Rund 100 NPD-Anhänger marschierten am Sonnabend rund zwei Stunden durch die Wohngebiete Am Stern und Drewitz. Die Polizei war mit mehreren hundert Beamten im Einsatz — die Potsdamer wurden von Kollegen aus dem gesamten Land, aus Berlin, Schwerin, Sachsen, Nordrhein-Westfalen und Bayern unterstützt.
Etwa 100 Gegendemonstranten der linken Szene versuchten den Aufmarsch durch Pfiffe und Sprechchöre zu stören. In der Neuendorfer Straße wurden die Rechten von Vermummten mit Steinen beworfen. Die Polizei nahm zehn Gegendemonstranten fest, darunter zwei Steinewerfer. Gegen einen NPDler wird ermittelt, weil er einen Schlagring bei sich führte. Das massive Polizeiaufgebot verhinderte eine direkte Konfrontation.
Zum Zeitpunkt der Demonstration wurde um 13 Uhr eine Gaspatrone in einen als rechtsextremistisch geltenden Szeneladen in Babelsberg geworfen. Der Inhaber wurde leicht verletzt. Die Polizei nahm einen Verdächtigen fest. Gegen 20.20 Uhr wurden um die Brandenburger und die Friedrich-Ebert-Straße bei drei Banken und acht Läden, darunter ein Reisebüro und ein Erotikladen, 16 Schaufenster eingeworfen. Der Sachschaden liegt bei 40 000 Euro. Die Polizei vermutet die Täter in der autonomen Szene und schließt einen Zusammenhang mit den Protesten nicht aus.
Ministerpräsident Matthias Platzeck rief dazu auf, im Kampf gegen Rechtsextremismus nicht nachzulassen. Vor 200 Teilnehmern der Gegenkundgebung “Potsdam bekennt Farbe” auf dem Alten Markt sagte er, dass es neben der staatlichen Verantwortung auch die “am Frühstückstisch, am Arbeitsplatz, in der Straßenbahn und der Stammkneipe” gebe. Die Politik, so Platzeck, dürfe Rechtsextremismus nicht salonfähig machen. Zwar bezeichnete Platzeck das umstrittene Interview seines Innenministers Jörg Schönbohm mit der rechten Zeitschrift “Junge Freiheit” als falsch. Nicht stehen lassen wollte er jedoch die Behauptung, Schönbohm sei rechtsextrem. Wolfgang Rose von der Kampagne gegen Wehrpflicht hatte dies behauptet und Platzeck aufgefordert, sich vom Vize-Regierungschef zu trennen. Scharf kritisiert wurde Schönbohm auch von Generalsuperintendent Rolf Wisch-nath. Er hätte sich gewünscht, “den Minister heute hier zu sehen”, sagte er. Als “größte Gefahr für unser Land”, bezeichnete Wischnath die “Affenmentalität, nichts hören, sehen und sagen zu wollen”. Die NPD-Demo zu ignorieren, sei der falsche Weg, sagte auch der amtierende OB Jann Jakobs: “Wir dürfen das Terrain nicht den Rechten überlassen.” Er rief dazu auf, wieder auf die Straße zu gehen, wenn die NPD abermals demonstriert. Die rechte Partei dementierte gestern, für den 21. Dezember in Potsdam eine weitere Demonstration angemeldet zu haben. Allerdings plane nach ihrer Kenntnis der zur rechten Szene gehörende Hamburger Christian Worch einen Aufmarsch. In Potsdam bedienten sich die Rechten bewusst provokant und rechtlich schwer angreifbar bei den Slogans der Friedensbewegung. “Frieden schaffen ohne Waffen”, stand auf einem Transparent. Das Motto der Demo lautete “Gegen den US-Terror — kein Blut für Öl.” Laut Angaben von Polizeieinsatzleiter Norbert Bury kamen die meisten Teilnehmer aus der Wittstocker rechten Szene und aus Berlin. Der Ort der Demo sei zuvor mit der NPD verhandelt worden.