Anfrage
der RUNDSC
HAU.
Die Stadtverwaltung rechnet nach bisherigen Informationen damit, dass
zwischen 200 und 300 Neonazis durch Hoyerswerda ziehen wollen. Die
Demonstration ist von 11 bis 15 Uhr angemeldet. Danach wollen die
Rechtsradikalen vom Bahnhof in der Altstadt nach Cottbus fahren.